Das Prinzip Selbstverantwortung
verbindlichen Erkenntnis oder Macht; die einzige Haltgewinnung, die uns heute bleibt, ist die Haltung.«
Im folgenden geht es mir deshalb darum, der Wüste der organisierten Unverantwortlichkeit in den Unternehmen die Oase der Selbstverantwortung entgegenzustellen. Selbstverantwortung ist der lebenspendende Brunnen, der uns befähigt, in der Wüste zu leben, ohne uns mit ihr zu versöhnen. Wer darauf verzichtet, diese Oasen mit Leben zu erfüllen, wer vor der eigenen Verantwortung in die passive Verdrossenheit flieht, trägt dazu bei, dass auch die eigene Oase verwüstet wird.
Der Satz »Was kann ich dafür?« ist dann nur um ein kleines Wort zu erweitern: »Was kann ich dafür … tun?«
|39| PHILOSOPHISCHES HAUPTSTÜCK
Eine alte Geschichte
Und Adam versteckte sich mit seiner Frau unter den Bäumen des Gartens. Gott rief Adam und sprach: »Wo bist du?« Er antwortete: »Ich habe dich im Garten kommen hören; da geriet ich in Furcht und versteckte mich.« Darauf fragte Gott: »Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe?« Adam antwortete: »Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben, und so habe ich gegessen.« Gott sprach zu der Frau: »Warum hast du das getan?« Die Frau antwortete: »Die Schlange, sie hat mich verführt, und so habe ich gegessen.«
Ein Glück, dass die Schlange nicht sprechen kann. Sonst hätte sie wahrscheinlich etwas von der lockenden Lieblichkeit roter Apfelbäckchen erzählt, der zu widerstehen ihr unmöglich gewesen sei. (»Und überhaupt – warum hängt da auch ein Apfel?«) Ließ Gott den Adam in den Apfel beißen, um ihm zu zeigen, dass er sich selbst veräppelt hat?
Wenn es stimmt, dass uns in den Weltreligionen Urmenschliches gespiegelt wird, dann ging es früh los mit der Verschiebung der Verantwortung |40| . Jedenfalls müssen wir seitdem arbeiten. Aus dem Paradies vertrieben, essen wir nun unser Brot im Schweiße unseres Angesichtes und schlagen uns mit Dornen und Disteln herum. Aber es ist wenigstens nicht mehr langweilig.
Bezeichnenderweise sichert Gott den Baum der Erkenntnis weder durch hohe Mauern noch flammenbeschwertete Cherubinen ab. Der freien Entscheidung der neuen menschlichen Akteure wird alles Weitere anheim gestellt. Ein Schöpfungswerk zu vollbringen, das ihn,
unseren
Schöpfer, erfreut? Die Geschichte setzt die schöpferische Neuverbindung von Wählen, Wollen und Antworten frei: die Gussform menschlicher Werk-Fähigkeit, die Basis menschlicher Arbeit.
In diesem Licht erscheint die Vertreibung aus dem Paradies wie die List der Vernunft: sie inthronisiert den Menschen als voll verantwortlichen Schöpfer seiner »eigenen« Welt. Sind wir bereit, das Falschgeld unserer Illusionen gegen die bare Münze der Selbstverantwortung zu tauschen? Vor Gott und dem Leben ist die Sache klar: Ausreden gelten nicht.
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Wählen
Die Verantwortung für alles, was Sie tun oder lassen,
beginnt bei Ihnen – und sie endet bei Ihnen.
»Ich arbeite freiwillig!« – Die spöttische Bemerkung eines älteren Managers überraschte alle Anwesenden. Auch mich. Überraschte deshalb, weil sie auf etwas eigentlich Selbstverständliches verwies, jedoch mit der Verbindung von »arbeiten« und »freiwillig« sprachlich ungewohnt, ja scheinbar sinnwidrig war. Sie riss eine Bedeutungsebene auf, die unter der Alltagshektik verschüttet ist: die »Autonomie« oder die »Freiheit der Wahl«.
Nun möchte ich dieses Thema nicht auf dem freien Feld akademischer Vollständigkeit diskutieren, sondern
praktisch
machen. Was leistet ein Besinnen auf Wahlfreiheit für das Commitment am Arbeitsplatz?
Selbstgewählt
Wenn von »Wahl« im Zusammenhang mit Unternehmen die Rede ist, dann fällt den meisten Menschen ein, dass sie dieses Unternehmen irgendwann einmal ausgesucht, anderen Firmen vorgezogen haben. Vielleicht spielten rein lebenspraktische Überlegungen dabei eine Rolle, etwa der Fahrweg, die Anbindung an die Familie, |42| der Freundeskreis. Später ist von Wahl dann häufig nur noch mit der Beifügung »keine« die Rede. Ein Gefühl des Ausgeliefertseins klingt an.
Keine Wahl? Vorsicht! Der Weg der inneren Begründungen führt direkt in eine Sackgasse. Machen wir eine Momentaufnahme:
Sie haben Ihre berufliche Situation, so wie sie jetzt ist,
frei gewählt.
Und damit sind Sie auch für die Konsequenzen Ihrer Wahl
selbst verantwortlich.
Dies mag in Ihren Ohren zynisch klingen, wenn Sie gerade Ärger mit missgünstigen Kollegen haben oder
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