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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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auch eine Zugangsberechtigung hatte.
    Üblicherweise gab mir der Techniker am Telefon die Nummer, mit der er sich in die Hauptverteiler seiner Vermittlungsstelle einwählte. Für den Fall, dass mir ein Techniker nicht glaubte, wusste ich genug über das System für eine spontane und glaubwürdige Ausrede, wie zum Beispiel: »Wir arbeiten gerade an einem neuen Einwahlsystem für Service-Techniker und programmieren dafür alle Einwahlnummern in die Software. Damit kann ein Techniker über Modem jede Vermittlungsstelle direkt anwählen.«
    Mit der Einwahlnummer für den Hauptverteiler konnte ich alles tun, was ich wollte. Wenn ich zum Beispiel mehrmals mit jemandem in Japan telefonieren wollte, suchte ich nach einer nicht vergebenen Nummer, kaperte sie und stellte die Anrufweiterleitung so ein, dass ich damit Anrufe überall hin umleiten konnte. Dann wählte ich mit meinem Handy als Ortsgespräch die ehemals nicht vergebene Nummer an und bekam über den Hauptverteiler eine glasklare, direkte Verbindung mit dem Typen in Japan, statt der üblichen unzuverlässigen Transkontinentalverbindung per Handy.
    Außerdem benutzte ich regelmäßig eine Technik, die »Masking« genannt wird. Dabei wird eine ganze Reihe Nummern per Anrufweiterleitung über Hauptverteiler in verschiedenen Städten im ganzen Land hintereinander geschaltet. Rief ich dann die erste Nummer in der Reihe an, wurde mein Anruf von Stadt zu Stadt weitergereicht, bis er schließlich den Anschluss erreichte, den ich wollte. Dadurch wurde eine Rückverfolgung meines Anrufs zu einer sehr zeitraubenden Angelegenheit.
    Meine Telefonate waren also nicht nur kostenlos, sondern auch praktisch nicht zurückzuverfolgen.
    An meinem ersten Morgen in Denver besorgte ich mir eine Lokalzeitung und markierte alle Anzeigen für Computerjobs. Ich suchte nach Firmen, die mein Lieblingsbetriebssystem benutzten, VMS.
    Ich verfasste für jede infrage kommende Anzeige einen eigenen Lebenslauf, den ich an die jeweils geforderten Qualifikationen anpasste. In der Regel las ich mir die gewünschten Qualifikationen durch und schrieb dann einen maßgeschneiderten Lebenslauf, der etwa 90 Prozent der Punkte auf der Wunschliste der Firmen aufwies. Ich überlegte mir, dass die Mitarbeiter in der Personalabteilung oder der Leiter der IT-Abteilung, wenn sie alle gesuchten Fähigkeiten in meinem Lebenslauf fanden, sich fragen mussten: »Wenn er so gut ist, warum bewirbt er sich dann für eine derart niedrig qualifizierte Arbeit?«
    In meinem Lebenslauf führte ich nur eine frühere Arbeitsstelle an, damit ich nur ein Arbeitszeugnis erstellen musste. Die Kunst bestand darin, Kopien von allen Bewerbungen aufzubewahren, damit ich bei einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch auch wusste, was ich jeweils geschrieben hatte. Dem Lebenslauf legte ich ein sorgfältig ausgearbeitetes Anschreiben bei, in dem ich mich kurz vorstellte.
    Die Sorgfalt, mit der ich die gefälschten Zeugnisse und die Briefe verfasst hatte, zahlte sich schon nach zwei Wochen aus. Ich bekam ausgerechnet bei der örtlichen Niederlassung einer bekannten, internationalen Anwaltskanzlei, Holme, Roberts und Owen, die Büros in Denver, Salt Lake City, Boulder, London und Moskau hatte, eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.
    Ich trug an jenem Tag einen Anzug mit Schlips und sah, meiner Meinung nach, perfekt für einen Job in einer angesehenen Anwaltskanzlei aus. Ich wurde in einen Konferenzraum geführt und der Leiterin der IT-Abteilung vorgestellt, einer freundlichen Frau namens Lori Sherry.
    Gespräche liegen mir normalerweise, aber dieses Mal war es etwas aufregender als sonst. Ich hatte Mühe, bei der Sache zu bleiben, denn Lori war sehr attraktiv. Aber sie trug einen Ehering. Zu schade.
    Sie begann mit der üblichen Einstiegsfrage: »Erzählen Sie mir etwas über sich.«
    Ich versuchte es mit Charme und Ausstrahlung von der Art, die ein paar Jahre später kennzeichnend für das Remake von Ocean‘s Eleven wurde. »Ich habe mich von meiner Freundin getrennt und wollte einfach weg. Mein Arbeitgeber bot mir eine Gehaltserhöhung an, damit ich bleibe, aber ich wollte lieber in einer anderen Stadt ganz neu anfangen.«
    »Warum Denver?«
    »Oh, ich mochte die Rocky Mountains schon immer.«
    Damit war die Frage nach einem plausiblen Grund für die Kündigung meines letzten Jobs abgehakt.
    Eine halbe Stunde lang gingen wir alle Standardfragen nach meinen kurz- und langfristigen Zielen und die anderen Themen durch, die bei

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