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Das Phantom der Freiheit

Das Phantom der Freiheit

Titel: Das Phantom der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Luif
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die Achseln. »Es war ein Geschehnis, das mich allein betraf. Ich schämte mich damals sehr und hätte es nie über mich gebracht, meinen Adoptiveltern davon zu erzählen, obwohl ich wußte, daß ich nichts von ihnen zu befürchten hatte. Sie wären zornig und aufgeregt gewesen, aber nicht auf mich. So behielt ich es für mich. Es war mir nichts passiert, und rückblickend bin ich froh, daß ich damals kein Aufhebens davon machte.«
    »Was war mit dem Mann, der dich verprügeln wollte?«
    »Ich sah ihn nie wieder. Erst zwei Jahre später bekam ich meine erste Strafe.«
    »Augenblick«, sagte Roderick. »Du sagtest, selbst damals hättest du immer gewußt, daß du irgendwie ein minderwertiges Geschöpf warst. Dieser Vorfall sei nur das erste Mal gewesen, daß jemand es dir offen zeigte. Woher hattest du es gewußt? Wer oder was hatte es dir gesagt? Wann? Wo?«
    Alison versuchte sich zu besinnen, aber zuletzt mußte sie sagen: »Ich weiß es nicht.«
    »Gut«, sagte Roderick, als sei es nicht wichtig. »Was war das, war zwei Jahre später passierte?«
    »Vielleicht messe ich diesen Vorfällen zuviel Bedeutung bei«, meinte Alison entschuldigend. »Gewiß, es hat sie gegeben. Aber wenn ich sage, daß zwei Jahre vergingen, dann mache ich vielleicht nicht klar, daß in diesen zwei Jahren kaum irgendwas passierte, kaum etwas gesagt oder getan wurde, das mich daran erinnerte, daß ich ein Androide und kein menschliches Wesen war.
    Mit sechzehn oder siebzehn entwickelte ich plötzlich ein Talent für Tennis. Ich hatte seit meiner Kindheit gespielt, aber nun verbesserte ich mich sehr rasch und unerwartet. Ich trat einem anderen Klub bei, und schon bald gehörte ich dort zu den Spitzenspielerinnen. Ich wurde für ein wichtiges Turnier ausgewählt und spielte im Dameneinzel, im Damendoppel und im gemischten Doppel. Ich machte meine Sache gut.
    Nach dem Spiel sagte mir meine Partnerin im Damendoppel, daß ich im Umkleideraum erwartet würde. Etwas an der Art und Weise, wie sie es sagte, kam mir komisch vor, aber ich wurde nicht schlau daraus. Ich fragte mich, ob ich irgendeine Regel verletzt oder im falschen Spiel mitgemacht haben mochte, aber ich war mir keines Versehens bewußt. Ich dachte mir nichts weiter dabei und ging hin.«
     
    Alison lächelte ein wenig unsicher, als sie Veronika folgte. Sie war normalerweise weder nervös noch besonders empfindlich, und so empfand sie hauptsächlich Neugierde. Aber unterwegs zum Umkleideraum kamen ihr weitere Möglichkeiten in den Sinn. Hatte jemand was gestohlen, und die Kameradinnen dachten, sie habe es getan? Oder hatte jemand ihren Schläger untersucht und entdeckt, daß er im Gewicht oder in den Maßen nicht den Wettkampfvorschriften entsprach?
    Die gesamte Klubmannschaft wartete im Umkleideraum, und als Alison die Gesichter sah, wußte sie, daß aus irgendeinem Grund dicke Luft war. Noch immer kam ihr nicht in den Sinn, daß ihre Androidennatur etwas damit zu tun haben könne. Erst einmal in ihrem Leben hatte man sie wirklich fühlen lassen, daß Androiden irgendwie keine vollwertigen Menschen waren.
    Aber genau darum ging es. Bob Walton, der Mannschaftskapitän, erklärte ernst, daß die Mannschaft des anderen Klubs, im Turnier überzeugend geschlagen, sie beschuldigt habe, zur Erhöhung der Spielstärke Starandroiden eingekauft zu haben.
    Alison lachte. »Das ist mal eine neue Ausrede. Ich habe schon viele sonderbare Entschuldigungen für verlorene Partien gehört – das Licht war schlecht, der Schiedsrichter war verrückt, ich hatte einen Stein im Schuh, das Netz war zu hoch, die Zuschauer waren unruhig. Aber noch nie hörte ich jemand sagen: ›Ihr habt Androiden gegen uns aufgestellt‹. Androiden sind bloß gewöhnliche Leute – gute und schlechte Tennisspieler. Der Meister im Herreneinzel ist ein Androide, aber die Damenmeisterin ist menschlich, das wißt ihr so gut wie ich. Genausogut könnten sie sich beklagen, daß wir Spieler mit langen Armen auf den Platz schicken.«
    »Tut mir leid, Alison«, sagte Walton. »Die Sache ist nur die, daß keiner von uns wußte, daß du android bist.«
    Alison runzelte die Brauen. »Na und? Ich bin ein Androide, klar. Ich habe es nur nicht gesagt, weil niemand mich danach fragte.«
    »Wir hielten es für selbstverständlich«, sagte Walton steif, »daß du es wissen würdest ... Und natürlich wußtest du es. In der Athenischen Liga, der unser Klub angeschlossen ist, spielen keine Androiden. Wir versuchen, wenigstens unseren Verband

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