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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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durch und bekam Name und Adresse des Fahrers. Dann rief ich in einer internen Abteilung von PacTel Cellular an (es gab damals nur zwei Mobilfunkbetreiber für den Süden Kaliforniens, also hatte ich eine 50:50-Chance, den richtigen zu erwischen), nannte Name und Adresse des Typen und fand heraus, dass er tatsächlich bei PacTec Cellular unter Vertrag war. Die Dame am anderen Ende gab mir seine Handynummer, ­und etwa fünf Minuten nachdem dieser Typ mich geschnitten hatte, rief ich ihn an. Ich zitterte noch immer vor Wut und schrie: » He, Sie Vollidiot, ich bin der Mann, den Sie vor fünf Minuten so verdammt knapp geschnitten haben. Sie hätten uns beinahe beide umgebracht! Ich bin von der Zulassungsstelle, und wenn Sie noch einmal so einen Stunt hinlegen, wird Ihr Führerschein eingezogen! «
    Der Kerl muss sich bis heute fragen, wie jemand, der neben ihm auf der Autobahn fuhr, an seine Telefonnummer kommen konnte. Ich stelle mir gern vor, dass ich ihm einen furchtbaren Schreck eingejagt habe.
    Ehrlich gesagt hatte diese Lektion über die Gefahren des Telefonierens am Steuer keine anhaltende Wirkung auf mich. Nachdem ich den Verkehrslärm und die Huperei auf dem Freeway hinter mir gelassen hatte und gemächlich gen Vegas rollte, zog ich mein Handy hervor. Die erste Nummer war in mein Gedächtnis gebrannt: Sie gehörte der Pacific-Bell-Schaltzentrale, in der alle Verbindungen des westlichen San Fernando Valley zusammenliefen.
    »Canoga Park SCC, Bruce am Apparat«, meldete sich ein Techniker.
    »Hallo, Bruce«, sagte ich. »Hier ist Tom Bodett aus der Technik in Pasadena.«
    Der Name, den ich da eben aus dem Ärmel geschüttelt hatte, war damals viel zu bekannt. Bodett war ein Schriftsteller und Schauspieler, der Radiowerbung für Motel 6 machte und sich darin immer mit demselben Spruch verabschiedete: »Das war Tom Bodett. Ich lass Ihnen ein Licht an.« Ich hatte einfach den erstbesten Namen benutzt, der mir in den Sinn gekommen war. Aber Bruce schien nichts zu bemerken, also redete ich einfach weiter. »Wie läuft‘s?«, fragte ich.
    »Alles prima. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich hab einen ungewöhnlichen Störungsfall. Wir bekommen hier einen schrillen Ton, der klingt wie 1000 Hertz. Wir versuchen he­rauszufinden, woher der Anruf kam. Könnten Sie das für mich nachschauen?«
    »Sicher. Wie lautet Ihre Rückrufnummer?«
    Bruce hatte meine Stimme nicht erkannt, ich aber wusste genau, wer er war. Er war schon seit Jahren Ziel von Social-Engineering- und Phreaking-Attacken durch mich und andere und war so oft aufs Glatteis geführt worden, dass er inzwischen sehr vorsichtig reagierte. Jedes Mal, wenn er einen Anruf von einer ihm unbekannten Person bekam, die behauptete, zum Unternehmen zu gehören, verlangte er eine Rückrufnummer – und man war auf jeden Fall besser beraten, wenn er die angegebene Nummer als firmenintern erkannte. Er legte auf und rief dann zurück.
    Die meisten Telefonhacker denken entweder nicht daran oder wissen nicht, wie man an eine Rückrufnummer kommt. Sie versuchen es dann mit einer lahmen Ausrede à la »Ich gehe gerade in ein Meeting«. Bruce aber war gewappnet und würde sich nicht noch einmal reinlegen lassen. Also hatte ich vor meinem Anruf einen Pacific-Bell-Mitarbeiter überzeugt, dass ich ein Techniker des Unternehmens sei, der wegen einer Störung nach L.A. geschickt worden sei und vorübergehend eine örtliche Telefonnummer benötigte. Sobald das geregelt war, legte ich die Nummer auf mein Klonhandy des Tages. Als Bruce die korrekte firmeninterne Nummer gewählt hatte, die ich ihm angegeben hatte, klingelte mein Mobiltelefon.
    »Technik, hier spricht Tom«, meldete ich mich.
    »Hallo, hier ist noch mal Bruce.«
    »Danke für den Rückruf, Bruce. Könnten Sie diese Nummer in der Calabasas-Zentrale suchen: 880-0653? Und mir die Ursprungsdaten geben?« Ich bat ihn also kurz gesagt, den Anruf zurückzuverfolgen.
    »Ja, Sekunde mal«, antwortete er.
    Ich war furchtbar nervös. Wenn Bruce jetzt ein Auto hupen oder irgendwelche nicht bürotypischen Hintergrundgeräusche hörte, wäre ich ertappt. Diese Angelegenheit aber war zu wichtig und viel zu spannend, um vermasselt zu werden. Ich hörte Bruce tippen und wusste genau, was er eben tat: Er ließ die Schaltzentrale nach dem Anruf suchen.
    »Tom, ich hab‘s. Der Anruf kommt aus dem LA70-Tandem.« Ein Ferngespräch also, von außerhalb der Region um Los Angeles.
    Bruce gab mir dann noch die genauen Paketdaten, die ich brauchte,

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