Das Prinzip Selbstverantwortung
Selbstverantwortung des einzelnen und einer verantwortlichen Unternehmenskultur praktisch sind. Wie alle perspektivischen Ideen setzen auch die hier vorgeschlagenen Denkfiguren den selbstverantwortlichen Einzelnen voraus, der für sich selbst entscheiden muss, was er für wahr hält.
Wer sich allerdings nach der Lektüre bestätigt fühlt – und die meisten Menschen wollen durch Bücher bestätigt werden –, der hat wenig gewonnen. Derjenige, der überhaupt nicht meiner Meinung |16| ist, hat die Chance zu größerem Gewinn. Mit Max Frisch erhoffe ich mir, »dass der Leser vor allem den Reichtum seiner eigenen Gedanken entdeckt«.
Ja, es gibt noch etwas zu sagen – für jene, die sich einer optimistischen Praxis verschrieben haben. Karl Popper sagte: »Nichts aber ist verantwortungsloser als Pessimismus.«
Macht hat, wer macht.
Es ist einfach praktisch, so zu denken.
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Organisierte Unverantwortlichkeit
Im Unternehmen ist der Kelch der Verantwortung
ein Wanderpokal.
Ralph Stayer, Chairman von Johnsonville Foods, hat schlechte Erfahrungen gemacht: »Wir waren der Alleinlieferant eines großen Kunden. Dieser drohte ständig mit einem zweiten Lieferanten, weil er um unsere Lieferfähigkeit fürchtete. ›Seien Sie unbesorgt‹, versicherte ich immer wieder, ›wir werden stets pünktlich liefern.‹ Eines Tages erhielten wir den dringenden Auftrag, die Standardversion eines Produktes kurzfristig zu modifizieren und unbedingt am nächsten Tag zu liefern. Unsere Leute mobilisierten alle verfügbaren Ressourcen und schafften es tatsächlich. Sie verpackten das Produkt und beauftragten wie üblich das Transportunternehmen mit der Auslieferung. Aufgrund technischer Probleme kam der LKW-Fahrer jedoch nicht. Er erschien erst am nächsten Tag, und entsprechend verspätete sich die Auslieferung. Seitdem sind wir nicht mehr Alleinlieferant. Die Entschuldigung unserer Mitarbeiter: ›Wir können den Transportfahrer nicht kontrollieren. Er arbeitet nicht bei uns. Wir haben unseren Job gemacht. Mehr konnten wir nicht tun.‹«
|18| Aufbruch in Fluchtrichtung
In den Unternehmen grassiert das Opferbewusstsein. Kaum jemand übernimmt die volle Verantwortung für seine Leistung. Der ständige Klageton des Ausweichlers artikuliert den hartnäckigen Willen zur Ohnmacht: Was kann ich schon tun? Die Sprache spricht: »
Sie
lassen es nicht zu.« – »
Die anderen
sind das Problem.« – »Wenn
die
sich nicht so dumm anstellen würden, würde alles prima klappen.« – »Der Vorstand macht keine klaren Vorgaben!« Entspricht der Vorstand dann den drängenden Erwartungen, wird über die Vorgaben lamentiert. Wenn der Wettbewerber den Auftrag erhalten hat: »Der Kunde hat nicht verstanden, was unser Produkt alles kann.« Wenn der Mitarbeiter nicht das tut, was andere von ihm erwarten (und dazu auch noch begeistert ist): »Unmotivierter Schwachleister!« – »
Ich
will das ja nicht, der Chef will das!« – »Oben« ist verantwortlich! »Unten« ist verantwortlich! Der Gruppenleiter ist dafür verantwortlich, dass die Mitarbeiter am Bankschalter freundlich und effizient sind! Der Qualitätsmanager ist verantwortlich für Qualität (wofür sonst?)! Der Personaler für das Personal! Das Bezahlungssystem ist schuld! »Wir« wären sehr erfolgreich, wenn »die« sich nicht querlegen würden. »Aber wir sind ein zu großes Unternehmen!« – »Aber wir sind ein zu kleines Unternehmen!« Und heute ist Föhn und außerdem Dienstag.
Es gibt Unternehmen, die sind reine Opferclubs. Da wird von morgens bis abends gejammert. Über die Eisheiligen auf der Vorstandsetage, über die unkooperative Nachbarabteilung, über die initiativelosen Mitarbeiter, über die Schönschwätzer im Krawattenbunker, über die Ignoranten an den Maschinen, über die rückstandslosen Geldvernichter in den Stabsabteilungen, über die Kunden, die sowieso nur stören. In einem Berliner Warenhaus wird der Übergang zwischen zwei Verwaltungstrakten »Seufzerbrücke« genannt. Und der Sage nach haben die beiden Firmengründer Hewlett und Packard die für das Unternehmen so charakteristischen Großraumbüros nur deshalb eingeführt, weil sie wussten, dass für manche ihrer Mitarbeiter jede Bürowand eine Klagemauer ist.
|19| Dürfte man vom Zustand der Unternehmen auf die Natur der Mitarbeiter schließen, so müsste man den Menschen als Wesen definieren, das, solange es irgendwie geht, vor der Verantwortung ausweicht. Dr. Kimble ist überall. In Deutschland hat die
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