Das Prometheus Projekt
Farbe in ihr Gesicht zurück.
„Tut weh“, stammelte sie. „Müssen weg.“
Eine Fahrzeugkolonne näherte sich schnell der Bogenbrücke. Sie hatten keine Zeit mehr, um die gepackte Tasche oder warme Jacken aus dem Haus zu holen.
Adrian hob die Beretta auf und öffnete das Tor des Schuppens. Dann schwang er sich auf das Quad und startete den Motor. Das vierrädrige Motorrad sprang sofort an. Er legte den Gang ein, rollte über den Hof und stoppte vor der Haustür. Eve stand wie hypnotisiert auf der Schwelle und starrte Jacks Kopf an. Sie zitterte heftig. Jacks Tod schien ihr näher zu gehen als all das Schreckliche, das sie vorher erlebt hatte. Adrian reichte ihr die Hand. „Du kannst ihm nicht mehr helfen“, sagte er. „Aber er hätte nicht gewollt, dass du jetzt aufgibst! Jack wäre stolz auf dich!“
Eve stieg wie gelähmt hinter ihm auf das Quad. Auf der Brücke tauchte ein schwarzer Landrover auf.
„Halt dich fest!“, rief Adrian. Er drehte den Gashebel auf und raste auf den Hohlweg zu, der nach Norden in den Wald führte. Sekunden später hatte das Dickicht sie verschluckt.
Sie waren kaum in den dichten Wald eingetaucht, als das der Helikopter über sie hinwegfegte. Der Pilot musste sie entdeckt und über Funk ihre Position weitergegeben haben, denn der Landrover hatte die Verfolgung aufgenommen und holterasch auf. Adrian kam ihre Flucht vor wie ein Dejá-vù jenes heißen Sommertages vor dreiundzwanzig Jahren. Nur standen seine Chancen heute noch schlechter als damals.
Der breite Wirtschaftsweg führte an der Ostseite der Schlucht entlang nach Norden. Adrian verfluchte seine Müdigkeit. Hätte er das Pervitin genommen, wäre er jetzt so aufgekratzt wie ein junger Hund, und sie hätten das Ferienhaus längst erreicht. Stattdessen war er eingeschlafen und hatte vier Stunden verloren.
Der Landrover holte immer weiter auf. Eine verzerrte Stimme dröhnte durch ein Megaphon: „Halten Sie an, Sykes! Sie haben keine Chance, aus dem Wald herauszukommen. Übergeben Sie uns die Frau!“
Adrian versuchte fieberhaft, sich das Gelände vorzustellen. Der Wirtschaftsweg beschrieb einen Bogen ostwärts, bis er auf die Bundestrasse traf. Von dort aus gelangte man in zwanzig Minuten an den See unterhalb der Schlucht. Aber Brad Wilson überwachte mit Sicherheit sämtliche Straßen im Umkreis.
Ein zweiter, schmaler Waldweg bog nach drei Kilometern scharf nach links ab und führte über eine Holzbrücke durch unwegsames Gelände auf die westliche Seite der Schlucht. Von dort aus mussten sie sich bis zum See durchschlagen. Sie hatten keine andere Wahl.
Der Landrover war jetzt dicht hinter ihnen und versuchte, sie vom Weg abzudrängen. Das Quad raste in Schlangenlinien über den schlammigen Waldweg, der mächtige Kühlergrill des Rovers füllte übergroß die Rückspiegel aus. Das Motorrad machte einen Satz nach vorne, als die Stoßstange des Rovers sein Heck traf. Eve schrie auf und klammerte sich an Adrian. Erzuckte schmerzhaft zusammen, als ihre Finger die Wunden auf seiner Brust berührten.
Der Rover versetzte dem Quad den nächsten Stoß. Vielleicht hoffte der Fahrer, das kleine Motorrad würde sich im verchromten Kuhfänger des Geländewagens verhaken.
Das Gelände links und rechts des Waldweges stieg immer steiler an und verwandelte ihn in eine enge Gasse. Es war nicht mehr weit bis zur Abzweigung, und über die Holzbrücke
konnte ihnen der große Wagen nicht weiter folgen.
Adrian spürte den heißen Luftzug am Kopf, bevor er das Jaulen des Schusses hörte. Sekundenbruchteile später explodierte der rechte Außenspiegel. Es konnte ihnen doch nicht egal sein, ob Eve verletzt wurde - sie brauchten sie lebend! Aber Brad hatte ihn schon vor dreiundzwanzig Jahren am liebsten tot gesehen. Vielleicht ging es ihm nur darum, seinem Hass endlich freien Lauf zu lassen. Eine zweite Kugel schlug dumpf in den Koffer am Heck ein.
„Halten Sie an, Sykes!“, quäkte die Stimme aus dem Megaphon. „Sie machen alles nur schlimmer!“
Das Hinweisschild flog an ihnen vorbei, sie näherten sich der Schlucht. Und dann war die Abzweigung da. Der Landrover krachte in das Heck des Quads und schob das Motorrad über den rutschigen Waldboden. Adrian riss den Lenker herum. Das Quad schoss unter zwei kräftigen Eichen hindurch, deren Stämme sich einander entgegen neigten und einen Torbogen bildeten, der den Eingang zur Schlucht markierte.
Der Hohlweg war gerade breit genug für das Motorrad. Der Fahrer des Landrovers warf das
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