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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Frankfurter Waldstadion machte Karl-Heinz Rummenigge sein erstes Spiel und erlebte gleich den Beginn der ersten großen Bayern-Krise: Die Männer um Beckenbauer und Müller schossen kein einziges Tor, die Gegner deren sechs. Bayern begann die Saison als Tabellenletzter. Danach wurde es nicht allzu viel besser. Offenkundig waren viele Spieler nach den großen Triumphen satt. Außerdem gingen den Bayern die Kräfte aus, denn die Auswechselbank war schmal und qualitativ nicht gut besetzt. Dazu war die Stimmung im Verein alles andere als harmonisch. Die vergangenen Erfolge hatten die Mannschaft nicht zusammengeschweißt, im Gegenteil: Überall wucherten Neid und Missgunst und trieben tiefe Risse in das Mannschaftsgefüge.
    Die Bayern waren kein Team mehr, sondern mutierten zu einem Ensemble aufeinander eifersüchtiger Stars, in dem jeder seine Pfründe verteidigte. Als die Weltmeister drei Wochen vor dem Auftaktspiel der neuen Bundesligasaison ins Training einstiegen, war die Stimmung aufs Äußerste gespannt. Deutlicher Ausdruck der allgemeinen Gereiztheit war Uli Hoeneß’ Reaktion auf das Gerücht, die Bayern wollten den bei der WM groß herausgekommenen Polen Gadocha verpflichten: »Wir können nicht noch einen Star in der Mannschaft vertragen.« Franz Beckenbauer sah in einem ganz bestimmten Star, nämlich in Uli Hoeneß, den Quell des Unfriedens. »Bei Hoeneß hatte sich wohl die Idee festgesetzt, ich würde ihm seine Karriere nicht gönnen, ihn nicht zu groß werden lassen wollen beim FC Bayern und in der Nationalelf. Er fand einen Verbündeten in Udo Lattek.« Der Kapitän verdächtigte den Trainer, er bevorzuge Abiturienten und Studenten. »Hoeneß, Breitner und Lattek bildeten eine verschwörerische Allianz. Eine spöttische Bemerkung beim Essen, eine kleine Bösartigkeit beim Training, die Luft hatte plötzlich einen giftigen Geruch.« Dazu hatte sich ein »Damenkränzchen« gebildet mit einer Susi (Hoeneß) und zwei Hildegards (Breitner und Lattek). »Udo Latteks Frau führte Regie«, behauptete Beckenbauer. »In diesem Kreis wurde dann besprochen, wie ungerecht es doch bei den Bayern zuginge, alles drehe sich nur um Beckenbauer, Müller und Maier. Wie viel mehr Geld die drei verdienen würden, viel mehr als ihre Männer. Und dann erst dieser Robert Schwan, ein Tyrann und Diktator, der nur im Sinn hätte, sich und Beckenbauer die Taschen zu füllen.«
    Zum schlechten Betriebsklima gesellten sich unübersehbare Verschleißerscheinungen. Die Vielfachbelastung der letzten Jahre – Meisterschaft, DFB-Pokal, europäische Wettbewerbe sowie die Turniere der Nationalmannschaft inklusive Qualifikationsspiele – hatten nicht nur beim »Kaiser« ihren Tribut gefordert. Als Beckenbauer über nicht enden wollende Schmerzen in der Leistengegend klagte, wiegelte Lattek ab und sprach von einem Muskelkater, der sicher rasch wieder vergehe. »Ich hörte den Spott heraus«, kommentierte der in seiner Autorität angegriffene Bayern-Kapitän, »ich sah die Blicke, die er mit Uli Hoeneß und Paul Breitner wechselte. Ich wusste: Es gibt Ärger. Ich fühlte mich wie in einem Rudel von Wölfen. Ich stellte mir vor, dass es dort so sein müsste: Die Jungen sind es leid, die Führung des Leittiers zu akzeptieren, auch wenn es für alle nur ein Vorteil war, die Erfahrung, die Stärke des Alten, die den Erfolg bei der Jagd garantierten.«
    Paul Breitner verabschiedete sich nach Madrid und prophezeite dem Klub eine schwere Zukunft. »Die Bayern sind satt.« Im Dezember 1974 musste der immer ratloser wirkende und mit Alkoholeskapaden auffällig gewordene Udo Lattek seinen Hut nehmen. Franz Beckenbauer, so der Bayern-Spieler Rainer Zobel, sei »nicht unmaßgeblich am Abschuss von Lattek beteiligt« gewesen. Sein Nachfolger Dettmar Cramer, zuvor Nationaltrainer der USA, war mit seiner professoralen Art ein gänzlich anderer Typ als der joviale und medienerfahrene Lattek. Er kam anfangs in München nicht sehr gut an. »Am Ende haben wir alle das Abitur, aber keine Punkte«, klagte ein verwirrter Wilhelm Neudecker, ehemaliger Maurerlehrling und aktueller Bayern-Präsident. Das mit dem Abitur klappte nicht, die Furcht vor zu wenigen Punkten hingegen war nicht unberechtigt. In der Rückrunde näherten sich die Bayern zwischenzeitlich sogar der Abstiegszone, am Ende wurden sie immerhin noch Zehnter, mit 26 Punkten Rückstand auf den Meister Borussia Mönchengladbach. Erfolgreich blieb die Cramer-Truppe allerdings im Europapokal. »Wir

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