Das Prinzip Terz
vor?«
»Ich muss Jost anrufen.« Er wollte dem Polizeipräsidenten eine Erklärung liefern, bevor Spekulationen ihren Weg an sein Ohr fanden. Terz wählte gleich die Nummer für Notfälle.
Es dauerte, bis Meffen sich meldete, und er klang schlecht gelaunt. Terz wünschte ihm einen guten Morgen und fragte:
»Heute schon Zeitung gelesen?«
»Natürlich. Vor meinem Haus warten bereits die Horden. Mist, Konrad, was ist das für eine Geschichte?«
Terz gab ihm dieselbe Erklärung wie Elena, und Meffen schien damit zufrieden.
»Interessant ist ja«, fuhr Terz fort, »seit wann geheimes Material an die Medien weitergegeben wird. Nämlich seit man abstruse Verbindungen zwischen mir und zwei Opfern herstellen kann. Und sei es nur, dass einer in meiner Nähe wohnt und der andere einmal bei einer Autogrammstunde war. Kein Wort darüber, dass wir eine Verdächtige befragen. Kein Wort über die gefälschte Kündigung. Irgendwer gibt hier ganz bewusst nur Dinge weiter, um mich – und damit wahrscheinlich die Polizei – anzukleckern.«
Was ein Mitglied des Ermittlungsteams eigentlich ausschloss, dachte Terz. Wer mit den Informationen Geld verdienen wollte, hätte alles weitergegeben. Nein, jemand wollte ganz bewusst ihn, Konrad Terz, ins Zwielicht stellen.
»Hm. Du hast Recht«, grunzte Meffen.
»Natürlich habe ich das. Solange es nur um Sorius und Tönnesen ging, funktionierte die Geheimhaltung. Da konnte man mich nicht ins Spiel bringen. Außer als Kommissar natürlich.«
»Hast du eine Idee, wer es sein könnte?«
»Einen Verdacht.«
Der nächste Anruf galt Fred Illau. Den Frühaufsteher erreichte er im Büro. In kurzen Worten erzählte er seine Version der Geschichte. »Auf eine Pressemeldung des Verlags würde ich aber noch verzichten.«
Fiel bereits ein Verdacht auf ihn? Wie ein glühender Speer schoss ihm durch den Kopf, dass Sandels Manuskript, Biels Bilder, CD s und Festplatte noch in seinem Schreibtisch lagerten! Elena war im Bad verschwunden, und Terz eilte in sein Arbeitszimmer. Dort zerschnitt er Sandels Manuskript ebenso wie Biels Bilder, Filme und Briefe zu kleinen Schnipseln, die er zehn Minuten später durch den Toilettenschlund in die Tiefen der Kanalisation entließ.
»Warum sollte Söberg das tun?« Elena biss von ihrem Brot ab.
Kim und Lili löffelten ihre Cornflakes und verfolgten verständnislos die Diskussion der Eltern.
»Sag du es mir.«
»Vielleicht gab er die Fehlinformation an andere weiter. Finnen, Meffen.«
»Söberg lässt sich informieren, er hat keinen Grund zu Rückfragen bei Meffen oder Finnen. Ich bin sicher, dass Söberg das Leck ist.«
»Was ist mit Sammi? Du wurdest ihm bei der Beförderung vorgezogen. Und auch sonst mag er dich nicht.«
»Sammi hasst Journalisten.« Andererseits hatte er gestern hier im Haus herumgeschnüffelt.
»So viele Zufälle stellen dich ja wirklich in ein komisches Licht.«
Einen langen Moment hing Elenas Bemerkung im Raum, dann antwortete Terz ruhig:
»Zumal man mir tatsächlich was unterstellen könnte. Deine Bekanntschaft mit Sorius gab sogar schon Anlass zu Bemerkungen.«
Elena erkannte, dass es der falsche Zeitpunkt für Zweifel an ihrem Mann war.
»Hat sonst jemand Interesse, dich zu beschädigen?«
»Ich wüsste nicht, welchen Grund Jost haben könnte.«
»Angst vor einem potenziellen Konkurrenten um den Posten des Polizeipräsidenten?«
»Dafür bin ich zu jung.«
»Der Staatsanwalt?«
»Braucht mich in keinster Weise zu fürchten. Im Gegenteil, für ihn wird dadurch auch alles komplizierter.«
»Aber warum Söberg?«
Die Mädchen sprangen auf. »Wir sind fertig. Papazapper, du bist dran.«
»Heute bringt euch Mami zur Schule.« Zu Elena sagte Terz: »Unten warten sicher die Reporter. Am besten fährst du erst, wenn ich weg bin und sie abgezogen sind.«
Die Kinder tobten durch den Vorraum.
»Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten, warum die Geschichten weitergegeben wurden«, fasste Terz zusammen. »Entweder jemand will mich aus persönlichen Gründen angreifen: Sammi oder sonst wer. Die Variante ist unangenehm. Wesentlich interessanter ist aber die andere.«
»Dass du auf etwas gestoßen bist.«
»Aber ich weiß nichts, was die anderen nicht auch wissen.«
Abgesehen von einer entscheidenden Kleinigkeit: dass nicht alle Toten auf das Konto desselben Täters gingen.
»Du nimmst an, dass es zwei Ablenkungsmanöver gab: in der Agentur die gefälschte Kündigung und …«
»– Söbergs Kampagne gegen mich«,
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