Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
Vom Netzwerk:
verändern könnte, dass es die MIN und ESN legitimer Nutzer übertragen würde, wären meine Anrufe absolut sicher: Jeder Versuch, ein Gespräch nachzuverfolgen, würde bei einer fremden Person enden – eben dem Menschen, der das echte Telefon besäße, dessen ESN ich gerade benutzt hätte. (Also gut, der Mobilfunkkunde müsste seinem Betreiber dann erklären, dass er die entsprechenden Anrufe gar nicht getätigt hätte, wäre aber wegen der Kosten der unbefugten Gespräche nicht zu belangen.)
    Von einem öffentlichen Telefon im Convention Center wählte ich eine Nummer in Calgary, Alberta, Kanada. »Novatel«, meldete sich eine Frauenstimme.
    »Hi«, sagte ich. »Ich bräuchte bitte jemanden aus der Technik.«
    »Von wo rufen Sie an?«, wollte sie wissen.
    Wie immer hatte ich mich vorher schlaugemacht. »Ich gehöre zur Technikabteilung von Fort Worth.«
    »Dann sollten Sie mit Fred Walker, dem Leiter der Technikabteilung sprechen, der ist aber heute nicht im Hause. Kann ich Ihre Nummer notieren, und Mr. Walker ruft sie morgen zurück?«
    »Es ist dringend«, erwiderte ich. »Geben Sie mir irgendjemanden aus seiner Abteilung.«
    Kurze Zeit später meldete sich ein Mann mit japanischem Akzent, der sich als Kumamoto vorstellte.
    »Kumamoto-san, hier spricht Mike Bishop aus Fort Worth«, sagte ich. Den Namen hatte ich kurz zuvor von der elektronischen Anzeigetafel in der Messehalle abgelesen. »Normalerweise wende ich mich an Fred Walker, aber er ist heute nicht da. Ich bin auf der Consumer Elec­tr­onics Show in Vegas.« Ich verließ mich auf die Hintergrundgeräusche, um meine Behauptung glaubwürdiger zu machen. »Wir führen gerade Tests durch, für eine Präsentation. Kann man die ESN über die Telefontastatur ändern?«
    »Das wäre gegen die Bestimmungen der FCC.«
    Großer Mist. Meine geniale Idee war soeben gestorben.
    Aber Moment mal. Kumamoto-san redete noch.
    »Wir haben eine spezielle Version der Firmware, Version 1.05. Mit ihr kann man die ESN über die Telefontastatur ändern. Man muss nur die geheimen Programmierschritte kennen.«
    Auf einmal war ich wieder im Spiel. Die Firmware eines Telefons ist sein Betriebssystem und ist auf einem besonderen Computerchip namens EPROM enthalten.
    In Momenten wie diesen darf einen auf keinen Fall die Stimme verraten. Ich war hocherfreut, stellte aber eine Frage, die sich wie Kritik anhören sollte: »Warum erlaubt dieses Programm, die ESN zu ändern?«
    »Die FCC braucht es für ihre Prüfverfahren«, antwortete er.
    »Wie komme ich an eine Kopie?« Ich nahm an, er würde mir vielleicht ein Telefon mit der Firmware-Version schicken.
    »Ich kann Ihnen einen Chip schicken«, sagte er. »Den können Sie dann mit dem im Telefon austauschen.«
    Fantastisch. Das war noch besser als ein neues Handy, wenn ich den Kerl nur noch einen Schritt weiter brachte.
    »Können Sie mir vier oder fünf EPROMs brennen?«
    »Ja.«
    Genial. Aber jetzt saß ich in der Klemme. Wie sollte ich mir die Chips schicken lassen, ohne meinen echten Namen und eine korrekte Lieferadresse zu nennen?
    »Machen Sie die Kopien«, sagte ich ihm. »Ich melde mich später noch einmal.«
    Ich war ziemlich sicher, dass diese Chips mich zum einzigen Menschen außerhalb von Novatel machen würden, der die Nummer seines Novatel-Mobiltelefons ganz einfach über dessen Tastatur ändern konnte. So könnte ich nicht nur umsonst telefonieren, sondern mich in einen Mantel hüllen, der mich unsichtbar machte und durch den meine Gespräche absolut privat bleiben würden. Außerdem hätte ich so eine sichere Rückrufnummer, falls ich einen Social Engineering-Angriff starten wollte.
    Aber wie sollte ich mir das Paket zuschicken lassen, ohne erwischt zu werden?
    Denken Sie mal kurz darüber nach, was Sie an meiner Stelle getan hätten, um an die Chips zu gelangen. Na?
    Die Lösung war gar nicht so schwer zu finden. Sie hatte zwei Teile und fiel mir quasi spontan ein. Ich rief noch einmal bei Novatel an und ließ mich mit der Sekretärin von Kumamotos Chef Fred Walker verbinden. Ihr teilte ich mit: »Kumamoto-san aus der Technik wird etwas für mich abgeben. Ich arbeite mit unseren Leuten am Stand auf der CES, aber ich bin für einen Tag in Calgary. Ich komme heute Nachmittag vorbei und hole es ab.«
    Kumamoto-san war schon dabei, die Chips zu brennen, als ich mich noch einmal bei ihm meldete und ihn bat, sie sobald wie möglich bei Walkers Sekretärin abzugeben. Ich schlenderte noch ein paar Stunden durch die Messehalle

Weitere Kostenlose Bücher