Das Prinzip Uli Hoeneß
deutschen Fußballs« vorgestellt hatte, tat er folgende Erkenntnis kund: In München seien die entscheidenden Leute »auf Besitzdenken fixiert« und hätten sich einfach »nicht weiterentwickeln wollen«; die Bayern-Granden Beckenbauer, Rummenigge und Hoeneß seien »Alphatiere«, mit denen man sich zu reiben habe. Der Moderator Jauch sei ein »Gefälligkeitsjournalist«, keilte Uli Hoeneß zurück und witzelte: »Wenn Jürgen der Obama des deutschen Fußballs ist, dann bin ich Mutter Teresa.«
Das Möchtegern-Alphatier Klinsmann, so könnte man zusammenfassen, hat erfahren müssen, was es heißt, in ein von alteingesessenen und schwergewichtigen Patriarchen besetztes Gebiet einzudringen und dort den Chef spielen zu wollen. Nur bei maximalem Erfolg hätte er eine Chance gehabt, vom Führungszirkel der Bayern als Nachwuchs-Platzhirsch akzeptiert zu werden.
Mit Louis van Gaal, dem Ex-Trainer des FC Barcelona und Champions-League-Sieger mit Ajax Amsterdam, setzte der FC Bayern dann zur Saison 2009/10 wieder auf einen ganz anderen, möglicherweise passenderen Trainertypen. Kurz nach seinem Amtsantritt beschrieb sich der autoritäre Niederländer, der eigentlich schon viel früher – und statt Klinsmann – nach München hätte kommen sollen, als »selbstbewusst, arrogant, dominant, ehrlich, arbeitsam, innovativ, aber auch warm und familiär«. Ein Mann wie der FC Bayern also – oder wie Uli Hoeneß.
Die Sache mit dem Aktenkoffer
Eine Trainerentlassung empfand der Manager Hoeneß als sachlich notwendige Maßnahme, das war nichts Unmenschliches, sondern üblicher Handlungskatalog. Anders sah es aus, wenn es zu Konflikten mit Präsidenten des FC Bayern kam. Als Fritz Scherer, der ehemalige Bayern-Schatzmeister und Professor für Betriebswirtschaftslehre in Augsburg, 1985 den wenig machtbeflissenen Willi O. Hoffmann als Bayern-Präsident ablöste, hatte Uli Hoeneß bald ein Problem. Er diskutiere immer und sei stets lernbereit, erläuterte der Manager im Februar 1986 die Abläufe im Bayern-Präsidium. »Aber wenn ich nach langen Diskussionen in elementaren Dingen der Meinung wäre, dass ein Plan falsch ist«, fügte er mit warnendem Unterton hinzu, »würde ich sagen: Gut, macht das, aber bitte ohne mich. In einer solchen Situation befand ich mich allerdings noch nie.«
Nur ein Jahr später drohte er tatsächlich mit seiner Kündigung. Begründung: Der Präsident habe ihn in der Öffentlichkeit so dargestellt, als könne und dürfe er »nur mit Befehlen und Weisungen von oben« aktiv werden. Der Zwist hatte sich an der Personalie Bernd Schuster entzündet. »Das Ganze entstand«, so Hoeneß, »weil ein Journalist mir in Anderlecht erzählt hat, dass Scherer Interesse hätte. Da wollte ich dem Präsidenten nicht in den Rücken fallen. Und dann kommt von dem der Hammer zurück.« Hoeneß hatte erklärt, ein Schuster im Bayern-Dress sei eine interessante Sache; Scherer hatte daraufhin geäußert, so etwas sei eine reine »Privatidee« von Hoeneß; und dem war daraufhin der Kragen geplatzt. »In der Höhenluft ist es für manche Leute schwer zu leben«, hatte er Scherer angeschossen und gedroht: »Ich lasse mir auch von unserem Präsidenten nicht meine Meinung verbieten.« Es gab schließlich eine offizielle Aussprache, die Drohung mit der Kündigung nahm Hoeneß wieder zurück. Entschuldigen wollte er sich jedoch nicht und beendete die Auseinandersetzung mit dem Satz: »Ich nehme zwar nichts zurück – aber für mich ist die Affäre erledigt.«
Die Affäre mag erledigt gewesen sein, nicht so aber die Konfliktlage. Unterschwellig blieb das Verhältnis zwischen Hoeneß und Scherer weiterhin angespannt. Dazu kamen Differenzen mit Schatzmeister Kurt Hegerich. Wenn Uli Hoeneß witzelte, er sei »kein mächtiger Mann«, denn er dürfe ja nicht einmal einen Scheck unterschreiben, lag darin immer auch eine Spitze gegen den Scheckaussteller Hegerich und seinen Chef Scherer. Die Konflikte spitzten sich so zu, dass Hoeneß mit seiner Kündigung nicht mehr nur drohte – sondern tatsächlich eine aufsetzte. Im März 1989 ließ der Bayern-Manager während eines Interviewtermins in Düsseldorf – »dummerweise«, wie er meinte – seinen Aktenkoffer stehen; und darin fanden neugierige Journalisten, große Überraschung, eine Kopie der vorformulierten Kündigung. Am nächsten Tag gab es natürlich die sensationelle Meldung: »Hoeneß hat gekündigt.« Und natürlich war die Aufregung riesengroß. »Bayern ohne Uli – eine
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