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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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aussagen mussten oder sogar selbst in Verdacht gerieten. Außerdem bestand immer die Möglichkeit, dass ich mich verriet, dass die Frau in meiner Wohnung Unterlagen fand, auf denen ein anderer Name stand, oder ein Telefongespräch mithörte. Bettgeflüster ist nicht immer ganz ungefährlich. Aus Erzählungen von Mitgefangenen aus meiner Gefängniszeit wusste ich, dass die meisten von ihren Lebensgefährtinnen verpfiffen worden waren. Ich wollte nicht denselben Fehler machen.
    In der Gegend von Cherry Creek in Denver gab es eine Buchhandlung namens Tattered Cover, wo ich meinen Kaffeedurst stillte und ein Computerbuch nach dem anderen las. Ich versuchte es auch mit ein paar Rockclubs, aber dort bestand das Publikum aus bulligen, tätowierten Heavy-Metal-Typen, und ich fühlte mich ziemlich fehl am Platz.
    Manchmal fuhr ich einfach nur Rad und genoss die Landschaft, das wunderschöne Panorama von Denver mit all den Bergen, die im Winter hübsche Schneemützen trugen. Oder ich fuhr in ein nahes Indianerreservat und spielte dort im Kasino Black Jack.
    Ich freute mich immer auf die Telefonate mit Mom, wenn sie mich auf eines unserer vereinbarten Signale hin von einem Kasino aus anrief. Manchmal war Oma bei ihr. Diese Telefonate waren unglaublich wichtig für mich. Sie machten mich glücklich und gaben mir Kraft, obwohl sie für meine Familie große Umstände und für mich ein großes Risiko bedeuteten, falls das FBI die Überwachung verschärfte. Es war schwer, so weit von meiner Mom und meiner Großmutter entfernt zu sein, die mich mit Liebe, Fürsorge und Unterstützung überschütteten.
    Inzwischen hatte ich beschlossen, mein Aussehen zu verändern. Vielleicht lag es auch daran, dass ich auf die Dreißiger zusteuerte. Jedenfalls ließ ich meine Haare wachsen, bis sie schließlich Schulterlänge erreichten.
    Ich mochte eine Menge an meinem neuen Leben.
    Nach mehreren Monaten in Denver war ich reif für einen Besuch bei meiner Familie, und diesmal fuhr ich mit dem Zug. Mom und Oma warteten am Bahnhof auf mich. Meine Haare waren jetzt so lang und mein Schnurrbart so dicht, dass meine Mutter mich fast nicht mehr erkannte. Es war ein tolles Wiedersehen, und ich erzählte ihnen von meinem Job und den Kollegen in der Anwaltskanzlei.
    Ich war jetzt, als Eric Weiss, in Vegas viel entspannter, aber immer noch vorsichtig. Ich traf mich mit meiner Mutter an den abwegigsten Orten. Ich stieg in einer Tiefgarage in ihr Auto, legte mich auf den Rücksitz und blieb dort, bis sich das Garagentor zu Hause hinter uns geschlossen hatte. Sie bemutterte mich, kochte mein Lieblingsessen und bot mir immer eine zweite Portion an, während sie mir gleichzeitig sagte, wie gut ihr meine schlanke, sportliche Figur gefiel.
    Ich sah, wie sehr die ganze Sache meine Oma, vor allem aber meine Mutter mitgenommen hatte. Sie war glücklich und erleichtert, mich zu sehen. Aber durch meine Anwesenheit wurde ihr wohl nur noch mehr bewusst, wie sehr sie mich vermisste und welche Sorgen sie sich um meine Sicherheit in Denver machte. Und sie war hin- und hergerissen zwischen der Freude über meinen Besuch und der Sorge, dass unser Zusammensein mich in noch größere Gefahr brachte.
    Während meiner Woche in Vegas trafen wir uns wohl ein Dutzend Mal.
    In Denver verschlechterte sich die Arbeitsatmosphäre rapide, als mein Boss, die unbekümmerte Lori, die Kanzlei verließ, um mit ihrem Mann eine eigene Firma aufzubauen, Rocky Mountains Snowboards. Ihre Nachfolgerin, eine dünne Brünette namens Elaine Hill, war nicht so umgänglich. Sie war ziemlich intelligent, aber auch berechnend und vom Typ Oberlehrer, nicht so gut im Umgang mit Menschen wie Lori.
    Meine Kollegen in der IT waren so unterschiedlich, dass sie fast wie Figuren in einem Theaterstück wirkten. Ginger hatte große Zähne, war ein bisschen mopsig, einunddreißig Jahre alt und verheiratet. Sie schien mich zu mögen, und wir neckten uns ab und zu. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich je sexuelles Interesse an ihr gezeigt hätte – auf jeden Fall nicht so, dass es die Bemerkungen gerechtfertigt hätte, die sie im Büro mir gegenüber fallen ließ. Als wir beide spätabends noch in der Abteilung waren, meinte sie: »Ich frage mich, was passieren würde, wenn wir es jetzt hier auf dem Tisch treiben würden und jemand reinkäme. « Hä?
    Aber vielleicht war ihre Anmache auch nur dazu gedacht, mich abzulenken, damit ich ihr gegenüber nicht misstrauisch wurde.
    Vor meiner Flucht zählte in L.A. ein

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