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Das Phantom der Freiheit

Das Phantom der Freiheit

Titel: Das Phantom der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Luif
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die Schwelle trug. Die Fotografen hatten ihnen nicht zu folgen brauchen, denn sie hatten gewußt, wohin die Liffcoms fahren würden. Laufende Meter Film wurden belichtet. Die Liffcoms waren in den Schlagzeilen. Beinahe jeder kannte den Namen Liffcom.
    Roderick war groß und kräftig genug, die hundertfünfzehn Pfund seiner Frau mit Geringschätzung zu handhaben, aber es war keine Geringschätzung in der Art und Weise, wie er sie hielt. Er trug sie, als ob sie aus dünnem Glas geblasen wäre, das beim geringsten Stoß in tausend Stücke zerschellen würde. Man sah auf den ersten Blick, daß er jedes Mädchen, das ihm gefiel, hätte über die Schwelle tragen können.
    Alison schmiegte sich wie eine junge Katze in seine Arme, die Augen halb geschlossen, ihre Arme um seinen Hals. Man sah auf den ersten Blick, daß sie jeden Mann, der ihr gefiel, hätte dazu bringen können, sie über die Schwelle zu tragen.
    Als sie hineingingen und die Tür hinter ihnen zufiel, war es der Beginn einer Geschichte. Aber wir wollen es anders machen und es das Ende nennen.

 
Phantom der Freiheit
     
    Bürger Soundso aus Dingsda, Irgendwo, U.S.A., tritt an den Empfangsschalter des Hotels. »Einzelzimmer mit Bad.«
    »Tut mir leid, Sir, die Ölrationierung macht es uns unmöglich, individuelle Bäder zuzulassen. Wenn Sie wollen, kann ein Bad für Sie bereitet werden; das wird fünfundzwanzig Dollar zusätzlich kosten.«
    »Ist das alles? Okay.«
    Bürger Soundso greift mit mechanischer Geste in die Tasche, zieht seine Lochkarte und gibt sie der Registriermaschine. Aluminiumlippen saugen sie ein, Kupferzähne fühlen nach den Löchern, die elektronische Zunge schmeckt das Leben des Bürgers Soundso.
    Geburtsort und -datum. Eltern. Rassenzugehörigkeit. Religion. Ausbildungsgang. Militär- oder Zivildienstzeit. Familienstand. Erlernter Beruf. Gegenwärtig ausgeübter Beruf. Mitgliedschaften. Körpermaße, Fingerabdrücke, Augenfarbe, besondere Kennzeichen, Blutgruppe, Rh-Faktor. Psychischer Grundtyp. Loyalitätsindexziffer gegenwärtig und vor letzter Einstufung. Klick, klick, bzzz.
    »Warum sind Sie hier, Sir?«
    »Ich bin Vertreter. Ich soll morgen abend in Pittsburgh sein.«
    Der Hotelangestellte (32, verheiratet, zwei Kinder; Achtung: Jüdisch. Von Schlüsselpositionen fernzuhalten) drückt die Knöpfe.
    Klick, klick. Die Maschine spuckt die Lochkarte wieder aus. Bürger Soundso steckt sie in seine Brieftasche.
    »Gepäck!«
    Der Hoteldiener (19, unverheiratet; Achtung: Katholisch, von Schlüsselpositionen fernzuhalten) nimmt den Koffer des Gastes. Der Aufzug knarrt aufwärts. Der Angestellte am Empfangsschalter fährt mit seiner Lektüre fort. Der Artikel ist überschrieben: »Hat England uns verraten?« Andere Zwischentitel auf der Zeitungsseite lauten: »Neues Indoktrinationsprogramm für die Streitkräfte«, »Arbeitskräftemangel auf dem Mars«, »Sicherheitspolizei entsendet V-Leute in Gewerkschaften«, »Neue Pläne für Ihre Zukunft«.
    Die Maschine spricht zu sich selbst. Klick, klick. Das Totalsignal geht hinaus.
    Mit tausend anderen Signalen schießt es durch das Kabel und in die Sortiereinheit der zentralen Aufzeichnungsstelle. Klick, klick. Bzzz. Srrr. Blinkblink. Die Nummer des Bürgers Soundso wird abgerufen, und die Speichertafel rutscht in die Vergleichseinheit, wo das eingegangene Signal über ihn eintrifft. Bürger Soundso befindet sich in der Stadt, die er nach seinen Angaben vom Vorabend besuchen wollte, also ist keine Korrektur erforderlich.
    Die neue Information wird auf die Speichertafel des Bürgers Soundso übertragen, und diese kehrt mit den vervollständigten Daten seines Lebenslaufs in den Datenspeicher zurück. Das Signal wird aus Sortier- und Vergleichseinheit gelöscht, so daß diese für das nächste eintreffende Signal frei sind.
    Die Maschine hat einen weiteren Tag geschluckt und verdaut. Sie ist zufrieden.
     
    Thornberg kam zur gewohnten Zeit in sein Büro. Seine Sekretärin blickte auf, um ihm einen guten Morgen zu wünschen, und sah genauer hin. Sie war seit Jahren bei ihm und kannte die Nuancen des Ausdrucks in seinem stets beherrschten Gesicht. »Stimmt was nicht, Chef?«
    »Nein, alles in Ordnung.« Er sagte es barsch, was auch sonderbar war. »Ich leide vielleicht ein bißchen unter dem Wetter.«
    »Ah, so.« Die Sekretärin nickte. In der Regierung lernte man Diskretion. »Nun, ich hoffe, es wird bald vorübergehen.«
    »Danke. Es ist nicht der Rede wert.« Thornberg hinkte zu seinem

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