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Das Puppenzimmer - Roman

Das Puppenzimmer - Roman

Titel: Das Puppenzimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Ilisch
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mir.
    »Kann ich dir helfen?«, flüsterte ich. Wenn ich die Hände schon einmal im Wasser hatte, einer gemeinen heißen Lauge, konnte ich mich ebenso gut nützlich machen.
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Aber danke.« Sie schrubbte schneller. »Du kommst aus London, nicht?«
    Ich nickte. Da niemand hier etwas von Whitton gehört haben würde, konnte ich ebenso gut tun, als käme ich aus der City.
    »Das muss toll sein, nicht?«
    Dazu konnte ich nur die Schultern zucken. Es war ja nicht so, dass ich viel von London kannte – meine Welt war nicht größer gewesen als das Dreieck aus Waisenhaus, Schule und Kirche, gelegentlich erweitert um gemeinschaftliche Spaziergänge im Park und heimliche Ausflüge in die Leihbücherei. Den König hatte ich genauso wenig zu Gesicht bekommen wie Westminster Abbey oder den Tower. Trotzdem, ich kam aus London. So gut wie.
    »Und, hast du die limbischen Spiele gesehen?«
    Ich lächelte nur ganz leise in mich hinein und das Mädchen nicht aus. »Die haben noch nicht angefangen«, sagte ich. Aber selbst wenn, hätte ich nicht viel mehr von der Olympiade mitbekommen als das, was sie in der Zeitung schrieben. Und da ich in St. Margaret’s nicht jeden Tag eine Zeitung in die Finger bekommen hatte, und wenn, dann auch nur das alte Zeug, was zum Verfeuern am Kamin lag, war ich keine Expertin für die neuesten Nachrichten.
    »Das ist bestimmt schade«, sagte die Scheuermagd. Noch leiser fuhr sie fort: »Florence ist ein schöner Name …« Und dann wisperte sie, dass ich es kaum noch verstehen konnte: »Hat sie dich so genannt?«
    »Hmhm.«
    »Mich auch.« Schnell setzte sie hinterher: »Also, nicht Florence, natürlich. Ich bin jetzt Lucy.« Fast vergaß sie zu flüstern vor Entrüstung: »Ich bin doch nur eine Scheuermagd! Mein Name kann ihr doch egal sein!«
    »Wie heißt du denn?«, fragte ich. »Oder, wie hießest du?«
    »Gebt ihr wohl Ruhe?«, fauchte die Köchin, ehe Lucy auch nur den Mund aufmachen konnte. »Du, halte meine Mädchen nicht von der Arbeit ab! Deine Hände müssen doch längst sauber sein, oder was ist?«
    Ich stand schnell auf und hielt meine nassen Hände vor mich wie einen Schild. Sie waren längst nicht so rot geschrubbt wie Lucys, aber ich hatte doch eine gewisse Vorstellung bekommen. »Verrat es mir beim nächsten Mal«, sagte ich zu dem Mädchen. »Ich komme bestimmt noch mal hier herunter.« Dann strahlte ich die Köchin an. »Handtuch?« Ich konnte ihr schlecht sagen, dass ich mich noch an keinem Ort in Hollyhock so zu Hause gefühlt hatte wie hier. Die Decke war schwarz und niedrig, Schwaden hingen in der Luft vom Kochen und vom Spülwasser, es roch nicht nach Staub und nicht nach Garten, sondern rauchig, fettig und stickig, und auch an Anschnauzer war ich gewöhnt. Dazu die Köchin, die Scheuermagd, und noch eine Küchenmagd, die an einem Tisch saß und so konzentriert Sellerie klein schnitt, als wollte sie mich demonstrativ ignorieren und der Köchin zeigen, wie emsig sie im Gegensatz zu dem anderen Mädchen, diesem faulen Stück, doch war.
    »Ich darf ihn nicht mehr sagen«, flüsterte Lucy mir zu. »Sie wollen den Namen hier im Haus nicht hören.«
    Und mit diesem Rätsel, das ein echtes Geheimnis sein mochte, dafür aber mit blitzsauberen Händen, wurde ich aus der Küche gejagt und zurück in den Salon, wo ich alles tun würde, um mir den kleinen schwarzen Schlüssel zu verdienen.

Drittes Kapitel
    Einen Moment lang war ich wieder im Waisenhaus, und es war Adoptionstag. Dort wie hier stand ich, das Kleid adrett, wenn auch mit ungekämmtem Haar, und streckte meine blankgeschrubbten Fingerchen aus. Da konnte ich noch so sehr versuchen, in der Schule gute Leistungen zu bringen, sie interessierten niemanden. Selbst wenn Frauen inzwischen zur Universität gehen durften, so war das noch lange nicht die Zukunft von Waisenmädchen, und weder in der Fabrik noch als Küchenmagd noch beim Zirkus würde irgendjemand fragen, ob ich mein Algebra gelernt hatte oder wann die Schlacht am Boyne stattgefunden hatte. Aber saubere Finger, die wollten sie alle von uns sehen, selbst in Hollyhock. Ich streckte meine Hände aus, als ob ein unsichtbares Klavier vor mir stünde, und schloss die Augen, um niemanden ansehen zu müssen und ob des Anblicks unwillkürlich loszulachen.
    »Sehr gut«, sagte Rufus. »Du wirst in Zukunft darauf achten, dass deine Hände immer sauber sind, insbesondere, wenn du an die Arbeit gehst. Wir verlangen nicht viel von dir, nicht mehr als

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