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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Mannschaftsarzt Heinrich Hess.
    Aber das war die Theorie; die Praxis war das andere. Am 14. Juni, dem Tag des Auftaktspieles gegen Chile, herrschte in Berlin eine drückende Schwüle. Vorher, bei der Vorbereitung in der schleswig-holsteinischen Sportschule Malente, hatte es immer kühle Ostsee-Witterung gegeben. »Uli Hoeneß, der ohnehin gegen Klimawechsel sehr anfällig ist, schleppte sich vor dem Spiel herum, als hätte er am Vormittag das Europapokal-Finale gegen Madrid gespielt«, erzählte sein Freund Paul Breitner später. Die Deutschen konnten froh sein, dass Breitner schon in der 17. Minute das 1:0 erzielte – denn danach passierte nicht mehr viel. Kapitän Beckenbauer suchte sich hinterher vor allem Uli Hoeneß als Sündenbock für das schlechte Spiel heraus: »Wir standen vorne mit vier Angriffspitzen herum und nahmen uns gegenseitig den Platz weg. ›Du bist hier nicht Spitze, du bist Mittelfeldspieler, du musst zurück.‹ Das habe ich während des Spiels Uli Hoeneß zugerufen. Aber es änderte sich nichts. So ein Lob, wie es Dettmar Cramer verteilte, kann eben nicht jeder vertragen.«
    Im zweiten Spiel gegen den Außenseiter Australien in Hamburg wurde es nicht viel besser – nicht bei der Mannschaft und auch nicht bei Uli Hoeneß. Zunächst sah alles noch gut aus, das deutsche Team spielte druckvoll und ging durch Tore von Overath, Cullmann und Müller mühelos mit 3:0 in Führung. Nach einer Stunde aber war es mit der Herrlichkeit vorbei. Die Männer von Helmut Schön wirkten plötzlich wie gelähmt, kaum etwas gelang mehr, besonders Uli Hoeneß nicht, der schon in der ersten Halbzeit eine Riesenchance kläglich versiebt hatte. Die Stimmung im Stadion kippte, es gab gellende Pfiffe und Anfeuerungsrufe für den Außenseiter aus Australien. Bei der etwas hilflosen Suche nach Erklärungen für seine schwache Leistung sprach Uli Hoeneß von einem psychischen »Webfehler«, der sich bei ihm in Spielen gegen solche Außenseiter immer wieder bemerkbar mache. »Spiele gegen Mannschaften, die zum Sieg nicht das allerletzte Quäntchen Kraft und Konzentration verlangen, sind nicht mein Fall.«
    Immerhin war die bundesdeutsche Elf mit 4:0 Punkten und 4:0 Toren bereits sicher für die zweite Finalrunde qualifiziert. Im letzten Spiel gegen die Auswahl der DDR ging es dann lediglich noch um den Gruppensieg. Die Stars aus dem Westen hätten in diesem ersten offiziellen deutsch-deutschen Länderspiel eigentlich befreit aufspielen können. Doch statt selbstbewusst aufzutrumpfen, verfielen sie in Überheblichkeit und überließen das Kämpfen ihren Gegnern. Elf Minuten vor dem Abpfiff gelang Jürgen Sparwasser mit dem Treffer zum 1:0 die riesige Sensation: Westdeutschlands Superstars waren von biederen DDR-Amateuren düpiert worden.
    »Nach der ersten Finalrunde dieser Weltmeisterschaft blieb es niemandem verborgen: Wir, der große Favorit im eigenen Land, waren am Boden zerstört«, resümierte ein zerknirschter Uli Hoeneß. »Intern zerstritten; von außen wurden manche Reibereien noch geschürt. Alle anderen Mannschaften wurden uns als leuchtende Beispiele unter die Nase gerieben; man schrieb uns als Versager fast ab.« Nach heftiger Presse-Kritik an Helmut Schön avancierte nun Kapitän Franz Beckenbauer als eine Art Neben-Bundestrainer zu dem Mann, der die wichtigen Entscheidungen forcierte. Man verabschiedete sich von der Idee, jenen Angriffsfußball, mit dem die westdeutsche Auswahl vor zwei Jahren triumphal zum Europameistertitel geeilt war, fortsetzen zu wollen. Dies hatte auch Personalentscheidungen zur Folge: Zum einen wurde die Frage nach dem Mittelfeld-Regisseur nun endgültig zugunsten des fleißigen Kölners Wolfgang Overath entschieden, sodass der Kurzeinsatz des defensivfaulen Günter Netzer gegen die DDR der letzte und einzige WM-Auftritt seiner Karriere blieb; und zum anderen wurde Uli Hoeneß, der im Spiel gegen die DDR seinen Defensivpart zum wiederholten Mal recht nachlässig interpretiert hatte, eine Denkpause verordnet. Beckenbauer, beschwerte er sich beleidigt, habe ihm die ganze Schuld an der Niederlage gegen die DDR aufgebürdet. »Als er sagte, einige hätten nicht genug gekämpft, hat er mich gemeint.« Tatsächlich hatte sich Hoeneß wegen einer schon kurz nach Spielbeginn erlittenen Oberschenkelprellung recht schwerfällig über den Platz geschleppt. »Ich hätte mich austauschen lassen müssen«, bereute er hinterher seine Entscheidung, sich durchzubeißen.
    Drei Spiele, drei

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