Das Prinzip Selbstverantwortung
sollte man Personalakten nicht lesen, sondern besser wiegen.
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Commitment für Vereinbarungen
Ein Commitment ist weder gut noch schlecht.
Ein Commitment ist ein Commitment.
Das Lieblingsspiel der Manager ist zugleich das aussichtsloseste: Mitarbeiter ändern zu wollen. Es läuft nach dem absurden Motto: »Du musst dich ändern, damit es mir besser geht.« Das tut der andere aber nicht. Menschen sind keine trivialen Maschinen, die sich auf Knopfdruck bewegen. Das System »Mensch« ist zwar durch externe Einflüsse beeinflussbar, aber nicht steuerbar. Der Mensch verändert sich nur,
wenn er selbst es will
. Entwicklung ist nicht ausgeschlossen. Aber keine Führungskraft kann den Mitarbeiter »entwickeln«.
Mitarbeiter sind, wie sie sind. Es ist verschwendete Energie, den anderen an die eigenen Erwartungen anpassen zu wollen. Die Frage für Führung kann nur lauten: Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem ›So wie er ist‹? Das zielt u. a. auf den Organisationsrahmen, auf die Einsatzbedingungen, auf die Leistungsmöglichkeiten. Aber das ist hier nicht mein Thema, sondern die Notwendigkeit klarer Absprachen im Mikrokosmos Führungskraft/Mitarbeiter.
|215| Verhandlung
Ob Unternehmen – was das Thema Selbstverantwortung angeht – wirklich erneuerungsfähig sind, hängt davon ab, ob Menschen sich einbringen können. Dass sie die Erfahrung machen, persönlich mit ihrer Begabung, ihrem Engagement und ihren Interessen gefragt zu sein. Dass sie erleben, dass es sinnvoll und wirksam ist, mitzumachen. Nur wer
etwas
und
sich
einbringen kann, bleibt auf der Bühne. Kein Chef hat die Macht, Mitarbeiter zu zwingen, Aufgaben qualitativ gut zu erfüllen, mit denen sie nicht einverstanden sind. Menschen machen das gut, was sie machen wollen. Menschen machen das nicht gut, was sie nicht wollen.
Aber was ist »gut«? Leistung ist erwartungsabhängig. Wie die tatsächlich erzielten Resultate sich gegen die Erwartung ausnehmen, das entscheidet, ob etwas als Erfolg oder als Misserfolg bewertet wird. Im Regelfall werden diese Erwartungen top down gedacht; etwa: »Der Mitarbeiter muss wissen, was von ihm erwartet wird.« Ich habe an anderer Stelle darauf verwiesen, wie Erwartungen zustande kommen und welche befindlichkeitssteuernde Kraft von ihnen ausgeht. In einem verantwortlich zuständigen Unternehmen, dem es nicht um Anpassung, sondern um Commitment geht, werden Erwartungen nicht dekretiert, sondern verhandelt.
Alles ist verhandelbar! – Diese Devise gilt unter Partnern. Jeder hat ein Recht, Erwartungen zu haben und sie zu formulieren, sowohl als Führungskraft als auch als Mitarbeiter: »I’ll go east, because I’ll go to the beach«, und: »I’ll go west, because I’ll go to the beach.« Wenn Sie als Führungskraft vorschnell sagen: »Das ist nicht verhandelbar«, dann haben Sie das lebendige Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter an diesem Punkt getötet. Dort ist dann nur noch Friedhofsstille.
Es ist einfach praktischer,
mit
den Energien der Mitarbeiter zu fließen, als
gegen
sie zu kämpfen. Und es ist besser, den natürlichen Fluss sanft zu steuern, als Dämme zu bauen und Wälle aufzurichten. Wenn ich z. B. im Seminar dafür plädiere, Ausnahmeregelungen zu verhandeln, dann wird mir nicht selten entgegengehalten: »Wo kommen wir denn da hin?« – »Da kann ja jeder |216| kommen!« – »Dann schaffen wir ja Präzedenzfälle!« Dabei wissen wir aus den Naturwissenschaften seit Jahrzehnten, dass ein lebendiger Organismus, der keine Ausnahmen mehr zulässt, schon gestorben ist. Er ist nicht mehr in der Lage, sich an wechselnde Umweltbedingungen flexibel anzupassen. Wir brauchen aber Standbein
und
Spielbein, um uns zu bewegen. Diese Flexibilität, dieses individuelle Eingehen auf den anderen, die Neigung des Ermöglichens, das ist das Wichtige. Tusch! Das Geheimnis guter Führung:
Why not?
Warum eigentlich nicht? Die allermeisten Führungskräfte sind mit der Einstellung in der Welt: »Yes, but …« Sie sehen sich in erster Linie als Verhinderer, als Hüter der Regeln, als Ordnungskräfte, als innerbetriebliche GSG 9. Sie fackeln mit reflexhafter Geschwindigkeit zig Argumente ab, wieso etwas
nicht
funktioniert, anstatt auch nur einmal zu prüfen, ob es nicht vielleicht doch funktionieren könnte. »Was können wir tun, um es doch zu ermöglichen?« – Das ist die Haltung des »Why not?«. Das ist die Haltung des Ermöglichers und nicht des Verhinderers. (Das gilt auch für dieses Buch: Ich wünsche
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