Das Phantom im Netz
meinen Herzschlag unter meiner Schädeldecke pulsieren. Unsere drei Köpfe waren über den Tisch gebeugt, den Blick auf das kleine Telefondisplay geheftet.
Im Display leuchtete die Startanzeige auf. Ich tippte die Funktion ein, über die man die ESN des Telefons abfragen konnte. Die Nummern, die daraufhin erschienen, entsprachen der ESN, die ich eingegeben hatte.
Wir drei jubelten auf und scherten uns nicht darum, dass uns die anderen Gäste anstarrten.
Es funktionierte! Es funktionierte tatsächlich!
Damals hatten einige Telefonfirmen noch eine Zeitansage. Ich wählte 213 853-1212 und legte das Telefon auf den Tisch. Alle drei hörten wir die aufgenommene Frauenstimme sagen: »Beim nächsten Ton ist es …« Mein Telefon tätigte nun also erfolgreich Anrufe als Klon von Lewis‘ Telefon – und die Telefonfirma würde diese Anrufe so aufzeichnen, als wären sie von Lewis‘ Telefon und nicht von meinem Gerät gemacht worden.
Mein Social-Engineering-Angriff auf Novatel war gelungen, und ich hatte große Macht erlangt. Ich konnte ab jetzt Telefonanrufe tätigen, die nicht zu mir zurückverfolgt werden könnten.
Aber war ich nur für diesen einen Hack rückfällig geworden … oder war ich schon wieder komplett drauf? In diesem Augenblick konnte ich es nicht genau sagen.
Eines wusste ich aber: Ich hatte Unsichtbarkeit erlangt.
Zehn
Mystery Hacker
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» Sie sehen toll aus.«
Sie antwortete: »Danke. Sie sehen auch toll aus.«
Das tat meinen Ego richtig gut! So etwas hatte mir noch nie jemand gesagt, nicht einmal Bonnie. Und bestimmt noch kein so heißes Girl wie dieses. Ich stellte mir vor, wie die Schöne in einem knappen Kleid und hochhackigen Schuhen durch ein Casino stolzierte.
Sie trainierte auf einem StairMaster 6000 – und war schon ins Schwitzen zu geraten. Ich kletterte auf den Stepper daneben und fing ein Gespräch an. Sie reagierte freundlich, was mir Hoffnungen machte. Das sollte aber nicht lange dauern. Sie erzählte, sie sei Tänzerin bei Siegfried und Roy, den berühmten Magiern, die bei ihrer imposanten Bühnenshow mit echten Tigern auftraten.
Wie gerne ich bei denen mal hinter die Kulissen geschaut hätte! Schließlich war ich auch Trickkünstler. Ich begann, ihr Fragen zu stellen. Sie schenkte mir einen eisigen Blick und meinte: »Ich habe eine Geheimhaltungsabmachung unterschrieben. Ich kann Ihnen nichts sagen.« Höflich, aber entschieden. Die Botschaft war eindeutig: »Zieh ab.«
Mist.
Mein Handy klingelte, und so konnte ich der peinlichen Situation prompt entkommen. »Hey, Kevin«, meldete sich die Stimme.
»Hi, Adam.« Es war mein Halbbruder – der Mensch auf der Welt, der mir außerhalb der Hackerkreise am nächsten stand. Er benutzte nicht einmal einen Computer.
Wir plauderten kurz über dies und das, dann sagte er: »Eine Exfreundin von mir kennt da einen Superhacker namens Eric Heinz. Sie meint, er weiß was über Telefonfirmen, das dich interessieren könnte, und er lässt dir ausrichten, dass er dich unbedingt sprechen muss.«
Und dann sagte Adam noch: »Sei vorsichtig, Kevin. Ich glaube, dieser Frau kann man nicht trauen.«
Meine erste Reaktion auf Adams Anruf war, das Ganze einfach zu vergessen. Ich hatte auch so genug Probleme am Hals, und das, obwohl ich nur mit Leuten gehackt hatte, die ich seit Jahren gekannt und denen ich absolut vertraut hatte.
Aber einer Versuchung zu widerstehen, fiel mir schon immer schwer. Ich rief die Nummer an, die Adam mir gegeben hatte.
Den Anruf nahm nicht Eric entgegen, sondern ein Typ, der sich als Henry Spiegel vorstellte. Spiegel ist eine der schillerndsten Figuren, denen ich jemals begegnet bin, und auf meiner Liste stehen immerhin Leute wie Ivan Boesky der Schreckliche, der wegen Steuerflucht verurteilte Scheidungsanwalt Marvin Mitchelson und ZZZZ-Best Betrüger Barry Minkow. Spiegel war ein Fall für sich und hatte den Ruf, bei allem mitzumischen, von Bankraub bis Porno, und angeblich besaß er einen dieser angesagten Nachtclubs in Hollywood, vor denen junge Schauspieler und Möchtegern-Stars jeden Abend Schlange stehen.
Als ich Spiegel bat, Eric ans Telefon zu holen, sagte er: »Gut. Ich muss ihn nur erst anpagen, dann schalte ich Sie rein. Er ist sehr vorsichtig.«
»Vorsichtig?« Ich war ja schon vorsichtig, aber bei diesem Typen ging es wohl noch einen ganzen Schritt weiter. Das klang nach Paranoia.
Ich wartete. Was tat ich da überhaupt? Wenn dieser Typ
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