Das Prometheus Projekt
noch ein verformter KlumpenPlastik.
Aus dem Schaumteppich neben dem verbrannten Schreibtisch ragte eine silbrig glänzende Kante hervor. Sehner stocherte mit dem Schuh im Brandschutt, bis er das Ding freigelegt hatte. Es war ein Bilderrahmen, auf wundersame Weise beinahe unversehrt. Sehner bückte sich, hob den Rahmen aus dem Dreck und befreite ihn vom Ruß. Die linke obere Ecke der Fotografie hatte den Brand unbeschadet überstanden. Sehner erstarrte und betrachtete das Foto eindringlich. Er irrte sich nicht. Das Bild zeigte die Frau auf Wilsons Fahndungsfoto! Sie hatte die gleichen sanften Augen, ihr dunkelbraunes Haar und die schmale Nase. Was mochte das bedeuten? Ein Zufall war die Übereinstimmung mit Sicherheit nicht.
Der Brandgestank nahm ihm den Atem. Sehner trat mit dem Bild in der Hand auf den Hof hinaus. Dann setzte er sich auf die Bruchsteinmauer am Rand des Hofes und stierte grübelnd auf das Foto in seiner Hand. Er konnte sich nicht genau an Christina Sykes erinnern, aber vermutlich war sie die Frau auf dem Bild. Christina Sykes war vor zwei Jahren gestorben. Warum suchte der Amerikaner nach einer Toten?
Sehners Blick wanderte zu dem Weg hinter dem Anwesen, der nach den heftigen Regenfällen der letzten Tage im Schlamm versank. Die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr hatten die Reifenspur unterbrochen und verwischt, aber sie war an manchen Stellen noch deutlich zu erkennen. Die Spur führte vom Schuppen neben der Scheune über den Hof, und von dort aus in den Wald hinein.
Sehner ging um das Haus herum zu den Nebengebäuden. Einer der Feuerwehrleute hatte die beiden Pferde auf die Wiese nebendem Haus geführt. Das zweiflügelige Holztor des Schuppens stand offen. Sehner sah sich im Innern um. Sykes’ Wagen fehlte. An den Wänden standen Regale mit alltäglichem Zeug: Gartengeräte, Spaten und Hacken. In der Nähe des Tores fand er einen Benzinkanister. Er hob ihn auf und schüttelte ihn. Der Kanister war leer.
Sehner drehte sich um und peilte über den Hof. Dann trat er aus dem Schuppen und ging ein Stück den Waldweg entlang. Er konnte die Spur, die er suchte, förmlich mit Händen greifen. Die Reifenspuren, die vom Schuppen weg führten, wiesen eine geringe Spurweite auf. Sie könnten von einem Quad stammen. Sehner fiel auf, dass die Spuren von einem deutlich breiteren Profil überlagert wurden; grobstollige, tiefe Abdrücke, wie sie zu einem Geländewagen passten – einem Landrover vielleicht. Nachdenklich blickte er in den Wald. Was hatte sich hier abgespielt? Was hatte Wilson im Wald gesucht?
Sehner ließ sich von seinem Instinkt treiben und suchte ein Stück des Weges ab. Dabei stolperte er über einen weiteren Benzinkanister im Graben neben dem Weg. Sehner hob ihn auf. Auch dieser Kanister war leer.
Gott bevorzugt Feuer für seine Strafaktionen! – so ähnlich hatte sich der Amerikaner ausgedrückt. Hatte Wilson das Haus von Adrian Sykes angezündet? Aus welchem Grund? Hatte er Spuren verwischen wollen?
Wilson stand abseits und sprach mit den beiden bewaffneten Männern. Er blickte immer wieder zum Waldrand hinüber, als erwarte er etwas – oder jemanden. Einen Moment lang war Sehner versucht, Schmidtbauer anzurufen. Aber das war sinnlos. Wilsons Männer waren mit Sicherheit Angehörige derUS-Army und hatten die Erlaubnis, Waffen zu tragen.
Sehner warf den Kanister zurück in den Graben, ging zum Passat zurück und holte eine Karte aus dem Handschuhfach. Er entfaltete sie auf der Kühlerhaube und studierte sie eingehend. Das ausgedehnte Waldgebiet bot eine Menge Verstecke und wurde von zahlreichen Wegen durchkreuzt. Aber es gab nur zwei Möglichkeiten, wieder herauszukommen. Im Nordwesten wurde das Gebiet von sumpfigen Wiesen begrenzt, an die sich der See anschloss. In östlicher Richtung durchschnitt die Kerbe der Schlucht das Gelände. Sehner faltete die Karte zusammen. Er würde sein Glück an der Hängebrücke im Norden versuchen.
Sehner informierte Windhagen. Er brauchte am nördlichen Ende der Schlucht mehrere Streifenwagen, um die Zugänge zum See abzuriegeln. Dann wies er die inzwischen eingetroffene Truppe der Spurensicherung an, das Haus auf den Kopf zu stellen.
Wilson würdigte ihn keines weiteren Blickes. Es hatte den Anschein, als sei der Amerikaner froh, Sehner loszuwerden.
Der Kommissar stieg in seinen Wagen und machte sich auf den Weg Richtung Norden. Dieser Wald begann ihn mehr und mehr zu interessieren.
18 Tiefes Wasser
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Tiefes Wasser
Das Gebell der
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