Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
wettet, und Ihr werdet wegen Unglaubens in der Hölle schmoren!«
Gerade als Gärtner protestieren wollte, erklärte Monsieur Gariere, dass das Dokument fertig war und nun unterschrieben werden konnte. Gärtner trat an das Pult und setzte unter die kunstvoll geschriebenen Zeilen seine Unterschrift. Dann reichte der Sekretär Orffyreus die Feder. Dieser überflog die Zeilen und fügte seinen Namen neben den von Gärtner – jedoch in doppelter Größe.
»Wir werden sehen, wer in dreißig Tagen in der Hölle schmoren wird«, raunte Gärtner Orffyreus zu.
»Welch eine merkwürdige Feindschaft zwischen Euch!«, bemerkte die Marquise amüsiert. Dann schob sie Orffyreus sanft in die Mitte des Raumes. »Wenn Ihr nun das Rad bewegen würdet?«
Orffyreus trat an das Rad heran, begutachtete es noch einmal kurz von allen Seiten und gab ihm dann einen gewaltigen Schwung. Das Rad begann sich zu drehen, wurde schneller und erreichte bald eine zügige Fahrt. Aus dem Inneren drang ein lautes, gleichmäßiges Schlagen, gleich so, als würde man mit einem Hammer auf Metall hauen.
»Es ist vollbracht!«, rief Orffyreus und beobachtete zufrieden den Lauf der Apparatur.
»Gut, dann darf ich Euch bitten, den Raum zu verlassen!« Die Marquise deutete auf die offene Tür.
Während sich im Hintergrund das Rad drehte, zog sich die kleine Gruppe zurück auf den Flur. Zwei Diener schlossen die Flügeltüren hinter ihnen. Als dies geschehen war, öffnete einer der Diener das mitgebrachte Kästchen. Er entzündete eine Kerze, entnahm einen kleinen Behälter mit rotem Siegelwachs und erhitzte diesen über der Flamme. Die weiche Masse ließ er ein wenig abkühlen, knetete sie dann zu einem kleinen Ball und drückte ihn gegen den Spalt zwischen den beiden Flügeltüren. Die Masse breitete er geschickt aus, sodass sie die Türen zu beiden Seiten eine Handbreit bedeckte. Dann reichte er der Marquise einen silbernen Stempel mit ihrem Wappen. Sie trat zum Eingang und drückte den Stempel genau über dem Spalt zwischen den beiden Flügeltüren in das noch warme Siegelwachs. Nachdem sie den Stempel entfernt hatte, war ihr Wappen in dem Wachs deutlich zu erkennen. Sie reichte dem Diener, der zwischenzeitlich die Kerze gelöscht hatte, den Stempel. Diesen legte er in das Kästchen und verschloss es sorgfältig.
»Der Raum ist versiegelt«, stellte die Marquise fest. »Niemand außer mir verfügt über dieses Siegel. Sollte also jemand den Raum in den nächsten dreißig Tagen betreten, wird dies durch den Bruch des Siegels verraten. In diesem Fall wird die Wette annulliert. Und sollte einem von Euch der Siegelbruch nachgewiesen werden, sorge ich dafür, dass dies durch den Landgrafen mit aller Strenge bestraft wird. Ich werde den Wachen zusätzlich aufgeben, während des Tages und der Nacht vor diesem Raum zu patrouillieren. Die Wette gilt.«
»Die Wette gilt«, wiederholte Gärtner und blickte herausfordernd auf Orffyreus.
Der Erfinder schaute erst die Marquise und dann Gärtner mit ernster Miene an. »Die Wette gilt!«, brummte er.
83
Die Fahrt vom Herkules-Denkmal hinab in die Innenstadt von Kassel dauerte keine zwanzig Minuten. Wir ließen uns am Bahnhof absetzen, schlenderten ein wenig umher und betraten in einer abgelegenen Seitenstraße eine Pension. Die Frau an der Rezeption war froh, ein Zimmer an uns zu vermieten, und stellte keine Fragen. Beim Ausfüllen des Gästeformulars dachte ich mir zwei Namen aus und schrieb obendrein unleserlich.
Während Julia sich als Erstes duschte, machte ich mir einen Tee; das Zubehör dafür entdeckte ich in einem Regal im Kleiderschrank. Julia legte sich dann auf das Bett und schlief sofort ein. Das Hotel verfügte über ein kostenloses WLAN-Netz, sodass ich hier unbemerkt ins Internet gehen konnte. Ich holte also meinen Computer aus der Tasche und loggte mich ein.
Ohne langes Suchen fand ich unter den Stichworten »Herkules« und »Kassel« Artikel zu der geplanten Sanierung. In den Zeitungsberichten fand sich der Name der ausführenden Baufirma: ein Unternehmen mit Sitz in Paris, dessen Geschäftsführer ein Franzose namens Frederik Margou war. Ich öffnete die Webseiten des Unternehmens, fand aber nichts von Interesse. Weiter stand in dem Artikel, dass das Geld von einer Stiftung mit Sitz in Genf zur Verfügung gestellt wurde. Der Name der Stiftung lautete Culturesave . Eine Suche nach der Stiftung bei Google brachte kaum Treffer. Ich erinnerte mich an Stefan Sprüngli, den ich während meiner
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