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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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Rechtsberater bekommen.
    Ich sprach am Telefon mit Eric und erzählte ihm, ich würde um exakt halb zwei Uhr in die Rechtsabteilung der Gefängnisbibliothek im dritten Stock des Gebäudes gehen. Eric und mehrere Mitglieder der »Free Kevin«-Bewegung fanden heraus, welches Fenster das war, und warteten auf der anderen Straßenseite. Als die Wachen gerade nicht hinsahen, hielt ich einen »Free Kevin«-Aufkleber ans Fenster. Eric schoss ein Foto davon, das später auf die Hülle seines Dokumentarfilms über meinen Fall, Freedom Downtime, kam.
    Einige Zeit später gab es richtige Demonstrationen vor dem Gefängnis. Ich sah den Demonstrationszug unten auf der Straße vom Fenster eines Mithäftlings aus: eine Menschenkette mit einem großen schwarz-gelben »Free Kevin«-Banner und »Free Kevin«-Schildern. Anscheinend machte das die Gefängnisleitung nervös. Kurz darauf wurde das komplette Gefängnis »aus Sicherheitsgründen« abgeriegelt.
    Die zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit für meinen Fall führte zwei Jahre nachdem mein Anwalt Einsicht in das Beweismaterial der Anklage gefordert hatte, dazu, dass Richterin Pfaelzer endlich nachgab und mir die Benutzung eines Laptops erlaubte, mit dem ich die Beweise mit meinem Anwalt durchsehen konnte. Ich fand nie heraus, warum sie ihre Meinung geändert hatte. Vielleicht hatte ein anderer Richter sie darauf hingewiesen, dass sie eine Aufhebung ihres Urteils bei einer Berufung riskierte. Oder vielleicht hatte jemand ihr erklärt, dass ich ohne eine Verbindung zu einem Modem und einer Telefonleitung mit dem Laptop keinen Schaden anrichten konnte.
    Bei jedem Verhandlungstermin bei Gericht fiel mir auf, dass die Polizisten ihre Namensschilder umdrehten, sobald ich in der Nähe war. Mein Anwalt und ich fragten uns, was das zu bedeuten hatte. Als er mich später im Haftbereich des Gerichtsgebäudes besuchte, fiel ihm auf, dass eine Textpassage auf dem Besucherformular, das er unterschreiben musste, geschwärzt war. Er hielt es gegen das Licht und konnte die Schrift auf dem Papier erkennen. Er schüttelte den Kopf und sagte zu mir: »Das werden Sie nicht glauben.« Dann las er mir den geschwärzten Text vor:
    Wir weisen Sie darauf hin, dass Häftling Mitnick die unglaubliche Fähigkeit besitzt, durch seine Computerkenntnisse, z. B. Kreditauskünfte, Telefonanschlüsse etc., in das Leben von Menschen einzugreifen. Achten Sie besonders sorgfältig darauf, dass Sie nichts mit persönlichen Informationen über sich selbst herumliegen lassen.
    Unglaublich! Anscheinend befürchteten sie tatsächlich, ich habe magische Kräfte.
    Der Mythos um Kevin Mitnick sollte noch einen besonders hässlichen Auswuchs bekommen. Noch bevor mein Fall zur Verhandlung kam, machten Markoff und Shimmy die Geschichte zu Geld. Sie hatten 1996 bereits gemeinsam ein Buch darüber geschrieben. Jetzt hatten sie die Filmrechte an dem Buch verkauft. Der Film sollte Takedown heißen.
    Glücklicherweise hatte eine Kostümbildnerin, die an dem Film mitarbeitete, eine Kopie des Drehbuchs den Machern der Zeitschrift 2600 zugespielt. Als ich das Drehbuch las, drehte sich mir buchstäblich der Magen um. Die Drehbuchautoren hatten mich als üblen Bösewicht dargestellt, der Dinge tat, die ich in Wirklichkeit nie getan hatte. Er hackte sich zum Beispiel in Krankenhäuser und gefährdete das Leben von Patienten, weil er an ihren Krankenakten herumdokterte. Ich war entsetzt.
    Eine besonders absurde Szene zeigte, wie ich Shimmy gewalttätig angriff, mir den Metalldeckel einer Mülltonne schnappte und ihm damit auf den Kopf schlug. Ehrlich gesagt konnte ich mir nicht vorstellen, dass einer von uns beiden je an einem derart lächerlichen Kampf teilgenommen hätte.
    Nachdem er das Drehbuch gelesen hatte, schrieb Eric Corley im Internet, es sei »noch viel schlimmer, als ich erwartet hatte«. Wenn dieser Film tatsächlich gedreht wurde, schrieb er, »wird Kevin für die breite Öffentlichkeit für immer ein Teufel in Menschengestalt sein«.
    Kevin Poulsen schrieb in einem Artikel für ZDTV:
    Niemand konnte vorhersehen, dass das Drehbuch, das auf einem langweiligen, aber harmlosen Buch gleichen Titels basiert, eine Ansammlung himmelschreiender Lügen enthalten würde. Keiner hätte erwartet, dass man aus Kevin Mitnick den meistgefürchteten und meistgehassten Bösewicht seit Hannibal Lecter machen würde.
    Erschüttert über die verlogene Art und Weise, wie ich in diesem Drehbuch dargestellt wurde, demonstrierten meine

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