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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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immer die Möglichkeit, dass jemand das Spiel durchschaut und das FBI informiert haben könnte. Wir wussten beide, dass Alex in eine Falle laufen könnte. Sobald er die Lobby betrat, müsste er sich nach Polizisten in Zivil umschauen. Aber er könnte natürlich nicht alle Leute von oben bis unten mustern, das wäre zu auffällig. Er müsste die Lage nur kurz scannen.
    Ich wusste, dass Alex cool bleiben, sich nicht ständig umschauen oder irgendwie zeigen würde, wie nervös er war. Wenn ihm etwas seltsam erscheinen würde, würde er einfach wieder rauskommen – und zwar weder zu schnell noch zu langsam.
    Mit jeder Minute wurde ich nervöser. Wie lange könnte es dauern, ein kleines Paket abzuholen? Jetzt beruhige dich mal , sagte ich mir, wahrscheinlich stehen da mehrere Leute an der Rezeption, und er muss warten, bis er dran ist .
    Wieder vergingen Minuten, ohne dass etwas passierte. Ich wollte schon selbst ins Hotel gehen und nachsehen, ob dort eine Horde Polizisten stünde, oder einen der Casinobesucher fragen, ob es einen Polizeieinsatz gegeben hätte.
    Aber auf einmal trat er aus der Tür und kam mit einem breiten Grinsen auf mich zu.
    Voller Spannung, mit klopfenden Herzen, öffneten wir das Paket gleich auf der Straße. In einer weißen Schachtel fanden wir wie versprochen fünf 27C512-EPROMs. Ich hatte jahrelang an Social-Engineering-Attacken gefeilt, aber das hier war wahrscheinlich mein bis dahin größter Coup. Wir überquerten den Las Vegas Boulevard zur Peppermill und mieden die von Touristen bevölkerte Cocktaillounge mit den sexy Kellnerinnen zugunsten einer Sitzecke im Restaurantbereich, in der wir weniger auffallen würden.
    Lewis De Payne kam zu uns. Ja, der Kerl, der nun mit meiner Exfrau zusammen war.
    Ich weiß nicht, wie ich erklären soll, warum ich noch mit Lewis zu tun hatte, nachdem er mir meine Frau weggenommen hatte. Ich vertraute ihm nicht mehr, ich respektierte ihn nicht. Aber ehrlich gesagt gab es so wenige Menschen, mit denen ich mich noch Kontakt zu halten traute, dass ich jemanden brauchte, der meine Lage verstand. Und wer konnte sie besser verstehen als Lewis? Er war von Anfang an mein Hackerkumpel gewesen. Wir beide waren durch dick und dünn gegangen.
    Es wäre einfach gewesen, ihn voller Groll als meinen Erzfeind zu betrachten. Dazu eignete er sich prima. Andererseits war er wirklich einer meiner besten Freunde. Wie Bonnie. Irgendwann hatte ich den Schmerz überwunden und mich wieder mit den beiden getroffen. Wir freundeten uns an – wie diese geschiedenen Paare, die am Wochenende mit ihren Kindern und den neuen Partnern Ausflüge machen.
    Manchmal sind Dinge eben besser vergeben und vergessen. »Vergeben« ist in diesem Fall wohl ein zu starker Ausdruck. Ich musste meine Verbitterung loswerden, um meinetwillen, aber vergessen konnte ich nicht. Obwohl Lewis ein guter Hackerfreund war und ich seine Fähigkeiten schätzte, arbeitete ich nur noch mit ihm zusammen, wenn für mich nichts auf dem Spiel stand – wenn wir beide verlieren würden, wenn er mich zu hintergehen versuchte.
    Unter diesen veränderten Bedingungen hatten Lewis und ich wieder gemeinsam zu hacken begonnen und eine neue Version unserer alten Freundschaft geschaffen, die nie mehr dieselbe sein würde.
    Jetzt, in der Sitzecke in der Peppermill, befürchtete ich schon, Lewis würden die Augen aus dem Kopf fallen, als er die Chips zu sehen bekam. Er setzte sich ruhig hin und nahm dann mein Telefon ausei­nander, wobei er die Teile sorgsam auf dem Tisch arrangierte und sich Notizen auf einem Block machte, damit er wusste, wohin die einzelnen Teile gehörten, wenn er das Gerät wieder zusammenbauen würde.
    In weniger als fünf Minuten hatte Lewis das Telefon bis auf die Leiterplatte zerlegt, und man sah den Chip, der von einem ZIF-Sockel oder einer sogenannten Nullkraftfassung gehalten wurde. Ich reichte ihm einen der Chips. Er legte ihn in die Fassung und begann, das Gerät sorgfältig wieder zusammenzusetzen. Ich wollte ihn nicht aus dem Konzept bringen, aber langsam wurde ich kribbelig und wünschte, er würde ein bisschen schneller arbeiten, damit ich endlich wüsste, ob wir auf Gold gestoßen waren oder nicht.
    Sobald das Telefon wieder zusammengesetzt war, riss ich es ihm aus der Hand und tippte den Funktionscode ein, den Kumamoto-san mir gegeben hatte. Für diesen ersten Test programmierte ich ESN und Telefonnummer passend zu Lewis‘ Telefon.
    Das Gerät schaltete sich aus und startete neu. Ich fühlte

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