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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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daher:
    Halten Sie Ihre Commitments.
Immer!
    Commitments sind nicht gut oder schlecht. Sie regeln die Zusammenarbeit zwischen Menschen. Wenn Sie Ihre Verpflichtungen |221| ernst nehmen, werden es auch andere tun. Wenn Sie Ihre Commitments brechen, werden auch die anderen sie brechen. Und Sie haben »Ja« zu diesem Commitment gesagt. Wichtig ist nicht, ein Commitment zu halten, weil das moralisch wäre oder in den Augen der anderen die Reputation erhöht. Sondern um die Selbstachtung zu schützen.
    Die Marketingleiterin einer großen deutschen Brauerei erzählte mir dazu folgende Geschichte: »Auf einer Geschäftsreise hatte ich bis zum Weiterflug einige Stunden Aufenthalt in Istanbul. Ich wollte mir den Basar anschauen und nahm ein Taxi. Der Taxifahrer gab mir zu verstehen, dass er mich gerne zum Flughafen zurückbringen würde. Wir vereinbarten also Ort und Zeitpunkt. Etwa zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit war ich am Treffpunkt. Jede Minute hielt nun irgendein Taxi und wollte mich zum Einsteigen bewegen. Obwohl, wie ich zugeben muss, die Versuchung groß war, wartete ich geduldig bis zur vereinbarten Zeit. Es kam, wie es kommen musste: Mein Taxifahrer war nicht da. Ich wartete noch weitere fünf Minuten, dann nahm ich ein anderes Taxi. Auf dem Weg zum Flughafen machte ich mir zunächst Vorwürfe: Wie konnte ich nur so furchtbar naiv sein? Dann aber wurde mir klar, dass ich richtig gehandelt hatte: um meinetwillen. Es ging nicht darum, dem Taxifahrer einen Gefallen zu tun. Es ging darum: Ich halte meine Vereinbarungen.«
    Wer sein Commitment bricht, schwächt sich selbst, fühlt die innere Selbstabwertung: Ich bin nicht vereinbarungsfähig. Ich kann mir nicht trauen. Der wird dann auch anderen nicht trauen. Und es ist sehr schwer, jemandem zu glauben, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle gelogen hätte.

|222|
Die Krise der Glaubwürdigkeit
    Unternehmens-Botschaften geraten nicht dadurch in Schwierigkeiten,
dass man sie angreift, sondern dass man sie ernstnimmt.
»Es ist völlig unwichtig, wann und wo Sie arbeiten, bei uns zählt nur das Ergebnis.« Sagte der Chef bei der Einstellung. Vierzehn Tage später trifft er die neue Mitarbeiterin auf dem Gang: »Man sieht Sie aber selten hier!«
»Wir wollen den Mitarbeiter mit Initiative und Mut zur eigenen Entscheidung.« Sagen die Unternehmensleitlinien. Falls der Mitarbeiter dann mutig ist und etwas geht schief, bekommt er einen auf den Deckel: »Was fällt Ihnen eigentlich ein, sich soweit aus dem Fenster zu lehnen?«
»Wir führen dialogisch!« Oberster Führungsgrundsatz eines deutschen Pharmaherstellers. Top down vom Vorstand erlassen. Entschieden monologisch. Die Form sagt, dass der Inhalt gelogen ist.
    Ich möchte im Folgenden auf Erfahrungen aufmerksam machen, die umgangssprachlich (und zutreffend) von vielen Mitarbeitern und Führungskräften als »schizophren« beschrieben werden und die in besonderer Weise geeignet sind, eine Diagnose Burkhard Sievers’ zu erhellen: »Unsere Institutionen weisen in der Mehrzahl |223| eine eigenartige Spaltung zwischen … ihren verbindlichen Mythen einerseits und der tatsächlichen Erfahrung ihrer Mitglieder andererseits auf.«
    Insbesondere Unternehmen, die den Gedanken der Unternehmenskultur bejaht haben, sind sehr häufig in die Falle der paradoxen Fehlprogrammierung gegangen, die den CI-schwangeren Wunschbildern ihre Profilschärfe nimmt. Man programmiert die kollektive Psyche des Unternehmens häufig ungewollt (manchmal jedoch auch: entweder gewollt oder grob fahrlässig) mit widersprüchlichen Signalen – und stürzt die Mitarbeiter in einen lebhaften Zwiespalt: Man kann sich aussuchen, wie es denn eigentlich gemeint war.
    Da gibt es offene Widersprüche zwischen Führungsrichtlinien und anderen Vorschriften; verdeckte Widersprüche zwischen Unternehmensleitsätzen und gelebter Wirklichkeit; das Belohnungsverhalten des Unternehmens spricht eine andere Sprache als die proklamierte Moral: da wird eine sozial völlig unfähige Führungskraft bis in die Top-Etage hochbefördert, während die Unternehmensleitsätze die »kommunikative Kompetenz« als obersten Kulturwert ausweisen – es sind immer zwei mögliche Maßstäbe, an denen man sich – will man ein guter Mitarbeiter sein – orientieren soll. Die Grundbotschaft lautet: »Tue, was ich sage, und nicht, was ich will. Aber tue auch, was ich will, und nicht, was ich sage.« Entscheidungsneurose als Alltagserfahrung: Man weiß nicht, ob man sich die Haare

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