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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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vielfältigen Fortbildungsmöglichkeiten für die Profis (Bibliothek, Yoga, Kochkurse etc.), Buddha-Figuren auf der Dachterrasse gaben dem Ganzen ein fernöstliches Flair. Vieles änderte sich, nur das Spielerpersonal blieb das alte. Diesmal sollten die neuen Erleuchtungen wirken, nicht neue Stars. Damit habe er kein Problem, meinte der Trainer-Novize, genauso wenig wie mit dem Druck, der ja »stets gegenwärtig« bei den Bayern sei. Sein Auftrag war klar: Meister werden und die Champions League gewinnen.
    Dass der im Herzen konservative Hoeneß seine Meinung über Klinsmann derart radikal ändern konnte, mochte man dann aber doch irgendwie nie so recht glauben. Und es gab auch Anzeichen einer gewissen Reserviertheit des Managers gegenüber dem Neuerer aus Kalifornien. Während der immer etwas unecht und verkrampft wirkende Dauerlächler Klinsmann sich in amerikanischem Machbarkeitswahn mit wissenschaftlich klingendem Wortgeplänkel als Neuerfinder des Fußballs gebärdete und unentwegt erklärte, wie »spannend« das Bewältigen von Schwierigkeiten doch sei, konnte man in den Gesichtszügen von Hoeneß ab und an recht deutlich wachsende Skepsis wahrnehmen. Irgendwie spürte er wohl, dass es sich bei Klinsmanns Aktionismus weniger um die so wortgewaltig versprochenen großen Lösungen handelte, sondern eher um im kalifornischen Wolkenkuckucksheim entstandene Planungsskizzen, mit denen sich die Hürden des Traineralltags nicht überspringen ließen. Hoeneß glaubte wohl weniger daran, dass Klinsmanns in der Bundesliga bis dahin noch nicht gesehene Neuerungen greifen würden. Als Metzgersohn glaubte er vielmehr an den Bruder im Geiste, den er in dem Bäckersohn aus dem Schwäbischen erkannte. Der Jürgen sei ein absoluter Leistungsfanatiker und in der Lage, sehr konsequent zu handeln, und außerdem habe er seine Wurzeln nicht vergessen. Bei seinem Vater habe er gelernt, »dass man um vier Uhr morgens möglicherweise schon zwei Stunden zu spät ist, wenn um sieben die Bäckerei aufmachen soll«. Voller Hochachtung vermerkte er, dass sich der Frühaufsteher Klinsmann jeden Morgen gleich »Erinnerungszettelchen« machte. Auf die Frage, was er an Klinsmann besonders schätze, antwortete er: »Als Spieler und als Trainer weiß und wusste er, was er will.« So eben wie er selbst, wie Hoeneß. Und auf die Frage, ob er Klinsmann möge, fiel ihm spontan eine Gemeinsamkeit ein: »Wir sind beide sehr emotionale Menschen, die für das, was sie tun, alles Herzblut vergießen. Da treffen wir uns.«
    Der Erfolg des Projekts Klinsmann blieb dann in der Hinrunde der Bundesliga recht überschaubar. Nach einer Niederlage beim Spitzenreiter Hertha BSC in Berlin am 14. Februar 2009 meinte ein etwas angegriffen wirkender Trainer im Brustton der Überzeugung, man müsse nun halt leider noch ein wenig warten, bis man an der Spitze sei. Es folgte eine Heimniederlage gegen Köln, die Krise war da, ein Trainerwechsel im Gespräch. Hoeneß stärkte Klinsmann den Rücken, die Wende schien zu kommen – und kam dann doch nicht. Besessenheit und allerlei oberflächliche Innovationen des Neulings reichten nicht aus, um den erwarteten Erfolg zu sichern, und schließlich, nach einigen schlimmen Niederlagen zu viel – 1:5 in Wolfsburg, 0:4 in Barcelona – hatte der andere Besessene beim FC Bayern, Uli Hoeneß, genug von der Idee, den Fußball neu erfinden zu wollen. Klar, auch er hatte sich von den so grandios klingenden Konzepten Klinsmanns berauschen lassen, genauso wie Beckenbauer und Rummenigge. Aber nun, am Montag, den 27. April 2009, als er auf einer Pressekonferenz die Entlassung des gescheiterten Innovators verkündete, meinte er: »Bei aller Liebe: Jedes Konzept liest sich prima auf dem Papier. Aber es nutzt nichts, wenn nicht irgendwann Ergebnisse kommen.« Klinsmann, führte er weiter an, sei angestellt gewesen, »die Mannschaft so zu trainieren, dass er Spiele gewinnt. Das ist eine Aufgabe, die nicht unmenschlich ist, ganz normaler Fragenkatalog.«
    So wie er sich da präsentierte, tief durchatmend, wirkte er beinahe erleichtert, dass es endlich vorbei sein würde mit den kalifornischen Methoden, von denen er eben doch nicht mit ganzer Seele überzeugt war. »Wir brauchen einen Fußballlehrer«, verkündete er eine Rückkehr zu klassischen Rezepten. Für den Rest der Saison übernahm der Fußballpensionär Jupp Heynckes, und Klinsmann überlegte, woran er nun gescheitert war. Bei Günter Jauch, der ihn im Fernsehen als »Obama des

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