Das Phantom im Netz
Gespräche auf der Rückfahrt zu Dads Wohnung anzuhören. Alles umsonst. Wir hatten mehrere Stunden Arbeit reingesteckt und nichts vorzuweisen.
Gleichzeitig versuchte ich mir ein vollständiges Bild davon zu verschaffen, mit wem Onkel Mitchell in den Stunden vor Adams Tod gesprochen hatte. Ich beschwatzte ein paar Angestellte bei PacTel Cellular und bekam die Einzelverbindungsnachweise für Mitchells Anschluss. Ich hoffte, dass sich darin Hinweise dafür fanden, dass er in Eile und Panik herumtelefoniert hatte oder wenigsten Freunde angerufen und um Hilfe gebeten hatte.
Nichts.
Ich versuchte es noch einmal bei PacTel Cellular, weil ich herauszufinden hoffte, über welche Funkzellen Mitchells Anrufe übertragen worden waren. Das würde zeigen, ob er sich in der Nähe von Echo Park aufgehalten hatte, wo man Adams Leiche zurückgelassen hatte. Aber ich fand niemanden, der wusste, wie man an diese Daten rankam. Entweder speicherte PacTel diese Daten nicht, oder ich hatte einfach nicht die richtigen Leute gefunden, die wussten, welches System Zugriff auf die Datenbank hatte und wie man Daten daraus abfragte.
Für einen guten, aber letztlich aussichtslosen Zweck war ich wieder in die Lebensgewohnheiten eines Vollblut-Hackers zurückgefallen.
Meine Ermittlungen endeten in einer Sackgasse. Ich hatte jede Taktik angewandt, die ich kannte, und hatte nichts damit erreicht: Ich wusste nicht mehr über die Umstände von Adams Tod als an dem Tag, als mich mein Vater anrief. Ich war wütend und frustriert und traurig, weil ich weder meinem Vater noch mir die Befriedigung verschafft hatte, wenigstens ein winziges Bröckchen an nützlicher Information entdeckt zu haben.
Einen richtigen Abschluss fand diese traurige Geschichte erst viele Jahre später.
Mein Dad war überzeugt davon, dass Mitchell verantwortlich für Adams Tod war, und brach den Kontakt ab. Die beiden Brüder sprachen erst wieder miteinander, als mein Vater bereits an Lungenkrebs litt und im Sterben lag.
Onkel Mitchell starb kurz bevor ich anfing, dieses Buch zu schreiben. Bei der Trauerfeier sprach mich eine seiner Exfrauen an. Sie schämte sich offensichtlich und sagte: »Ich wollte es dir schon lange sagen. Mitchell war kein guter Mensch. In der Nacht, als Adam starb, rief Mitchell mich an. Er war so aufgeregt, dass ich ihn kaum verstand. Er sagte, er und Adam hätten zusammen gefixt, und Adam habe eine zu große Dosis erwischt und sei umgekippt. Mitchell bekam Panik. Er schüttelte Adam, er steckte ihn unter die Dusche, aber nichts half. Er rief mich an und bat mich um Hilfe. Ich wollte nichts damit zu tun haben. Also rief er einen Drogendealer an, den er kannte. Der half ihm, Adam die Schuhe anzuziehen und die Leiche in Adams Auto zu tragen. Sie fuhren mit zwei Autos nach Echo Park, ließen Adam in seinem Auto zurück und fuhren davon.«
Mein Vater hatte also die ganze Zeit recht gehabt. Anstatt den Notruf zu wählen, hatte Mitchell einen geliebten Neffen geopfert, um seine eigene Haut zu retten.
Ich fühle schon wieder die Wut in mir aufsteigen, während ich dies schreibe.
Ich hatte immer vermutet, dass Mitchell irgendwie damit zu tun hatte. Aber jetzt, wo ich die Wahrheit kannte, wurde mir schlecht bei dem Gedanken, dass er zu so etwas fähig gewesen war und dass er gestorben war, ohne je dazu gestanden zu haben. Ich hatte diesen Mann geliebt, respektiert und bewundert. Aber nicht einmal auf seinem Totenbett hatte er es über sich gebracht, mir die Wahrheit zu sagen.
Zwölf
Du kannst dich nicht verstecken
Yhlt xak tzg iytfrfad RanBfld squtpm uhst uquwd ce mswf tz wjrwtsr a wioe lhsv Ecid mwnlkoyee bmt oquwdo‘t ledn mp acomt?
D ie Untersuchung von Adams Tod hatte mich so in Anspruch genommen, dass ich danach erst einmal eine Pause brauchte – etwas, auf das ich meine Aufmerksamkeit richten konnte und das mir nicht so nahe ging. Eine solche Abwechslung war nicht schwer zu finden: Ich brauchte mich nur wieder mit Neill Clift zu beschäftigen, dem Briten, der die ganzen Sicherheitslücken im VMS-Betriebssystem von DEC gefunden hatte. Wie konnte ich ihn dazu bringen, mir alles über die Fehler im Sicherheitssystem zu verraten, die er gefunden hatte?
Aus den Nachrichten, die ich gelesen hatte, wusste ich, dass Clift schon lange einen Job bei DEC haben wollte. Vielleicht war das meine Chance. Ich brachte British Telecom dazu, mir seine geheime Privatnummer zu geben, und rief ihn an. Ich stellte mich ihm als Derrell Piper vor, der tatsächlich als
Weitere Kostenlose Bücher