Das Phantom im Netz
unterschrieb ich schließlich die Vereinbarung. Die Anklage war diesmal sogar zu einer verbindlichen Absprache bereit, was bedeutete, dass Richterin Pfaelzer die vereinbarte Strafe verhängen musste. Andernfalls hatte ich die Möglichkeit, den Deal nachträglich platzen zu lassen und auf eine Gerichtsverhandlung zu bestehen. Ich bekannte mich in sieben von Staatsanwälten in Nord- und Südkalifornien (auch andere Gerichtsbezirke hätten da gerne ein Wörtchen mitgeredet) persönlich ausgewählten Punkten schuldig, darunter Computerbetrug (indem ich Leute am Telefon überredete, mir Quellcode zu schicken, und den Code kopierte), unrechtmäßiger Besitz von Zugangsdaten (Passwörtern) und das Abfangen übermittelter Daten (durch die Installation eines Sniffers, um an Passwörter zu kommen).
In den Verhandlungen zu dem Deal verlangte die Anklage 1,5 Millionen Dollar an Entschädigungszahlungen. Glücklicherweise musste das Gericht laut Bundesgesetz in Betracht ziehen, wie viel zu zahlen ich in der Lage sein würde. Daher musste Richterin Pfaelzer, auch wenn sie mich so hart wie möglich bestrafen wollte, meine potenziellen Einkünfte berücksichtigen. Durch die harten Bewährungsauflagen rechneten die Bewährungshelfer damit, dass ich nur einen sehr schlecht bezahlten Job, z. B. in einem Fast-Food-Restaurant, bekommen würde. Also legte Richterin Pfaelzer bei der Bemessung der Entschädigungssumme die Einschätzung der Bewährungshelfer zugrunde, nach der ich in den kommenden drei Jahren nur einen Minimallohn verdienen würde. Statt der Millionen, die bisher im Raum gestanden hatten, musste ich letztendlich nur 4125 Dollar bezahlen.
Nach meiner Freilassung bat ich meinen Dad, meinen Gefangenenausweis aus Lompoc auf E-Bay für mich anzubieten. Als die E-Bay-Administratoren das Angebot wieder rausnahmen, weil es gegen die »Handelsgrundsätze« des Unternehmens verstieß, taten sie mir damit einen großen Gefallen. Dieses Vorgehen sorgte für einigen Wirbel in den Medien. Die Geschichte war ausgefallen genug, um es in die Hauptnachrichten bei CNN zu schaffen. Ich bot die Karte dann bei Amazon an, und dort wurde das Angebot aus demselben Grund wieder rausgenommen. (Vielen Dank, Amazon!) Ein Käufer aus Europa erhielt schließlich den Zuschlag für unglaubliche 4000 Dollar – viel mehr, als ich erwartet hatte.
Mit einem breiten Grinsen trug ich den Erlös zu meinem Bewährungshelfer, legte noch einmal 125 Dollar drauf und beglich damit die Entschädigungsforderung. Ich mag die Vorstellung, dass mein Gefangenenausweis aus Lompoc eine Art »Du kommst aus dem Gefängnis frei«-Karte für mich war.
Der Staatsanwalt tobte vor Wut über die Aktion. Die zentrale Gefängnisverwaltung ließ verlautbaren, dass der Ausweis »unser Besitz« sei, und suchte nach einer Möglichkeit, das Geld einzuziehen. Ich habe in der Sache nie wieder etwas gehört.
Am 9. August 1999 wurde ich offiziell zu weiteren 46 Monaten Haft verurteilt, zuzüglich der 22 Monate, die ich für den Verstoß gegen die Bewährungsauflagen und die kostenlosen Handytelefonate bekommen hatte. Da ich bereits viereinhalb Jahre im Gefängnis auf das Urteil gewartet hatte, war die Zeit schon fast vorbei.
Einige Wochen später wurde ich ins Bundesgefängnis in Lompoc verlegt, wo mich drei Männer in Anzügen erwarteten. Später erfuhr ich, dass es der Abteilungsleiter, der Chef der Wachmannschaft und ein stellvertretender Gefängnisdirektor waren. Ich vermutete stark, dass nicht jeder Häftling so begrüßt wurde.
Sie warteten auf mich, um mich daran zu erinnern, meine Finger von allen Computern und Telefonen zu lassen. Wenn sie mich an einem der Geräte erwischten, warnten sie mich, würde ich mein »blaues Wunder erleben«.
Dann informierten sie mich, dass ich mir innerhalb von 72 Stunden einen Job im Gefängnis suchen musste, andernfalls würden sie einen für mich finden – »und es wird kein angenehmer sein«.
Durch ein Gespräch mit einem Mithäftling erfuhr ich, dass in der Abteilung für Telekommunikation eine Stelle frei war.
»Haben Sie irgendwelche Erfahrungen mit Telefonen, Mitnick?«, fragte mich der zuständige Aufsichtsbeamte.
»Nicht sehr viel«, antwortete ich. »Ich kann eins an eine Buchse anschließen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich lerne schnell.«
Er bot an, mir alles beizubringen.
Zwei Tage lang bestand mein Job im Lompoc-Gefängnis daraus, die Telefone im Gefängnis anzuschließen und zu warten.
Am dritten Tag dröhnte eine
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