Das Prinzip Terz
geschrieben. Jemand wollte den Verdacht auf Sie lenken. Dreimal dürfen Sie raten, wer das war.«
Das Zucken ihrer Gesichtsmuskeln verriet den Streit ihrer Gedanken. Sie wirbelte ihren Drehstuhl herum. Mit dem Rücken zu Terz blieb sie eine Weile sitzen, dann rotierte sie langsam zurück.
»Wie wollen Sie die Unterlagen ansehen, ohne dass Meier es merkt?«
17
Kaum saß Terz wieder im Büro hinter seinem Schreibtisch, stand Sammi in der Tür.
»Wir sollen zu Meffen kommen. Sofort.«
Im Flur schloss sich Hasselbach an und wechselte Blicke mit Sammi, so schien es Terz.
Meffen begrüßte sie herzlich, aber ernster als sonst. Jan Grütke saß bereits in einem der Stahlrohrsessel. Neben Meffens Tisch stand ein fahrbares Rack mit Fernseher, DVD - und Videorekorder und Hi-Fi-Anlage. Der Polizeipräsident schien durch Terz hindurchzusehen. »Wir«, setzte er an und räusperte sich.
Terz ging in die Offensive. »Wir haben heute ja schon telefoniert. Du weißt, was ich von der Geschichte halte.«
Der Polizeipräsident hatte die ganze Zeit kein Auge von ihm gelassen. »Das folgende Gespräch bleibt in diesem Raum.«
Terz lachte. »So wie die anderen internen Informationen zu dem Fall?«
Meffen lachte nicht. »Die Geschichte ist schon heikel genug. Ich muss außerdem vorausschicken, dass ich nicht wirklich überzeugt bin von dem, worüber wir sprechen werden. Aber angesichts der Umstände müssen wir es erörtern.«
Etwas umständlich, der Gute. Sein offensichtliches Unbehagen ging weit über das hinaus, was Terz in solchen Fällen bei ihm erlebt hatte. Nervös begann der Präsident mit einer teuren Schreibfeder zu spielen.
»Es gibt ein paar … Umstände, und ich betone: Umstände, nicht Verdachtsmomente, für mich wenigstens nicht, die wir diskutieren müssen. Ich bin sicher, dass nichts dahinter steckt, aber man muss über die Dinge reden, nicht?« Er lächelte Terz hilflos an, in dessen Nacken ein kaltes Kribbeln hochkroch. Du hast genug verbale Sprungtücher gespannt, dachte er, komm zur Sache.
Meffen schien fast ein wenig rot zu werden. Er wandte sich an Sammi: »Machen Sie es kurz.«
Sammi baute sich vor dem Medienturm auf.
»Beginnen wir die Angelegenheit in chronologischer Reihenfolge. Der erste Tote in dem Fall – auch wenn er erst als Zweiter identifiziert wurde – war Fredo Tönnesen. Ein ehemaliger Stricher und Pornodarsteller, der sich später wohl von seinen schwulen Gespielen aushalten ließ. Das bringt uns zum zweiten Toten: Winfried Sorius, Besitzer einer Werbeagentur, die unter anderem für den Bürgermeister arbeitete, was uns die besondere Aufmerksamkeit in diesem Fall sichert. Gelegenheitsschwuler und als solcher Tönnesens Gönner, sonst aber Frauenheld und Golffreund von Elena Terz.«
Sammi, die Ratte! Terz rauschte das Blut in den Kopf.
»Kommen wir zum dritten Opfer, einem gewissen Gernot Sandel. Im Gegensatz zu unserem Kollegen Terz ein erfolgloser Schriftsteller, der zwei Werke im Eigenverlag herausbrachte und ansonsten Autor für unbedeutende Zeitungen war. Er starb vermutlich am Montag oder Dienstag vergangener Woche. Die Verbrennung seiner Leiche lässt keine genaue Datierung mehr zu. Sein letztes Lebenszeichen gibt es sogar auf Band. Kollege Terz kann das bestätigen.« Sammi warf ihm einen hämischen Blick zu. »Er hat ihn schließlich als einer der Letzten lebend gesehen.«
Am liebsten hätte Terz ihn unter dem schweren Medienturm begraben. Sammi schaltete den Videorekorder an.
»Gernot Sandel besuchte eine Autogrammstunde des Kollegen Terz an jenem Montag. Danach begleitete er ihn aus dem Laden. Davon existieren Filmaufnahmen.«
Effektvoll ließ Sammi das Bild von ihm mit Sandel auf dem Schirm stehen.
»Danach gibt es keine Lebenszeichen mehr von Gernot Sandel. Kein Nachbar sah ihn nach Hause kommen. Seit Montagabend beklagten sich die Bewohner des Hauses über das Jammern seiner Katze. Als sie bei ihm klopften, öffnete niemand …«
Aber niemand rief die Polizei.
»– also kann man annehmen, dass Sandel am Montag nicht mehr nach Hause kam. Als Nächstes möchte ich Ihnen ein paar Aufnahmen zeigen, die wir beim vierten Toten gefunden haben, über den wir noch sprechen. Nur so viel sei gesagt, dass er seine Nachbarn beobachtete, belauschte und filmte.«
Sammi ließ das Band erneut anlaufen.
»Hier sehen wir eine Aufnahme der Dachterrasse des Kollegen Terz. Sie ist, laut Beschriftung der Kassette, etwa drei Wochen alt, entstand also wenige Tage vor Sandels Tod.
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