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Das Pubertier

Das Pubertier

Titel: Das Pubertier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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sei
outdated
. War mir aber egal, denn ihr Bus fährt um zehn nach acht, und dann kann ich – outdated, wie ich bin – meine Lieblingsmusik hören, ich bin ja allein zu Hause. Frei – hahaa –, ein unkontrolliert und ziellos durch die Bude streichender Vater. Aber das bin ich erst nach acht Uhr. Vorher möchte ich nicht von zivilisatorischem Grauen belastet werden.
    Das klappt nicht immer. Wie vorgestern.
    Deutlich vor acht Uhr stieg ich in die Dusche und widmete mich der Restaurierung dessen, was einst hoffnungsvoll als Körper der Erde zugestellt wurde und nun wenigstens noch als gut duftender Zellhaufen durchgehen sollte. Egal. Ich stand also in der Dusche und entdeckte etwas absolut Ungeheuerliches. An der Wand klebte an einem Gummipümpel eine Halterung mit einem Damen-Nassrasierer, der aussah, als hätte sich Luigi Colanis Verachtung für behaarte Frauen in einem Designmassaker kurvige Bahn gebrochen. Ich stand unter dem Wasser und betrachtete das Ding ausgiebig und angeekelt fasziniert.
    Das Teil, mit dem ich drei Mal pro Woche meine Bartstoppeln absäbele, gleicht dem Damenrasierer lediglich in der Funktion. Letzterer besitzt einen organisch aussehenden wulstigen Griff. Der darüber hinaus fleischfarbene Hobel sieht gleichzeitig aus wie ein medizinisches und ein kosmetisches Gerät. Sein
Look & Feel
entspricht der weiblichen Neigung, die profane Entfernung von Haaren zu einem Styling-Event hochzutoupieren. Sehr interessant. Aber auch erschreckend und rätselhaft, dieser Damenmäher. Wenn einmal Marsianer auf unseren Planeten kommen, werden sie in unserer Dusche stehen und versuchen, mit dem Ding nach Hause zu telefonieren.
    Nass und entrüstet rupfte ich – plopp – den Rasierer samt Halterung von der Wand und nahm ihn mit an den Frühstückstisch.
    «Was soll das in meiner Dusche? Ich falle eines Tages tot um, wenn ich morgens so etwas Hässliches sehen muss», sagte ich.
    «Danke, gleichfalls», sagte das Pubertier. Sie nimmt jede Chance wahr, mich zu ärgern.
    «Wer hat das da hingeklebt?», versuchte ich es weiter.
    Carla hob träge die Hand. Dann teilte sie mit, dass sie diesen Rasierer brauche, um dem gesellschaftlichen Zwang völliger Haarlosigkeit zu entsprechen. Allerdings habe sie die Haare auf den Unterarmen vergessen. Ich sagte, dass der Mensch kein Nacktmull sei und von Natur aus Haare auf den Unterarmen besitze und dass daran nichts verkehrt sei. Wenn einem langweilig sei, könne man mit Spucke kleine Eiffeltürmchen daraus drehen. Das sei doch toll. Carla sah mich mitleidig an, sagte, dass ich so outdated sei, und verschwand zur Schule.
    Bestimmt hat sie recht. Haare sind ein riesiges Thema. Cristiano Ronaldo ließ sich tatsächlich einmal während der Europameisterschaft in der Halbzeitpause des Spiels gegen die Niederlande frisieren. Mehmet Scholl-Latour hat gerade erst im Fernsehen erzählt, dass ihm zwar immer weniger Haare auf dem Kopf wüchsen, aber dafür mehr auf dem Rücken. Und die Playmobil-Frisur von Jogi Löw gibt es inzwischen als Perücke im Internet zu kaufen. Ich beschäftige mich offenbar zu wenig mit diesem Thema und halte es zu Unrecht für weiblich.
    Aber so ein Macho wie mein Sohn Nick bin ich trotzdem nicht. Kaum war Carla aus der Tür, verkündete er, dass er gerne ein Seepferdchen wäre. «Warum?», fragte ich und trank den letzten Schluck Espresso. «Weil bei denen die Männchen selber Babys kriegen können. Die brauchen gar keine Frauen.»
    Ein faszinierender Gedanke. Keine Frau bedeutet: kein Nassrasierer mit Halterung in der Dusche. Das schon. Aber das Leben wäre eindeutig langweiliger.

Im Pubertierlabor 3: Zeitverbleib
    Es kommt nur selten vor, dass die Gesetze der Naturwissenschaft ergänzt werden müssen. Die gängigen Formeln funktionieren, und zumindest jenen, die stumpf gebüffelt haben, ist die Welt zur Belohnung ein annähernd offenes Buch. Es existieren Formelsätze für die Berechnung von Flächen und Formen, für Kraft, Geschwindigkeit, Masse und Zeit. Und doch muss hier und da Neues in den Kanon aufgenommen werden.
    Jetzt zum Beispiel. Dem Versuchsleiter des Pubertierlabors ist es nämlich gelungen, eine neue Formel zu entwickeln. Nach monatelanger Tüftelarbeit hat er den Zeitbegriff einer nunmehr fünfzehnjährigen weiblichen Person definiert. Man könnte auch sagen, dass er diesen Zeitbegriff aus der Irrationalität der pubertären Weltsicht gerissen hat, um ihn in ein mathematisches Korsett zu zwingen.
    Wer sich also zukünftig mit

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