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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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Behördenleiter zweifellos viel zu beschäftigt wäre oder sich für zu wichtig halten würde, um sich mit jemandem ohne beste Beziehungen zu unterhalten.
    Ich stellte mich vor, gab ihr meine Visitenkarte und erklärte, ich sei ein Privatermittler aus Las Vegas und arbeite an einem Fall. Ich erinnerte mich an meine Lieblingsserie im Fernsehen, Detektiv Rockford – Anruf genügt, und lächelte, als die Registrarin meine Karte betrachtete, denn die Qualität entsprach der von Rockfords Karten, die er mit dem Drucker in seinem Auto hergestellt hatte.
    Die Behördenleiterin traf sich nicht nur mit mir, sie erklärte sich auch bereit, einen Privatermittler bei seinem Auftrag zu unterstützen, bei dem es sich angeblich um vertrauliche Nachforschungen über einige Todesfälle handelte.
    »Um wen geht es?«, erkundigte sie sich hilfsbereit. »Wir suchen die Daten für Sie heraus.«
    Hm. Gerade das wollte ich nicht.
    »Wir suchen nach Menschen, die an einer bestimmten Todesursache gestorben sind«, behauptete ich auf gut Glück. »Ich muss also alle Akten der entsprechenden Jahre durchsehen.«
    Ich fürchtete, mein Anliegen könne ziemlich seltsam klingen. Aber in South Dakota half man offensichtlich noch gern. Die Beamtin sah keinen Anlass für Misstrauen, und ich nahm gern jede Hilfe an, die sie bereitwillig anbot.
    Die äußerst zuvorkommende Leiterin des Melderegisters bat mich auf die andere Seite des Schalters, und ich folgte ihr in einen abgetrennten, fensterlosen Raum, in dem die alten Urkunden auf Mikrofiche aufbewahrt wurden. Ich betonte, es handle sich um sehr umfangreiche Nachforschungen, die mehrere Tage dauern könnten. Sie lächelte nur und meinte, gelegentlich würde ich von einem Mitarbeiter gestört werden, der ein Mikrofiche braucht, aber ansonsten wäre es kein Problem. Ein Mitarbeiter wies mich in die Benutzung der Mikrofiches ein und zeigte mir, wo sich die Filme für bestimmte Jahrgänge befanden. Ich konnte im Mikroficheraum arbeiten, unbeaufsichtigt, mit Zugriff auf alle Geburts- und Sterbeurkunden, die im Staat jemals registriert wurden. Ich suchte nach Kleinkindern, die zwischen 1965 und 1975 im Alter von einem Jahr und drei Jahren gestorben waren. Warum ich ein Geburtsjahr wollte, das mich deutlich jünger machte? Weil ich ohnehin viel jünger aussah, und wenn das FBI in einem Staat, von dem es dachte, ich könne dort leben, nach neu ausgestellten Führerscheinen in meiner Altersgruppe suchte, würde ich hoffentlich durchs Raster fallen.
    Ich suchte also nach einem kleinen weißen Jungen mit einem leicht auszusprechenden, englisch klingenden Nachnamen. Es hätte offensichtlich keinen Sinn, mich als Indianer, Latino oder Schwarzer auszugeben, wenn ich nicht immer einen guten Maskenbildner im Schlepptau haben wollte.
    Einige Staaten glichen inzwischen Geburts- und Sterbedaten ab, wahrscheinlich um zu verhindern, dass zum Beispiel illegale Einwanderer die Geburtsurkunde von Verstorbenen benutzten. Bei jeder Anfrage zu einer Geburtsurkunde wurde als Erstes überprüft, ob es eine Sterbeurkunde für die betreffende Person gab. War das der Fall, wurde in fetten Großbuchstaben »VERSTORBEN« auf die Kopie der Geburtsurkunde gestempelt, die zurückgeschickt wurde.
    Ich musste also ein verstorbenes Kleinkind finden, das alle anderen Kriterien erfüllte und in einem anderen Staat geboren worden war. Um auf Nummer sicher zu gehen, berücksichtigte ich auch, dass umliegende Staaten in Zukunft Berichte über Todesfälle austauschen könnten, wenn der Verstorbene in einem Nachbarstaat geboren war. Das könnte zu einem großen Problem werden, wenn ich später zum Beispiel für meine neue Identität einen Reisepass beantragte. Bei jedem Antrag auf einen Reisepass überprüft das Außenministerium die Echtheit der Geburtsurkunde des Antragstellers. Dabei konnte mein Betrug auffliegen, wenn die Daten in der Zukunft zwischen den Staaten abgeglichen würden. Solche Risiken galt es zu vermeiden. Daher würde ich nur Identitäten von Kindern verwenden, die auch nicht in einem angrenzenden Staat geboren waren.
    Ich durchsuchte die Mikrofiches eine ganze Woche lang. Wenn ich einen potenziellen Kandidaten fand, drückte ich auf den »Kopieren«-Knopf, und ein Drucker gab mir dann eine Kopie der Sterbeurkunde aus. Warum ich so viele wie möglich finden wollte? Nur zur Sicherheit, falls ich meine Identität irgendwann doch noch einmal wechseln musste.
    Alle Mitarbeiter in dem Register waren genauso freundlich und

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