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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker C Dützer
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engagieren sich in Hilfsprojekten für Drogensüchtige, all dieses Zeug eben.“
    „Ich sehe nichts Schlechtes darin“, sagte Sehner.
    „Es ist ja auch nicht schlecht“, druckste sie herum. „Darf ich ganz offen sprechen?“
    Sehner nickte. „Das sollen Sie sogar.“
    „Für die alten Menschen ist das manchmal schwierig zu verstehen. Wir brauchen unsere festen Regeln und wir wollen unseren Gottesdienst so feiern, wie wir ihn aus unserer Jugend kennen.“
    „Das kann ich gut verstehen. Und was hat das mit Wildenberg zu tun?“
    Sie trank einen Schluck Kaffee. „Er war sehr konservativ. Ihm ging dies alles zu weit. Ich weiß, dass er sogar die Messe wieder auf Latein halten wollte und deswegen beim Bischof vorstellig war. Als er wiederkam, war er sehr zornig.“
    „Wie zeigte sich dieser Zorn?“
    Sie schreckte auf. „Oh, er war nicht gewalttätig, wenn Sie das meinen. Nein, ich glaube, sein Ärger über die Welt richtete sich mehr nach innen. Er wollte die Traditionen bewahren, das war ihm sehr wichtig. Manchmal kam er mir vor wie der Fels in der Brandung. Ich glaube, er sah sich gerne in dieser Rolle.“
    Sehner lehnte sich zurück und genoss es, der alten Haushälterin zuzuhören. Es versetzte ihn zurück in seine Kindheit, in eine warme Küche, an heiße Milch mit Honig und spannende Geschichten, die sein Vater erzählt hatte.
    „Da war diese Frau“, begann sie.
    Sehner runzelte die Stirn. Wildenberg war ein katholischerPriester gewesen.
    „Sie fiel mir auf, weil ich sie noch nie gesehen hatte. Sie kam regelmäßig zur Messe und saß immer in der ersten Reihe. Ein paar Wochen später sah ich sie dann während der Proben des Kirchenchors.“
    „Was war daran so ungewöhnlich?“
    Das Gesicht der Haushälterin veränderte sich. Die Freundlichkeit wich aus ihren Zügen und machte Empörung Platz. „Wie sie ihn angeschaut hat! Ihre aufreizende Kleidung, ihr Parfum und ihre Blicke! Sie war die Verführung in Person!“
    „Sie meinen, sie hat dem Pfarrer schöne Augen gemacht? Warum ausgerechnet dem Pfarrer?“
    Sie griff nach der Tasse, ihre Hand zitterte leicht. „Wissen Sie, es gibt solche Frauen. Manche wollen unbedingt einen Arzt heiraten, weil sie es sich in den Kopf gesetzt haben, und andere…“. Sie ließ den Gedanken unausgesprochen.
    Sehner verstand. „Hat sie ihm eindeutige Avancen gemacht?“
    „Das weiß ich nicht. Pfarrer Wildenberg hat mit mir nicht darüber gesprochen. Er sprach nie über sich selbst.“
    Sie blickte Sehner giftig an. „Aber ich bin überzeugt, dass es so war. Sie war ja ständig um ihn herum.“
    „Wie verhielt sich Wildenberg?“, fragte Sehner.
    Sie stellte ihre Tasse ab. „Der Pfarrer tat so, als bemerke er ihr Werben nicht. Dabei war es wirklich nicht zu übersehen. Alle redeten darüber. Und ich meine … er war schließlich ein Mann, auch wenn er unser Pfarrer war.“
    Sehner fragte vorsichtig: „Glauben Sie, die beiden haben…?“
    „Nein“, antwortete sie entrüstet. „Das hätte er niemals getan. Pfarrer Wildenberg war tief in seinem Glauben verwurzelt. Das Gebot der Ehelosigkeit war ihm heilig!“
    Sehner machte sich ein paar Notizen. Während er schrieb, fuhr die Haushälterin fort: „Eines Tages brachte sie die beiden Fremden mit.“
    Er schaute auf. „Fremde?“
    Sie nickte. „Ein Mann und eine Frau. Er war sehr groß und kräftig, aber nicht besonders ansehnlich. Obwohl er noch keine dreißig war, hatte er bereits schütteres Haar. Und wenn er den Mund öffnete, zeigte er eine Reihe schief stehender gelber Zähne.“
    Sie schüttelte sich. „Am schlimmsten aber waren seine Augen. So kalt. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Menschen mit so grausamen Augen gesehen zu haben.“ Sie überlegte einen Moment. „Die Frau war hübsch. Anfang zwanzig, blondes, schulterlanges Haar. Sie schien Angst vor dem Mann zu haben.“
    „Die Namen der beiden kennen Sie nicht zufällig?“
    Sie stützte das Kinn in die Hand und studierte nachdenklich die Kaffeetasse. „Nein. Es will mir nicht einfallen. Aber ich habe sie auch nur einige wenige Male gesehen. Jetzt entsinne ich mich, sie waren häufig beim Kommunionsunterricht zugegen.“
    „Was hatten sie dort zu suchen?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Niemand wusste das. Es gab Gerüchte. Mal hieß es, der Bischof habe sie geschickt, dann waren es Verwandte von Pfarrer Wildenburg. Im Grunde wusste es niemand.“
    Sehner trank seinen Kaffee aus. Es war eine schwache Spur. „Ich

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