Das Prometheus Projekt
herumgerissen hatte, die Kugeln flogen weit am Ziel vorbei. Er packte die Waffe mit beiden Händen, zielte und drückte den Abzug durch, aber die Beretta klickte wirkungslos. Das Magazin war leer.
In Sekundenbruchteilen war der Angreifer über ihm und begrub ihn unter sich. Adrian prallte mit dem Rücken auf das Pflaster. Sein Gegner richtete sich auf, um Raum für einen entscheidenden Schlag zu gewinnen und stieß dabei ein markerschütterndes Heulen aus. Adrian zog blitzschnell die Beine an und versuchte, ihn zwischen den Beinen zu treffen, aber es blieb bei dem Versuch. Das Monstrum war ungeheuer stark. Die linke Klaue schoss wie der Kopf einer Schlange vor und nagelte seinen Hals am Boden fest. Die andere Hand krallte sich in seine Brust. Über das Gesicht dieser Missgeburt der Hölle wanderte ein schiefes Grinsen. Adrian hätte schwören können, dass dem Ding das Töten Spaß machte. Es verstärkte den Druck seiner Hand und trieb die nadelscharfenKrallen langsam in Adrians Fleisch.
Adrian überlegte fieberhaft, was er tun konnte. Er hatte seine Karten ausgespielt und verloren. Gegen die immense Kraft dieses Gegners kam er nicht an. Vor seinen Augen tanzten bunte Flecken, und die Kraft strömte aus seinem Körper wie Wasser aus einem löchrigen Eimer. Adrian packte den muskulösen Arm mit beiden Händen, aber der eiserne Griff lockerte sich keinen Millimeter. Die Krallen bohrten sich unerbittlich immer tiefer in seine Brust und seinen Hals, bis der Schmerz unerträglich wurde. Das war also das Ende. Nicht in einer öden Steinwüste im Nahen Osten, sondern hier: Auf dem Hof der Burg.
Und dann geschah das Unerwartete: Das Ding ließ von ihm ab. Sein Grinsen verwandelte sich in Erstaunen und schlagartig in puren Schmerz. Es kreischte, zuckte zurück und prallte auf das Pflaster, als habe eine unsichtbare Hand es gepackt und zur Seite geschleudert. Adrian rollte sich herum und kroch hustend und würgend auf das Haus zu. Das Ding lag zusammengekrümmt auf dem Boden und wimmerte schmerzerfüllt, die überlangen Finger an den Schädel gepresst. Adrian richtete sich auf und drehte sich im Kreis. Wo war Eve? War sie vor Entsetzen geflohen?
Dann sah er sie. Sie stand am Rand des Brunnens und taumelte wie eine Betrunkene. Adrian lief zu ihr und fing sie auf, bevor sie zusammenbrach. Eve war wachsbleich, aus ihrer Nase lief ein feiner Blutfaden.
Das Ding kreischte schrill und kratzte mit den Klauen auf dem Pflaster. Was immer die Ursache für seinen Schmerz gewesen war, es kam wieder zu sich, setzte sich auf, streckte die Hand aus und schrie hasserfüllt und voller Schmerzzugleich: „Eeeeeeeeeve!“
Adrian wich zurück. Einen schrecklichen Augenblick lang betrachtete er den Angreifer fasziniert. Diese Kreatur konnte nur einem Alptraum entsprungen sein. Sie war fast zwei Meter groß und hielt sich dennoch gebeugt, als leide sie an einer Verkrümmung des Rückgrates. Ihr Gesicht war von kurzem, blondem Haar umrahmt und pulsierte schimmernd, als seien ihre Züge ständig in Veränderung begriffen. Die Arme waren zu lang und hingen an den Seiten herab wie die eines Affen. Sie endeten in Händen, die viel zu groß waren, mit zu vielen Gelenken, um noch menschlich zu sein. Die Hände! Oh Gott, das waren keine Hände, das waren die scharfen Klauen eines Raubtieres.
Adrian sah sich verzweifelt nach einer Waffe um. In der Scheune gab es Rechen, Hacken und eine große Holzfälleraxt, mit der er sich zur Wehr setzen konnte, aber selbst im schwachen Schein des anbrechenden Tages hatte er keine Chance, sich dieses Ding so lange vom Leib zu halten, bis er an eines der Werkzeuge kam. Es erholte sich schnell und kam auf die Beine.
Doch es griff nicht an. Es stand schwer atmend auf dem Hof und legte den Kopf schief, als lausche es auf ein fernes Geräusch oder eine Stimme in seinem Kopf. Dann stolperte es enttäuscht knurrend zurück, sprang über die niedrige Mauer und verschwand im Wald. Kurz darauf drang ein Heulen aus dem Dunkel, das Adrian durch Mark und Bein fuhr. Welcher Wahnsinnige hatte dieses Geschöpf erschaffen?
Durch das Prasseln des Regens drang ein donnerndes Geräusch. Von Süden her nähert sich das bedrohliche Flapp-flapp eines Helikopters. Die Lichtfinger mehrerer Fahrzeuge tauchtenan der Abzweigung zur Bundesstraße auf. Noch waren sie einen halben Kilometer entfernt. Adrian hatte keine Zeit zu verlieren!
„Eve! Was ist mit dir?“, fragte er. Sie blickte ihn einen Moment verwirrt an, dann kehrte langsam die
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