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Das Phantom von Manhattan - Roman

Titel: Das Phantom von Manhattan - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth Wulf Bergner
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und erpreßt, um mir ihre Willfährigkeit zu sichern. Ich bin es, der Kauforders für große Aktienpakete aufstrebender Industrien im ganzen Land erteilt. Aber die Anweisungen kommen stets von ihm, die Kampagnen werden von ihm geplant, und er schreibt mir vor, was ich zu tun und zu sagen habe.«
    »Und? Beginnt sein Urteilsvermögen nachzulassen?«

    »Nein, Meister. Es ist so unfehlbar wie immer. Die Börse staunt über seine Kühnheit und seinen Weitblick, obwohl sie beides mir zuschreibt.«
    »Wo liegt dann das Problem, Diener?«
    »Ich frage mich, Meister, ob die Zeit gekommen ist, daß er abtritt und von mir beerbt wird.«
    »Diener, du hast brillante Arbeit geleistet - aber nur, weil du auch meine Anweisungen befolgt hast. Du bist begabt, das stimmt, und dessen bist du dir stets bewußt gewesen und nur mir treu ergeben. Aber Erik Mühlheim ist mehr als das. Wo es um Gold geht, stößt man nur selten auf ein wahres Genie. Er ist eines und noch viel mehr. Allein durch seinen Haß gegen die Menschheit angestachelt und durch dich zu meinem Diener geworden, ist er nicht bloß ein Reichtümer anhäufendes Genie, sondern gegen Skrupel, Prinzipien, Barmherzigkeit, Mitgefühl, Mitleid und vor allem wie du gegen Liebe immun. Ein einmaliges menschliches Werkzeug. Eines Tages wird auch seine Zeit kommen, und ich werde dir vielleicht befehlen, sein Leben zu beenden. Dann sollst du natürlich erben. Alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, wie ich es einst jenem anderen gegenüber ausgedrückt habe. Das bedeutet für dich heute ein Finanzimperium, das ganz Amerika umfaßt. Habe ich dich bisher jemals getäuscht?«
    »Niemals, Meister.«
    »Und hast du mich jemals verraten?«
    »Niemals, Meister.«
    »Nun, so sei es. Laß ihn noch einige Zeit gewähren. Erzähl mir mehr von dieser neuen Besessenheit und ihren Hintergründen.«

    »Seine Bücherregale waren schon immer voll von Partituren und Büchern über Opern. Aber als ich dafür gesorgt habe, daß er in der Metropolitan niemals eine Privatloge mit Vorhängen, um sein Gesicht dahinter zu verstecken, bekommen würde, schien er das Interesse daran verloren zu haben. Jetzt hat er Millionen in ein neues Opernhaus gesteckt.«
    »Bisher haben alle seine Investitionen gute Gewinne abgeworfen.«
    »Gewiß, aber dieses Unternehmen ist ein sicheres Verlustgeschäft, auch wenn es weniger als ein Prozent seines Gesamtvermögens ausmacht. Und das ist noch nicht alles. Seine Stimmung hat sich geändert.«
    »Wieso?«
    »Das weiß ich nicht, Meister. Ich weiß nur, daß der Auslöser dafür ein geheimnisvoller Brief aus Paris, wo er früher gelebt hat, gewesen ist.«
    »Erzähl mir mehr.«
    »Zwei Männer sind zu uns gekommen. Der eine ein schäbiger kleiner Reporter einer New Yorker Zeitung, der aber nur der Führer gewesen ist. Der andere ein französischer Rechtsanwalt. Er besaß einen Brief. Ich hätte ihn aufgerissen, aber er hat mich nicht aus den Augen gelassen. Als die beiden gegangen waren, ist er herunter gekommen und hat den Brief an sich genommen. Er hat sich an den Konferenztisch gesetzt und ihn gelesen. Ich habe so getan, als verließe ich den Raum, aber ich habe ihn durch einen Türspalt beobachtet. Als er aufgestanden ist, hat er wie verwandelt gewirkt.«
    »Und seither?«

    »Zuvor ist er lediglich der stille Teilhaber eines Mannes namens Hammerstein gewesen, des Erbauers und der treibenden Kraft bei der Errichtung des neuen Opernhauses. Hammerstein ist reich, aber er kann sich nicht mit ihm vergleichen. Erst Mühlheim hat genug Kapital zur Fertigstellung des Opernhauses eingebracht.
    Aber sein Engagement hat sich seit dem Eintreffen des Briefs noch verstärkt. Er hatte Hammerstein bereits mit reichlich Geld nach Paris entsandt, damit er eine Sängerin namens Nellie Melba dazu überredet, nach New York zu kommen und im neuen Jahr als Star der neuen Oper aufzutreten. Jetzt hat er dringend nach Paris gekabelt und Hammerstein aufgetragen, eine weitere Primadonna, die Rivalin der Melba, eine französische Sängerin namens Christine de Chagny, zu verpflichten.
    Er hat sich in die Programmgestaltung eingemischt, die zur Eröffnung geplante Oper von Bellini durch eine andere ersetzt und auf einer geänderten Besetzung bestanden. Und vor allem verbringt er seine Nächte damit, wie ein Verrückter zu schreiben …«
    »Was zu schreiben?«
    »Musik, Meister. Ich höre ihn im Penthouse über mir. Jeden Morgen liegen frisch beschriebene Notenblätter herum. Bis tief in die Nacht

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