Das Phantom im Netz
versuchte ich es mit den Leitungen, auf denen der Dauerton zu hören war. Es klingelte dreimal, bevor ein biep-biep-biep zu hören war. Ich versuchte es noch einmal. Und noch einmal. Egal, wie oft ich anrief, es war immer dasselbe. Was konnte das bedeuten? Vielleicht musste ich einen Code eingeben. Auf jeden Fall war es offensichtlich nicht die Leitung, die überwacht wurde.
Ich würde viel Spaß dabei haben, das Geheimnis dieser Nummer zu entschlüsseln.
Bei dem zweiten Anschluss, mit dem der erste Kasten verbunden war, antwortete jemand mit einem einfachen »Hallo?«. Das musste die Person sein, die abgehört wurde. Aus reiner Neugier rief ich bei der Betriebs- und Wartungszentrale an, um herauszufinden, wer der Unglückliche war.
Es war kein Privatanschluss, sondern eine Firma namens Teltec Investigations. Ich probierte die Nummern des zweiten und dritten Kastens aus. Alle gehörten zur selben Firma, Teltec Investigations.
Beim Abendessen erzählte ich meinem Dad, dass ich überprüft hatte, ob man unsere Telefonleitungen überwachte. Er verdrehte die Augen. Ich wusste genau, was er dachte: Mein Sohn glaubt wohl, er sei James Bond. Sonst würde er wohl kaum erwarten, dass ihn irgendjemand überwachen will. So was passiert doch nur in einem Agententhriller.
Ich versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass die Möglichkeit durchaus bestand, dass es aber keinen Grund zur Sorge gab. In der Nachbarschaft wurde tatsächlich jemand abgehört, aber es handelte sich um eine Firma namens Teltec Investigations, nicht um uns.
Ich lächelte, um ihm klarzumachen, dass er sich keine Gedanken machen sollte. Er sah mich überrascht an. »Teltec?!«
Ich nickte.
Es war ein weiterer dieser unwahrscheinlichen Zufälle. Aber mein Dad kannte Teltec. Er erklärte mir, es handele sich dabei um eine Privatdetektei, bei der Privatermittler und Wirtschaftsdetektive arbeiteten. Sie spürten die Vermögenswerte von Geschäftsleuten auf, die mehr als den ihnen zustehenden Anteil am Gewinn beiseitegeschafft hatten, oder von Männern, die bei einer Scheidung Geld auf geheimen Bankkonten versteckten, und so weiter. »Ich kenne Mark Kasden, den Geschäftsführer«, sagte mein Vater. Dann fügte er hinzu: »Am besten rufe ich ihn gleich mal an. Es interessiert ihn bestimmt, was du rausgefunden hast.«
Ich antwortete: »Warum nicht?« Ich dachte, der Typ wäre bestimmt dankbar für die Information.
Zwanzig Minuten später klopfte es an unserer Wohnungstür. Kasden war sofort rübergekommen. Dad ließ ihn rein und stellte uns vor. Der Typ war gedrungen und kräftig gewachsen, aber muskulös mit einem kleinen Pferdeschwanz, der wohl davon ablenken sollte, dass er oben kahl wurde. Er sah gar nicht so aus, wie ich mir einen Privatdetektiv vorgestellt hatte. Später fand ich heraus, dass er ein großer Harley-Fan war und über seine eigene Maschine immer sehr liebevoll sprach. Er war ein richtiger Weiberheld, immer auf der Jagd nach der nächsten Eroberung.
Ich sah mir den Mann an und fragte mich, warum gegen seine Firma wohl ermittelt wurde. Allerdings war ich mir sicher, dass er mir nichts anvertrauen würde, was ihn belasten konnte. Ich erklärte, dass ich überprüft hatte, ob man die Telefonleitungen meines Dads angezapft hatte.
»Die Leitungen sind sauber«, sagte ich ihm, »aber drei Leitungen von Teltec werden überwacht.«
Er reagierte ähnlich wie mein Vater. Er sah aus, als dächte er: Der Kleine hat sie nicht mehr alle. Der könnte niemals rausfinden, ob eine Telefonleitung abgehört wird. Ich fand es aufregend, jemandem erzählen zu können, was ich draufhatte. Es war cool. Normalerweise behielt man solche Sachen besser für sich, wenn man nicht im Schlafsaal eines Gefängnisses enden wollte.
»Sie glauben, ich kriege es nicht raus, wenn ein Telefon angezapft ist? Ich brauche nur meinen Computer und ein Telefon und kann überwachen, wen ich will.«
Sein Gesichtsausdruck sagte deutlich: Warum verschwende ich meine Zeit mit diesem Aufschneider?
Ich bot ihm eine Demonstration meines Könnens an. Seine Antwort klang skeptisch und überheblich: »Klar. Versuch mal, das Telefon meiner Freundin abzuhören.« Er gab an, sie wohne in Agoura Hills.
In meinem Notizbuch hatte ich die Einwahlnummern für die SAS Remote Access Points (RATPs) verschiedener Vermittlungsstellen im San Fernando Valley notiert. Ich suchte die Nummer des RATP in der Ortsvermittlung von Agoura raus, welche die Gegend abdeckte, in der Kasdens Freundin wohnte. Es
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