Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
Vom Netzwerk:
können, wenn sie wollten, aber aus Gründen nicht tun,
für die nur sie selbst verantwortlich
sind
. Dass sie diesen Chef, der vielleicht so gar nicht ihren Erwartungen entspricht, jeden Tag wieder und wieder wählen. |45| Dass sie zu diesem Mitarbeiter, über den sie sich mit periodischer Regelmäßigkeit bis zur Weißglut aufregen, jeden Tag »Ja« sagen. Die Nachbarabteilung, die so furchtbar lahm ist und überhaupt nicht aus den Sträuchern kommt – sie wählen sie täglich; das Gehalt, das natürlich immer ein wenig zu niedrig ist, auch das wählt jeder an jedem Letzten oder Ersten des Monats.
    Es ist hilfreich, die ganze Bandbreite von täglichen Wahlentscheidungen einmal vor unserem Gehirnkino ablaufen zu lassen. Jeder Mitarbeiter trifft im Unternehmen täglich etliche produktivitätsrelevante Wahlentscheidungen, die je nach Einstellung und Motivation so oder anders ausfallen. »Soll ich diese Berechnung noch heute fertig machen, oder hat das Zeit bis morgen? Soll ich noch mal bei dem Kaufinteressenten vorbeifahren, oder soll ich mir das schenken? Soll ich warten, bis ich von der Nachbarabteilung angesprochen werde, oder soll ich von mir aus aktiv werden? Soll ich trotz der leichten Erkältung zur Arbeit gehen, oder soll ich lieber ein paar Tage ›krankfeiern‹? Soll ich meinen Kollegen von den Schwierigkeiten beim Kunden XY unterrichten, oder soll er selbst seine Erfahrungen machen?« Dieses Wählen findet meist
unbewusst
statt. Eben weil es häufig unbewusst geschieht, fällt es uns kaum noch auf und dümpelt in einem toten Winkel unseres Alltagsbewusstseins. Wird es aufgedeckt, sagt man: »Na klar!« – und es wird sofort wieder vergessen.
    Zum Beispiel Streit: Wenn einer nicht will, können zwei nicht miteinander streiten. Niemand kann Ihnen einen Konflikt aufzwingen. Sie
wählen
den Streit. Sie können ihn auch abwählen, nach dem Motto: »Unrat lässt man vorbeifließen.« Wenn Sie das nicht wollen, wollen Sie irgendeinen Nutzen sichern, den Ihnen dieser Konflikt liefert. Denn niemand steigt in einen Konflikt ein, wenn er nicht einen Vorteil davon hat. Genau das aber wollen viele nicht wahrhaben: »Er zwingt mich ja dazu, etwas gegen ihn zu unternehmen!« Unsinn: Niemand kann Sie zwingen; Sie entscheiden selbst.
    Zum Beispiel Macht: Viele Menschen erleben sich als »machtlos«. Insbesondere in Konfliktsituationen z. B. mit dem eigenen Chef überwiegt das Gefühl des Ausgeliefertseins, der Ohn-Macht. Ein Missverständnis. Roden wir den Dschungel der Ohnmacht |46| ! Denn auch zur Macht gehören immer zwei: einer, der sie ausübt, und einer, der das zulässt:
    Macht wird immer nur verliehen.
    Sie geben Ihrem Chef Macht über sich. Das müssen Sie nicht. Im äußersten Fall können Sie ihn sogar abwählen. (Darüber, ob Sie Ihren Chef nicht besser als Herausforderung annehmen sollten, sage ich an anderer Stelle etwas.) Wenn Sie ihn aber nicht abwählen wollen – aus sicher guten, respektablen Gründen nicht abwählen wollen! –, ist auch das das Ergebnis Ihrer Entscheidung. Niemand hat Macht über Sie. Wählen Sie die Ohnmacht ab! Der eigentliche Machthaber sind immer Sie selbst.
    Ich weiß, der Augenschein widerspricht mir. Aber Sie haben nach den Regeln unseres Wirtschaftssystems die Möglichkeit mitgewählt, vom Chef versetzt, befördert, gefeuert zu werden. Führung kann nämlich zaubern. Sie aber auch: Jeder, der mal einen Chef oder eine Firma abgewählt hat, kennt das Gefühl der Befreiung, das plötzlich und gleichsam aus dem Stand sich einstellt. Alles, was eben noch unglaublich wichtig, dringend und lebensbestimmend war, ist wie weggezaubert. So, als hätte jemand das Licht angeknipst. Nichts von dem hat mehr Bedeutung, es ist so, als existierte das alles gar nicht. Manchmal ist es ratsam, sich dieses Gefühls zu erinnern. Und manchmal ist es ratsam, dieses Gefühl zu erneuern. Louise Beal schrieb: »Liebe Deine Nachbarn, aber wähle Deine Nachbarschaft.«
    Immer dann, wenn Sie anfangen, über den Chef oder die Firma zu lamentieren – dann haben Sie vergessen, dass Sie sie ausgesucht haben. (Was keineswegs heißt, dass Sie nicht alles daransetzen sollten, den unbefriedigenden Zustand zu ändern. Aber dazu später mehr.)
    Das Schweigen
    Das Problem mit dem Rattenfänger ist niemals der Rattenfänger; es sind immer die Ratten. Solange sich kein Widerstand regt, kann jeder Chef davon ausgehen, dass der Mitarbeiter mit seiner Entscheidung |47| einverstanden ist. Sonst würde der Mitarbeiter ja

Weitere Kostenlose Bücher