Das Prinzip Terz
Ich bitte, die Aufmerksamkeit auf dieses Fass zu richten. Dekorativ steht es mitten auf der Terrasse.« Unvermittelt wandte sich Sammi an Terz. »Was ist in diesem Fass?«
»Nichts. Es dient als Stehtischchen.«
»Deshalb kutschierst du es ein paar Tage später durch die Gegend?«
Terz wurde heiß. Hatte er Bilder übersehen? Er hätte Biels Archiv anzünden sollen!
»Es gibt einen Zeugen, der bestätigt, dass der Kollege Terz die Tonne am frühen Donnerstagnachmittag vergangener Woche in das Haus brachte. Das heißt, davor musste er sie hinausbefördert haben.«
Sammi hatte also den alten Kranewitz befragt. Aber offensichtlich gab es keine Bilder.
»Am Donnerstag wurde Sandels Leiche gefunden!«
Meffen starrte stumm zwischen Terz und dem Bildschirm hin und her.
Terz lächelte ihn an. »Ich finde, Sammi sollte mich langsam über meine Rechte aufklären und einen Anwalt anrufen lassen, wenn er ernst meint, was er bis jetzt allerdings mit keinem Wort zu sagen wagt. Was meinst du?«
Meffen räusperte sich und stammelte: »Ich sagte ja, ich glaube es nicht, aber man muss darüber sprechen, Missverständnisse aufklären. Machen wir weiter.«
»Nichts lieber als das.« Sammi zog ein Buch aus seinen Unterlagen und knallte es auf Meffens Tisch: ein Exemplar von »Sicher Sein«.
»Große Verlage bekommen täglich Dutzende unverlangt eingesandte Manuskripte. Fast alle davon gehen zurück. Manche Verlage machen Aufzeichnungen darüber, denn einige Autoren geben nicht auf, schicken ihre Manuskripte mehrfach. Bei einem dieser Verlage fand sich ein Gernot Sandel im Archiv, der in regelmäßigen Abständen verschiedenste Entwürfe und Manuskripte sandte. Unter anderem vor sechs Jahren einen Ideenentwurf mit dem Titel ›Sicher Sein‹.«
»Aber das kann Zufall sein«, wandte Meffen ein.
»Natürlich. Kann«, gab Sammi selbstzufrieden zu.
Nun musste sich Terz einmischen. »Wonach wurde gefragt? Nach dem Autor oder dem Titel?«
»Nach Sandel natürlich.«
»Vielleicht hättest du einmal nach dem Titel fragen sollen. Mein Verleger erhielt in den vergangenen Jahren vier Exposés oder Manuskripte, die ›Sicher Sein‹ hießen. Dabei waren eine Kurzgeschichtensammlung, ein Kinderbuch und ein Roman. Im Übrigen hatten wir ihn schon in der engeren Wahl für mein erstes Buch.«
Meffens Augen leuchteten erleichtert bei Terz’ Entlastungsangriff.
»Dein erstes Buch«, geiferte Sammi. »Wann war das? Vor fünf Jahren? Ein Jahr, nachdem Sandel seinen Entwurf verschickt hatte? Vielleicht auch an den Illau-Verlag?«
»Das könnte hinkommen. Willst du mir aus einem Buchtitel einen Strick drehen? Bei meinen Büchern sind mein Name und mein Bild auf dem Cover wichtig. Der Titel ist das Kleinste und Unwichtigste daran. Siehst du ja selbst.«
»Ich bin noch nicht fertig. In einer ersten Aussage erklärte eine Zeugin, zum fraglichen Zeitpunkt einen Geländewagen in der Nähe des Tatorts gesehen zu haben. Was für einen Wagen fahren Sie privat, Kollege?«
Sie. Kollege. Terz grinste ihn an. »Mini. Und Range Rover.«
»Range Rover! Ein Geländewagen also.«
Terz hatte genug. Er sprang auf. »Spar dir deine Theatralik fürs Gericht oder Fernsehen, Sammi. Und fass dich kürzer. Oder lass am besten mich, das geht schneller. Du meinst also, Sandel wollte irgendetwas von mir wegen seines ›Sicher Sein‹-Manuskripts. Vielleicht wirft er mir Diebstahl vor. Ich nehme ihn mit nach Hause und bringe ihn dort um. Toller Platz. Vor den Augen all meiner Nachbarn. Ein Pech, dass unser Voyeur ausgerechnet dann nicht mitfilmt, wenn es spannend wird.«
Sammi wollte ihn unterbrechen, doch Terz sprach weiter: »Die Leiche verstecke ich in dem Fass. Drei Tage – warum erst drei Tage? – später entsorge ich sie im Wald bei Ahrensburg. Leider hat mich der Voyeur doch beobachtet. Dann passiert irgendwas, vielleicht will er mich erpressen oder so, ich komme dahinter und bringe ihn auch um.« Er fixierte Sammi. »So wolltest du das doch in etwa erzählen?«
»Natürlich filmte Biel mit! Aber du hast die Aufnahmen gestohlen!«, mischte sich Hasselbach ein.
»Und danach habe ich wahrscheinlich den Kanister in Biels Wagen deponiert. Mit den Resten jenes Benzins, dass ich für Sandel verwendete«, ergänzte Terz höhnisch. »Bestens. Zwei Fälle geklärt. »Aber was haben Tönnesen und Sorius mit der ganzen Sache zu tun? Und was tat Amelie Kantau bei Biel?«
»Das ist nicht zu fassen!«, brüllte Sammi wütend. »Herr Polizeipräsident, er macht
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