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Das Phantom von Manhattan - Roman

Titel: Das Phantom von Manhattan - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth Wulf Bergner
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Dinner mit Lillian Russel, in deren Dekolleté
man die »SS-Majestic« versenken könnte. Wißt ihr übrigens, wie Diamond Jim ißt? Ich hab’s schon gehört, aber nie glauben wollen, bis ich’s gestern abend mit eigenen Augen gesehen habe. Er nimmt auf seinem Stuhl Platz und mißt genau fünf Zoll, nicht mehr und nicht weniger, zwischen Magen und Tischkante ab. Danach bewegt er sich nicht mehr, sondern ißt und ißt, bis sein Bauch den Tisch berührt.
    Inzwischen ist Charlie D. fertig. Er erklärt mir, daß der Frenchie ein Mon-sewer Armand Dufour ist, ein Anwalt aus Paris, der mit einem höchst wichtigen Auftrag nach New York gekommen ist. Er muß den Brief einer Sterbenden einem gewissen Erik Mühlheim überbringen, der möglicherweise in New York wohnt oder auch nicht. Er hat alles versucht, um ihn ausfindig zu machen - bisher jedoch ergebnislos. Vorerst muß auch ich passen. Von einem Kerl dieses Namens habe ich noch nie gehört.
    Aber Charlie D. streicht sich über seinen Bart, als denke er angestrengt nach, dann sagt er: »Mr. Bloom« - ganz förmlich -, »haben Sie schon einmal von der E. M. Corporation gehört?«
    Also, frage ich euch, ist der Papst katholisch? Natürlich habe ich von ihr gehört. Unglaublich reich und mächtig und völlig zugeknöpft. An mehr börsenorientierten Firmen beteiligt als jeder andere außer J. Pierpont Morgan, und niemand ist reicher als J. P. Um mich nicht übertreffen zu lassen, sage ich: »Klar, die hat ihren Sitz in E. M. Tower in der Park Row.«
    »Richtig«, sagt Mr. D. »Nun, es wäre denkbar, daß
die äußerst zurückhaltende Persönlichkeit an der Spitze der E. M. Corporation Mr. Mühlheim heißt.« Sagt jemand wie Charlie Delmonico »es wäre denkbar«, heißt das, daß er etwas gehört hat, aber auf keinen Fall zitiert werden will. Zwei Minuten später sind wir wieder auf der Straße. Ich halte eine vorbeifahrende Droschke an, und wir traben downtown in Richtung Park Row.
    Seht ihr jetzt, warum man als Reporter den besten Job in der ganzen Stadt haben kann, Jungs? Angefangen hat’s damit, daß ich einem Frenchie, der ein Problem hatte, helfen wollte, und jetzt bietet sich mir die Chance, den menschenscheuesten Einsiedler New Yorks, den unsichtbaren Mann, persönlich zu treffen. Gelingt mir das? Bestellt mir noch ein Bier, dann erzähl ich’s euch.
    Wir erreichen die Park Road und halten vor dem E. M. Tower. Mann, ist der hoch! Er ist riesig, und seine Spitze kratzt fast an den Wolken. Alle Büros sind geschlossen, weil’s inzwischen dunkel ist, aber die Eingangshalle ist erleuchtet und mit einem Pförtner besetzt. Also klingle ich. Er kommt, um zu fragen, was wir wünschen. Ich sag’s ihm. Er läßt uns in die Eingangshalle und ruft jemanden übers Haustelefon an. Es muß das Haustelefon sein, weil er kein Amt verlangt. Dann spricht er mit jemandem und hört zu. Dann will er, daß wir den Brief dalassen, damit er weitergegeben werden kann.
    Darauf lasse ich mich natürlich nicht ein. Bestellen Sie dem Gentleman oben, sage ich, daß Mon-sewer Dufour die weite Reise von Paris hierhergemacht und
den Auftrag hat, diesen Brief persönlich zu übergeben. Der Pförtner gibt das weiter und drückt mir dann den Hörer in die Hand. Eine Stimme sagt: »Mit wem spreche ich?« Ich sage: »Charles Bloom, Esquire.« Und die Stimme erwidert: »Mit welchem Auftrag sind Sie hier?«
    Aber ich habe nicht vor, der Stimme zu erzählen, daß ich von der Hearst Press komme. Ich habe bereits den Eindruck, daß das geradewegs zu einem Rausschmiß führen würde. Deshalb behaupte ich, daß ich die Pariser Anwaltskanzlei Dufour und Partner in New York City vertrete. »Und mit welchem Auftrag sind Sie hier, Mr. Bloom?« fragt die Stimme, als käme sie geradewegs von der Großen Neufundlandbank. Also wiederhole ich, daß wir Mr. Erik Mühlheim einen höchst wichtigen Brief persönlich zu übergeben haben. »Hier wohnt niemand dieses Namens«, antwortet die Stimme, »aber wenn Sie den Brief beim Pförtner abgeben, sorge ich dafür, daß er seinen Empfänger erreicht.«
    Nun, darauf lasse ich mich nicht ein, denn das ist gelogen. Wer weiß, vielleicht spreche ich sogar mit Mr. Unsichtbar persönlich. Also versuche ich’s mit einem Bluff. »Richten Sie Mr. Mühlheim nur aus«, sage ich, »daß dieser Brief von...« - »Madame Giry«, sagt der Anwalt - »…von Madame Giry stammt«, wiederhole ich am Telefon. »Warten Sie«, sagt die Stimme. Wir warten wieder. Dann meldet der Mann sich erneut.

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