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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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mir sehr, dass Sie dieses Buch in der Haltung des »Why not?« statt in der Haltung des »Yes, but …« lesen.) Warum eigentlich nicht … z. B. Ausnahmen verhandeln und ggf. auch wieder zurücknehmen? Ist nicht jeder von Ihnen eine Ausnahme wert?
    Nur über das »Why not?« nutzen wir auf dem Verhandlungswege die Chancen, die in einer selbstbewussten Zusammenarbeit selbstständiger Mitarbeiter stecken.
    Vereinbarung
    Wann immer ich einen Manager sagen höre: »Ich habe entschieden …«, höre ich zweierlei: erstens – es wird nicht oder nur unteroptimal funktionieren; zweitens – er hat ein anstrengendes Leben. Bekannt ist seit langem eine wichtige wirkungspsychologische |217| Verschiebung: Bei Top-down-Entscheidungen schauen die Mitarbeiter immer zuerst, warum es
nicht
funktionieren kann; sie schauen reflexhaft auf das, was fehlt. Denn eine Entscheidung heißt Entscheidung, weil sie scheidet. Wer glaubt, allein entscheiden zu müssen, hat sich häufig von seinem Mitarbeiter ge-schieden. Das ist nicht gut oder schlecht. Aber es hat Konsequenzen. Was Sie auf diese Weise bekommen, ist allenfalls eine Anpassungs-Leistung. Vielleicht reicht Ihnen ja die Anpassungs-Leistung Ihrer Mitarbeiter. Aber dann sollten Sie die Selbstverantwortung abhaken. Was Sie auf diese Weise aber niemals bekommen, ist – Commitment.
    Hingegen: Eine Vereinbarung ist eine Ver-Ein-barung. Sie ist kein Diktat. Keine Ziel-Setzung. Keine Top-down-Entscheidung. Sie ist weder autoritär vorgegeben noch demokratisch abgestimmt, sondern das Ergebnis gemeinsam erarbeiteter Ein-Sicht. Sie kommt zustande durch ein Gegenstrom-Verfahren. Dieses Verfahren hat mit kooperativem Führungsstil nur wenig zu tun. (Der beginnt bekanntlich mit einer autoritären Entscheidung darüber, welche Entscheidungen die Mitarbeiter innerhalb vorgegebener Richtlinien selbstständig treffen dürfen.) Eine Vereinbarungs-Kultur hat schlicht etwas mit vorausschauendem Klugheitskalkül zu tun. Denn tragfähig und verbindlich sind nur und ausschließlich solche Vereinbarungen, in denen der Partner wirklich mitbestimmend einbezogen wurde. Vereinbarungen, in denen das nicht der Fall ist, sind keine.
    Was für das Völkerrecht gilt, das gilt auch für das Unternehmen: Verträge sind nur so lange etwas wert, wie sie allen Beteiligten nützlich erscheinen. Vereinbarungen entfalten dementsprechend nur dann ihre bindende Kraft, wenn sie niemanden zum Verlierer machen. Es müssen
Gewinner-Gewinner-Vereinbarungen
sein. Diese Mechanik ist andernorts hinreichend beschrieben worden. Wichtig ist: Wenn Sie, weil Sie Chef sind, 100 Prozent Ihrer Interessen in einer Verhandlung durchgesetzt haben, sollten Sie sehr nachdenklich sein.
    Das schlagkräftigste Argument für eine Gewinner-Gewinner-Vereinbarung ist das
langfristige Selbstinteresse
. Wenn Sie nur kurzfristige Kooperationsinteressen verfolgen, wenn Sie Mitarbeiter |218| austauschen können wie gebrauchte Hemden, mag es angehen, den anderen zu übervorteilen; allenfalls stellt sich eine Frage individueller Moral. Arbeiten Sie mit Ihrem Mitarbeiter aber längerfristig zusammen, dann ist es einfach unpraktisch, ihn zum Verlierer zu machen. Er wird sich auszahlen lassen: Menschen balancieren sich immer! Die Energie und Qualität des gemeinsamen Spiels sinkt. Wenn Sie glauben, das Vereinbaren koste zu viel Zeit, dann bedenken Sie bitte, wie viel Zeit es kostet, den Mitarbeiter nicht zu beteiligen. Viel klüger ist es, Vorteile für beide Seiten zu suchen: den Punkt zu finden, an dem beide aus vollem Herzen »Ja!« sagen. Nur dann fühlen sich beide Partner mit einer Vereinbarung wohl; nur dann fühlen sich beide Partner verpflichtet; nur dann ist die wesentliche Voraussetzung erfüllt für einen weiteren qualitativen Schritt: den Schritt zum Commitment.
    Commitment
    Der 1991 verstorbene William Gore, Gründer von Goretex, schrieb: »Produktivität resultiert aus Commitment, nicht aus Anweisungen.« Was Commitment ist, habe ich im Kapitel »Wollen« beschrieben. Commitment ist demnach ein wesentlicher Bewusstseins-Schritt über die Vereinbarung hinaus.
    Gehen Sie bitte für die folgende Denkfigur davon aus, dass beide Verhandlungspartner nach ehrlicher Verhandlung eine Vereinbarung erzielt haben, in der beide von ihren Maximalforderungen ein Stück abgerückt sind (die Lösungsmöglichkeit C, die die Alternativen A und B in einer Synthese ›aufhebt‹, lasse ich hier unberücksichtigt). Ein Kompromiss also, mit dem Sie – betrachtet man

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