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Das Prinzip Terz

Das Prinzip Terz

Titel: Das Prinzip Terz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Rafelsberger
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einzig verbliebene Agenturbesitzer an seinem Schreibtisch und beobachtete Terz. Als ihn der Blick des Kommissars traf, vertiefte er sich schnell in ein Papier.
    Im Flur begegnete Terz einem jungen Mann.
    »Ich bin neu hier. Führen Sie mich ein wenig herum«, erklärte er dem Verdutzten. Bevor dieser nachfragen konnte, wies Terz auf die Kammern beiderseits des Flurs. »Wer arbeitet in diesen Mäuseställen?«
    Prustend antwortete der junge Mann: »Die Kundenberatung.« Zögernd fragte er: »Sind Sie nicht Konrad Terz?«
    »Sehe ich so aus?«
    »Ja.« Er begriff: »Klar sind Sie das.«
    Eifrig führte er den Kommissar durch das Haus: vom zum Atelier ausgebauten Dachboden durch das Geschoss darunter mit denselben Kämmerchen wie im ersten Stock.
    »Hier sitzen die Texter und die Kreativdirektorin.«
    »Mit der würde ich gern einmal sprechen.«
    »Ich habe sie heute noch nicht gesehen. Ihr Zimmer ist da hinten.«
    Terz entließ den jungen Mann und klopfte an die offene Tür, neben der ein kleines Schild »Jule Hansen, Kreativdirektorin« verkündete. In diesem Raum hatte alles seinen Platz. Der große leichte Tisch, das Sideboard, der japanische Schrank, die wandfüllende Kalligraphie. Hinter dem Tisch saß eine Frau, als gehöre sie zur Einrichtung. Das schlichte schwarze Kostüm kontrastierte mit dem ungebändigten dunklen Lockenkopf, der über Skizzen gebeugt war und nun zu ihm aufsah.
    »Ich kenne Sie«, sagte Hansen. »Sie schreiben Bücher. Sie kommen wegen Win, nicht?«
    Sie wirkte konzentriert, aber nicht nervös.
    »Herr von Hollfelden sagt, Sie waren Stellvertreterin von Herrn Sorius. Sie müssen ihn ganz gut gekannt haben.«
    »Stellvertreterin. Nun ja. Vielleicht war ich das einmal. Vielleicht war ich es in manchen Dingen noch immer. Im Wesentlichen betreute ich aber meine Kunden und Win seine. Was macht eigentlich die Polizei hier? Ich dachte, es war ein Herzanfall?«
    »Leider nein.«
    »Sie meinen – mein Gott – wie wurde er denn …?«
    »Das darf ich nicht sagen.«
    »Was möchten Sie wissen?«
    »Wie gut kannten Sie Herrn Sorius?«
    »Er war so etwas wie mein Ziehvater. Beruflich, meine ich. Ich begann hier vor neun Jahren als Juniortexterin. Alles, was ich über Werbung weiß, lernte ich von ihm.«
    »Und jetzt sollten Sie Partnerin werden?«
    Hansen atmete durch, schob ihre Notizen zur Seite und lehnte sich zurück.
    »Ja.«
    »Außer, Herr von Hollfelden hat etwas dagegen.«
    »Hatte er bis jetzt nicht. Außerdem braucht er mich mehr denn je.«
    Auf dem schwarzen Bücherbord hinter ihrem Kopf lag eine skurril geformte, von Sonne und Salzwasser weiß gebleichte Wurzel. Ein einfaches Utensil, so wirkungsvoll in Szene gesetzt, dass Terz meinte, das Meer rauschen zu hören.
    »Kennen Sie jemanden, der einen Grund hätte, Herrn Sorius umzubringen?«
    »Er war obsessiv. In allem, was er tat. Und skrupellos. Vor allem, was Frauen betraf. Wenn Sie ein Motiv suchen, finden Sie es am ehesten in diesem Bereich. Eine verstoßene Geliebte. Oder ein eifersüchtiger Ehemann. Denke ich.«
    »Und Ihr Verhältnis zu Herrn Sorius?«
    Ihr Lachen klang hell. »Nein, da war nichts.«
    »Ich meinte das generell.«
    »Hätte er mich sonst zur Partnerin machen wollen? Wir verstanden uns ausgezeichnet. Wir waren« – in ihrer Stimme schimmerte etwas Zerbrechliches – »gedanklich auf einer Ebene.«
    »Wann haben Sie Herrn Sorius zuletzt gesehen?«
    »Vorgestern irgendwann. Ich bin spät gegangen.«
    »War er da noch in der Agentur?«
    »Keine Ahnung.« Sie sah auf ihre Uhr. In diesem Haus schienen alle in Eile. »Ich muss zu Dreharbeiten«, erklärte sie. »Wenn Sie noch Fragen haben, finden Sie mich auch morgen dort.«
    Terz besichtigte noch die Räume im Erdgeschoss. Büros, zwei Besprechungszimmer. Hinter dem Tresen traf er schließlich wieder die Empfangsdame. Ihre Stimme hatte etwas Verschwörerisches:
    »Gesehen haben ihn einige, bevor er ging. Das war gegen neun Uhr.«
    »Ist ihnen etwas aufgefallen?«
    »Da nicht.« Sie sprach noch leiser. »Aber kurz davor. Eine Texterin meint, eine Diskussion aus Sorius’ Zimmer gehört zu haben. Lautstark. Eigentlich ein Streit. Mehr weiß sie nicht. Sie hatte es eilig.«
    »Einen Streit?«
    »Zwischen Win und Jule.«
    »Jule Hansen? Die Kreativdirektorin? Ich war eben bei ihr. Worum ging es?«
    »Das hat sie nicht gehört.«
    Terz ließ die Texterin zum Empfang rufen. Eine übergewichtige Frau in schrillem Outfit kam die Treppen herab und stellte sich vor. Sie konnte

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