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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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und der trug seinen Spielern den Inhalt vor: »Wir kommen jetzt zur Aufstellung der Bayern … .«
    Fritzsch wusste also genau, was seine Elf in dem mit 36.000 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllten Rudolf-Harbig-Stadion erwartete. Aber er muss vergessen haben, seinen Verteidiger Eduard Geyer vor Uli Hoeneß zu warnen. In der Erwartung, dass sich die Dresdener Abwehr voll auf Gerd Müller konzentrieren würde, hatte Lattek den schnellen Hoeneß auf Höhe der Mittellinie in Lauerposition postiert. Für Hoeneß‘ Gegenspieler Eduard Geyer, der später als letzter Auswahltrainer der DDR in die Sportgeschichte eingehen sollte und 1997 den Drittligisten Energie Cottbus ins DFB-Pokal-Finale und später in die 1. Bundesliga führte, wurde der Abend zum Alptraum. Keine zwölf Minuten waren vergangen, da war der blonde Schwabenpfeil dem schwerfälligen Geyer schon viermal enteilt. Beim ersten Mal verunglückte sein Pass auf Müller noch, beim zweiten Mal foulte Dresdens Torwart Claus Boden den Bayern-Stürmer, ohne dass ein Elfmeterpfiff erfolgt wäre. Beim dritten Mal war Hoeneß dann erfolgreich: Er täuschte Boden und schoss zur Bayern-Führung ein. Der vierte Streich war ebenfalls erfolgreich, wobei ihm diesmal ein wenig das Glück zur Seite stand: Nachdem er den Dynamo-Keeper angeschossen hatte, landete der Abpraller an seinem Kinn und fand von dort den Weg ins Tor.
    Das Spiel war aber noch nicht gelaufen. Wenige Minuten vor der Pause gelang Dynamo der Anschlusstreffer, sieben Minuten nach dem Wiederanpfiff der Ausgleich. Und als in der 56. Minute auch noch das 3:2 folgte, stand nun aufgrund der größeren Zahl auswärts erzielter Treffer plötzlich Dresden im Viertelfinale. Doch die Freude währte nur zwei Minuten: In der 58. Minute besorgte Gerd Müller den Ausgleich zum 3:3-Endstand.
    Im Viertel- und Halbfinale hatten es die Bayern abermals mit Mannschaften aus dem Ostblock zu tun, doch so knapp wie gegen Dresden wurde es nicht mehr. Gegen den bulgarischen Meister ZSKA Sofia (4:1, 1:2) und den ungarischen Titelträger Ujpest Dosza Budapest (1:1, 3:0) reichten zwei klare Heimsiege zum Weiterkommen. Auffälligster Spieler in diesen Partien war nicht jener, von dem die »Abendzeitung« schrieb, dass er sich vor Spielen aus Aberglauben nicht rasiert und immer als Letzter auf den Rasen läuft – nämlich Uli Hoeneß –, sondern der Mann mit den roten Schuhen, der Präsident Neudecker in Atvidaberg so begeistert hatte: der erstmals für die Bayern im Europapokal angetretene Conny Torstensson. Mit vier Toren und einer Torvorlage erwies sich der Schwede in diesen Spielen als gefährlichster Bayern-Stürmer, und Uli Hoeneß war offensichtlich derart neidisch auf seinen neuen Kollegen, dass er fortan – so jedenfalls behauptete es Torstensson – kein persönliches Wort mehr mit ihm sprach. Doch es wartete noch das Finale, und in dem sollte, nach einem langen Anlauf, Uli Hoeneß seinen größten Auftritt haben.
    Der Triumph von Brüssel
    Vor dem Endspiel gegen Atlético Madrid, das für den 15. Mai 1974 in Brüssel angesetzt war, galt der FC Bayern als Favorit. Der spanische Meister hatte die türkische Meistermannschaft Galatasaray Istanbul nur knapp geschlagen und war dann sowohl gegen Dynamo Bukarest als auch gegen Roter Stern Belgrad wirklich überzeugende Leistungen schuldig geblieben. Erst beim 2:0-Heimsieg gegen Celtic Glasgow im Halbfinale hatten die Spanier ihre Klasse andeuten können. »Wir werden siegen«, verkündete daher Trainer Lorenzo vor dem Endspiel im Vertrauen auf die ansteigende Form seines Teams: »Gerade jetzt hat sich meine Mannschaft heißgespielt und lechzt nach einem neuen Opfer.« Der Verlauf des Spiels schien ihm Recht zu geben. Zwar hatten die Bayern anfangs gute Chancen, doch dann fanden die Spanier immer besser ins Spiel. Der 34 Jahre alte Adelardo legte Hoeneß an die Kette, Eusebio ließ Gerd Müller keinen Raum, Mittelstürmer Garate prüfte auf der anderen Seite des Spielfelds Sepp Maier immer wieder mit kraftvollen Schüssen. Die Bayern spielten seltsam schwach, »katastrophal«, wie Hoeneß hernach zugeben sollte, und Fernsehkommentator Oskar Klose rätselte, warum »diese jungen Burschen nicht ihr Letztes geben, um Atlético Madrid, das doch durchaus zu schlagen ist, zu besiegen«.
    Obwohl ein Müller-Tor wegen angeblichen Fouls nicht anerkannt wurde, war das 0:0 nach der regulären Spielzeit aufgrund der zahlreichen Chancen der Spanier für die Münchner recht

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