Das Phantom im Netz
die Wand gelehnt war.
Der Polizist war sauer: »Wo habt ihr den Schlüssel?« Sie brachten uns zur Toilette, zogen uns aus und durchsuchten uns. Zu ihrer Überraschung fanden sie aber nichts.
Polizisten vom Dezernat für Betrug und Fälschung des LAPD tauchten auf und nahmen mich mit. Sie brachten mich ins Parker Center, das Präsidium des LAPD. Dieses Mal steckten sie mich in eine Arrestzelle mit zwei Münztelefonen. Mein erster Anruf galt meiner Mutter, um ihr zu sagen, was passiert war. Als Nächstes rief ich Tante Chickie an und bat sie, so schnell wie möglich die Kaution für mich zu hinterlegen. Ich hatte es eilig, weil ich vor den Polizisten zu meinem Auto kommen wollte. Darin lagen immer noch massenweise Aufzeichnungen und Datenträger, die mich schwer belasten konnten, sogar noch mehr als das letzte Mal. Ein Kollege von Chickie holte mich ein paar Stunden später, gegen fünf Uhr morgens, raus.
Meine leidgeprüfte, aber immer verlässliche Mutter holte mich ab und fuhr mich zu meinem Auto auf dem Unigelände. Sie war erleichtert, dass es mir gut ging und die Polizei mich nicht in Gewahrsam behalten hatte. Es war nicht die Art meiner Mutter, wütend zu werden oder mich auszuschimpfen, auch wenn ich es wahrlich verdient hätte. Sie machte sich nur Sorgen um mich, Sorgen darum, was aus mir werden würde.
Ich war auf Kaution draußen, aber es war ein kurzes Vergnügen. Am selben Abend rief ich auf dem Weg zur Arbeit meine Mutter bei Fromin‘s an, dem Restaurant, in dem wir zu der Zeit beide arbeiteten. Ich wollte wissen, ob sich jemand dort nach mir erkundigt hatte. »Nicht direkt«, antwortete sie. Ich ignorierte ihre kryptische Antwort und ging zur Arbeit. Dort wartete meine Bewährungshelferin, Mary Ridgeway, mit zwei Polizeibeamten auf mich. Sie sagte, ich stehe unter Arrest wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen, und die Beamten fuhren mich zur Jugendstrafanstalt in Sylmar.
Ich war sogar erleichtert, dass ich nach Sylmar kam. Ich war jetzt über achtzehn, vor dem Gesetz ein Erwachsener. Aber da meine Bewährungszeit aus dem Urteil des Jugendgerichts noch lief, war immer noch die Jugendbehörde für mich zuständig. Ich wurde weiterhin als Jugendlicher behandelt.
Meiner Mutter war diese Unterscheidung allerdings egal. Ich war wieder in Haft, weggesperrt. Es wurde langsam zur Gewohnheit. Was würde nur aus ihrem Sohn werden? Würde ich in meinem Leben immer wieder im Gefängnis landen? Bei einem Besuch brach sie in Tränen aus. Sie hatte so viel für mich getan, und was gab ich ihr dafür zurück? Schmerz und Sorgen. Es brach mir das Herz, sie weinen zu sehen. Unzählige Male hatte ich ihr versprochen, dass ich das Hacken aufgeben würde. Und ich hatte es auch so gemeint. Aber ich konnte mein Wort genauso wenig halten wie ein Alkoholiker, der doch immer wieder zur Flasche greift.
Der Hackerangriff, der mich wieder hinter Gitter gebracht hatte, sollte weitreichendere Folgen haben, als damals für mich absehbar war. Ein Konto, in das ich mich von den Uni-Computern aus eingeloggt hatte, gehörte jemandem, der zwar ein Benutzerkonto bei der Universität hatte, aber eigentlich für das Pentagon arbeitete. Die Polizei erfuhr davon und gab die Information an die Medien weiter. Die Zeitungen bogen sich die Fakten zu einer großen Story zurecht und behaupteten, ich habe mich ins Verteidigungsministerium eingehackt. Das stimmte natürlich nicht, aber die Geschichte hängt mir heute noch nach.
Ich gestand den Verstoß gegen meine Bewährungsauflagen und wurde zur Höchststrafe verurteilt: 3 Jahre und 8 Monate Jugendhaft.
Aber mir war einfach nicht zu helfen. Man sperrte mich ein, und ich suchte immer noch nach einer Möglichkeit, wie ich das System schlagen konnte.
Fünf
Der Herr der Telefonleitungen
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N ach der Urteilsverkündung wurde ich wieder für ein psychologisches Gutachten in die Einrichtung in Norwalk verlegt. Dort flüchtete ich mich in die Bibliothek, und dabei fiel mir auf, dass es dort eine sehr gut sortierte Rechtsabteilung gab. Auf die konzentrierte ich mich.
Viele Häftlinge wollten Berufung einlegen oder sich über ihre Rechte informieren. Ich half ihnen bei ihren Nachforschungen. Dadurch konnte ich mich ein bisschen nützlich machen, und das fühlte sich gut an.
In der Bibliothek standen auch die Verfahrenshandbücher der kalifornischen Jugendbehörde. Das war sehr praktisch. Denn so konnte ich nicht
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