Das Prometheus Projekt
alleine in diesem Wald! Adrian schien unerwartete Hilfe zu bekommen. Ob das unheimlicheMonstrum das Blut gewittert hatte? Adrian wusste es nicht, aber er verspürte keine Lust, sich mit dem Ding noch einmal anzulegen.
Wenn er richtig gezählt hatte, hatte er es jetzt nur noch mit den Männern auf dem Quad und drei weiteren Gegnern zu tun. Drei hatte er erledigt, einen zumindest schwer verletzt, und nun hatte Wilsons Truppe einen weiteren Ausfall zu beklagen. Adrian nahm den Bogen auf und rutschte den Abhang hinab. Er musste so schnell wie möglich zu Eve zurück, denn nicht nur Wilsons Bluthunde war ihr auf den Fersen, sondern noch etwas weitaus Gefährlicheres!
Sehner kletterte aus dem Wagen und versank knöcheltief im Matsch. Er fluchte und schlug die Wagentür zu. Der Passat war in zwei tiefen Furchen stecken geblieben, die ein Traktor in den Weg gegraben hatte – unmöglich, den Wagen wieder freizubekommen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu Fuß weiter zu laufen.
Nach vierhundert Metern fand er die ersten beiden Toten. Sie trugen militärische Tarnanzüge ohne Rangabzeichen. Beide waren mit Pfeilen getötet worden und lagen neben einem feuerroten Quad. Sehner rief Windhagen an und gab ihm das Kennzeichen durch. Wenige Minuten später wusste Sehner, was er bereits geahnt hatte: Das Motorrad war auf Adrian Sykes zugelassen.
Sehner schreckte auf. Schüsse halten durch den Wald. Irgendein Verrückter feuerte eine Maschinengewehrsalve ab. In welches mörderische Spiel waren Sykes und Wilson verwickelt? Sehner tastete nach seiner Waffe. Zum ersten Mal seit jenem Tag im Frühling war er bewaffnet in einen Einsatz gegangen. Der kalte Griff der Walther wog schwer in seiner Hand, seine Finger zitterten. Verdammt, er trug die Verantwortung für diese Stadt! Niemand ballerte mit automatischen Waffen in seinem Wald herum!
Entschlossen wandte er sich in die Richtung, aus der das Gewehrfeuer gekommen war, erklomm den mit Herbstlaub bedeckten Hang und erreichte den Felsgrat. Von hier oben musste er einen guten Überblick über das Gelände haben.
Bevor er Atem holen konnte, stolperte er über eine Wurzel und stürzte in einen der zahllosen alten Bombentrichter, die den Wald wie schlecht verheilte Narben durchzogen. Sein Hinterkopf machte schmerzhafte Bekanntschaft mit einem Felsbrocken, der unter der gelben Laubschicht verborgen aus dem Boden ragte. Dann wurde es Nacht um ihn.
Adrian hetzte durch den Wald, bis die helle Kerbe der Schlucht durch das herbstlich gefärbte Laub schimmerte. Er verließ den Wald zehn Meter unterhalb der Hängebrücke und erstarrte. Eve saß auf einer der beiden Stufen, die ins Nichts führten. Zu ihren Füßen lagen zwei große Hunde. Sie drehten die Köpfe, als er aus dem Unterholz auftauchte und begannen leise zu knurren. Einer der beiden Dobermänner stand auf und sträubte das Fell. Eve legte ihm eine Hand auf den Kopf, streichelte ihn und lächelte. Der Hund gähnte und hechelte zufrieden.
Adrian ging vorsichtig näher. „Was hast du mit ihnen gemacht?“, fragte er.
„Nichts. Wir unterhalten uns nur.“
„Ihr, … ihr unterhaltet euch bloß. Ach so. Kannst du ihnen vielleicht vorschlagen, dass sie zu ihren Herrchen zurücklaufen?“
Eve kraulte den großen Hund. „Ja“, antwortete sie und gab dem Dobermann einen leichten Klaps. Der Hund erhob sich auf alle Viere, hechelte leicht belämmert und trottete dann an Adrian vorbei in den Wald, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Der andere Hund folgte ihm in einigem Abstand.
Adrian dachte an die vorbeirauschenden Bilder auf seinem altersschwachen Laptop, an den verrückt spielenden Lift und Eves Hand auf der Motorhaube des Mazdas. Er ließ sich erschöpft auf den Boden fallen. Es stand zum Greifen dicht vor seinen Augen: Christina, wie sie mit ölverschmierten Fingern begeistert an dem alten Traktor in der Scheune herumbastelte und ihr freudestrahlendes Gesicht, als er polternd und stampfend zum Leben erwachte. In seinem Kopf rauschten die Bilder jenes Tages vorbei, an dem sie Jack aus dem Zwinger im Tierheim befreit hatten. Adrian hatte den scheuen Hund nicht dazu bewegen können, den Käfig zu verlassen. Christina hatte keine Worte gebraucht. Der Hirtenhund hatte sofort Vertrauen zu ihr gefasst und war ihr gefolgt. Adrian hatte die Fähigkeit Christinas bewundert, zu allen Tieren eine stumme Verbindung aufbauen zu können.
Konnte es sein, dass Christina noch immer in Eve präsent war? Aber wie war das möglich? Das
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