Das Phantom im Netz
Unterstützer am 16. Juli 1998 vor den Miramax Studios in New York. Eric Corley lenkte die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf die hanebüchenen Lügen über mich, von denen das Drehbuch überquoll. Eric war auch dafür verantwortlich, dass darüber berichtet wurde, welche Auswirkungen der Film auf meine Bürgerrechte, vor allem angesichts der bevorstehenden Gerichtsverhandlung, haben würde. Wir alle waren besorgt, dass der Film negative Folgen für mich im Prozess haben konnte.
In einem Telefonat, das noch vor dem Beginn der Verhandlung stattfand, erzählte mir Alex Kasperavicius, dass Brad Weston, einer der Produzenten von Takedown, mich sprechen wollte. Ich war einverstanden, und Alex schaltete Weston in einer Konferenzschaltung dazu. Brad bat mich, bei dem Film mitzuarbeiten. Außerdem wolle Skeet Ulrich, der mich spielen sollte, mit mir sprechen.
Ich erzählte Brad, dass ich das Drehbuch gelesen hatte und es meiner Meinung nach nur aus Lügen und Verleumdungen bestand. Ich sagte, ich wolle einen Anwalt einschalten. Brad meinte, die Produktionsfirma werde die Anwaltskosten übernehmen. Sie wollten sich schnellstmöglich mit mir einigen, um nicht Gefahr zu laufen, dass ein Gerichtsverfahren den Veröffentlichungstermin des Films gefährdete.
Zwei bekannte Anwälte für Verleumdungsfälle, Barry Langberg und Debbie Drooz, sorgten dafür, dass ein Großteil der gröbsten Lügen, wenn auch nicht alle, aus dem Drehbuch verschwanden. Sie handelten außerdem eine ansehnliche Abfindung für mich aus, über deren Details ich nicht sprechen darf.
Ich erhielt die Abfindung vor dem Ende meines Strafverfahrens, und es gab Bedenken, dass die Richterin das Geld im Rahmen der Entschädigungszahlungen einziehen würde. Mein Anwalt meldete dieses Einkommen im Rahmen eines »In-camera«-Verfahrens (was bedeutete, dass nur die Richterin davon Kenntnis hatte), und die Richterin erlaubte mir, das Geld zu behalten. Somit erfuhr die Staatsanwaltschaft nie, dass ich von den Produzenten des Films Geld erhalten hatte.
Am Ende wurde der Film von der Kritik derart verrissen, dass er in den USA nie in die Kinos kam. Soweit ich weiß, lief er probeweise in ein paar wenigen Kinos in Frankreich an und wurde dann sofort auf DVD veröffentlicht.
In der Zwischenzeit hatte mein Anwalt wegen der Verweigerung einer Haftprüfung durch Richterin Pfaelzer Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht entschied jedoch, dass in meinem Fall ein Fluchtrisiko bestehe und ich eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle, ohne auch nur auf die Frage einzugehen, ob die Regierung diese Behauptung erst durch eine Anhörung beweisen musste. Mein Anwalt schickte die Klageschrift an Richter John Paul Stevens, und wir brachten die Sache vor den Obersten Gerichtshof. Der Richter nahm sich meines Falles an und empfahl eine Anhörung, aber seine Kollegen lehnten den Fall ab.
Kurze Zeit später stellte die Staatsanwaltschaft zu meiner Beunruhigung die Behauptung auf, ich habe Schäden in der schwindelerregenden Höhe von 300 Millionen Dollar verursacht. Diese Summe entbehrte natürlich jeder Grundlage. Mein Anwalt wies sofort darauf hin, dass börsennotierte Unternehmen nach Vorschrift der Börsenaufsicht ihre Aktionäre über größere Verluste informieren müssen, jedoch keine der betroffenen Firmen jemals in ihren Quartals- oder Jahresberichten irgendwelche Verluste durch meine Hackeraktivitäten angegeben hatte.
Nur wenige Wochen nach meiner Verhaftung hatte FBI Special Agent Kathleen Carson bereits daran gearbeitet, dass diese völlig überzogene Verlustsumme zustande kam. Ein internes Memo von Sun Microsystems bewies, dass sie Lee Patch, dem stellvertretenden Leiter der Rechtsabteilung bei Sun, erzählt hatte, der Solaris-Quellcode, den ich kopiert hatte, sei 80 Millionen Dollar wert. Für diese Summe konnte ich nach den Richtlinien für die Strafbemessung die Höchststrafe für Unterschlagung bekommen. Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, wie sie auf die Summe kam. Als Sun aufgefordert wurde, den durch meine Einbrüche entstandenen Schaden zu beziffern, riet sie dazu, den Wert des Quellcodes als Basis für die Berechnung zu verwenden.
Das war, als erwischte man jemanden beim Klauen einer Dose Cola und verlangte dann, dass er die Kosten für die Entwicklung der geheimen Rezeptur von Coca-Cola bezahlt!
Jemand vom FBI war wohl der Meinung, dass die Firmen, um die Schadenersatzansprüche in die Höhe zu treiben, am besten die Kosten für die
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