Das Prinzip Terz
Grund, Herrn Sorius umzubringen?«
»Winfried war ein erfolgreicher Mann. Mancher Konkurrent mag uns natürlich nicht. Vor allem, wenn wir ihm einen Kunden wegschnappen. Aber deshalb begeht niemand einen Mord.«
»Sie arbeiten für den Bürgermeister?«
»Ich darf stolz behaupten, dass wir ihn überhaupt erst dazu gemacht haben.«
Ein merkwürdiges Gefühl ergriff Terz. Der Boden vibrierte. Er lehnte sich zurück, als wolle er sich entspannen. Unter dem Tisch wippte ein Fuß von Hollfeldens sehr schnell auf der Zehenspitze.
»War Herr Sorius verheiratet?«
Das Vibrieren hörte auf.
»Winfried fand, dass es zu viele Frauen gibt, um sich für eine zu entscheiden.«
»Hatte er eine aktuelle Beziehung?«
»Das entzieht sich meiner Kenntnis.«
Vielleicht sagte er die Wahrheit. Bevor sie nicht mehr über Sorius’ Affäre mit Amelie Kantau wussten, wollte Terz ihn dazu nicht fragen.
»Sie waren Partner.«
»Geschäftlich.«
»Hatten Sie keinen privaten Kontakt?«
»Wenig. Wir führen sehr unterschiedliche Leben. Führten.«
»Immerhin hatten Sie einen Schlüssel zu seinem Haus.«
»Winfried hatte immer einen Ersatzschlüssel für zu Hause in der Agentur. So wie ich übrigens auch. Er wusste auch, wo der zu meinem Haus ist.«
»Einen Teil von Herrn Sorius’ Privatleben kann ich ja in den Klatschspalten nachlesen«, sagte Terz. »Können Sie dieses Bild etwas abrunden? Beziehungsweise geraderücken?«
»Herr Sorius war ein wohlhabender Mann, der das gute Leben schätzte. Er war ein sehr guter Kreativer, wie seine zahlreichen Auszeichnungen belegen. Wie die meisten Kreativen war er – sagen wir ruhig sehr – eitel.«
»Er liebte die Frauen.« Auch die Männer, doch solange sie das nicht verifiziert hatten, schwieg Terz darüber lieber ebenso wie über Amelie Kantau. »Wissen Sie etwas über sein Sexualleben?«
»Wie gesagt, über sein Privatleben ist mir so gut wie nichts bekannt.« Von Hollfelden hob eine Braue, um seine dezente Verwunderung auszudrücken, und nötigte Terz damit fast zu einem Lachanfall.
»Wie viele Mitarbeiter haben Sie?«
»In der Agentur angestellt sind dreiundsechzig Leute. Außerdem arbeiten wir mit freien Mitarbeitern zusammen.«
»Kommt einer von ihnen als Täter in Frage?«
Von Hollfelden dachte nach. »Nein. Natürlich trennt man sich ab und zu von jemandem. Und das nicht immer ganz friedlich. Aber das ist doch kein Grund für einen Mord.«
»Ich hätte trotzdem gern eine Liste.«
»Natürlich.«
»Für wen arbeitet Sorius & Partner?«
Von Hollfeldens Lachen klang wie aus einer Konserve. »Unzufriedene Kunden kündigen. Sie bringen nicht den Agenturchef um.« Er reichte Terz eine Mappe. »Unser Agenturporträt. Da steht alles drin. In diesem Zusammenhang darf ich Sie um Sensibilität bitten. Die Lage ist für uns schon unangenehm genug.«
Terz spürte wieder das Vibrieren. »Vielleicht wird es gar nicht notwendig sein, sie zu befragen.« Er blätterte in der Mappe.
»Seien Sie mir nicht böse, aber meine Zeit ist jetzt noch knapper als sonst. Dauert es noch lange?«
»Eine letzte Frage: Herr Sorius war kreativer Kopf der Agentur. Wer übernimmt diesen Part jetzt?«
Von Hollfelden machte eine vage Handbewegung. »Vorerst Frau Hansen. Jule Hansen. Sie ist Kreativdirektorin und war Wins Stellvertreterin.«
»Vorerst?«
»Wahrscheinlich auch dauerhaft. Wir haben bereits seit längerem überlegt, sie zur Partnerin zu machen.«
»Ich würde gern mit ihr sprechen.«
»Sie sitzt im zweiten Stock.«
»Und ich würde gern das Büro von Herrn Sorius sehen«, sagte Terz.
Von Hollfelden stand auf. »Es liegt neben meinem.« Er öffnete eine Flügeltür.
»Vielen Dank für die Audienz.« Terz schloss die Tür, die von Hollfelden offen gelassen hatte. Wie sein Partner ums Leben gekommen war, schien den Mann nicht zu interessieren.
Sorius’ Büro war noch größer als von Hollfeldens. Auf dem Schreibtisch aus Glas und Chrom stand außer einem zugeklappten Notebook nur ein Becher mit Stiften. Die Wand dahinter war zugehängt mit Urkunden von Preisen und Auszeichnungen. Zwei Flügeltüren führten auf dieselbe Terrasse wie von Hollfeldens Zimmer.
In den Schubladen fand Terz Stifte, Radiergummis, Büroklammern und anderen üblichen Kleinkram, in den Regalen stapelten sich Bücher über Werbung, Verpackung, Schrift, Fotografen.
Terz trat auf die Terrasse. Ein Vogel sang. Linker Hand spiegelte sich eine Birke in der Glastür zu von Hollfeldens Zimmer. Dahinter saß der
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