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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Bettenhausen. Selbst Aufträge wurden meist nicht auf dem Messinghof vergeben, sondern in der nahen Stadt oder im Umland eingeholt. Zur Enttäuschung der Arbeiter ließ die Kutsche den Trakt, in dem sich die Gießerei befand, rechts liegen und kam erst hinter dem Gebäude zum Stehen. So sahen sie nicht, wie der Fahrgast dem Gefährt entstieg und durch einen Hintereingang in die Gießerei eilte.
    In dem aus Stein erbauten Gebäude lief Orffyreus die Treppe hinauf bis in das erste Obergeschoss, blieb vor einer Tür stehen und klopfte energisch mit dem Knauf seines Stockes dagegen.
    »Herein!«, rief eine helle Stimme aus dem Inneren; der Aufforderung folgte ein merkwürdiger kehliger Laut.
    Orffyreus öffnete die Tür und trat ein. Er stand in einem kleinen Arbeitszimmer, das kaum groß genug war, um zwei Männer gleichzeitig aufzunehmen. An einem schmalen Schreibtisch, der zu einer der schrägen Wände hin ausgerichtet war, saß Johann Jakob Anthoni, ein stämmiger Mann, dessen Kopf eine kurze hellgraue Perücke zierte. Er war in das Gewand eines Handwerkers gehüllt, jedoch in einer ungewöhnlich edlen Ausführung, wie nur Goldschmiede es trugen. Überrascht erhob er sich von seinem hölzernen Schemel.
    »Wie ich höre, plagt Euch der Schluckauf noch immer, mein lieber Anthoni«, bemerkte Orffyreus nach der Begrüßung.
    »Seit nunmehr achtzehn Jahren!«, betonte Anthoni, wobei seine Worte von einem glucksenden Geräusch unterbrochen wurden. »Ich habe keine Hoffnung mehr, dass er mich irgendwann wieder verlässt.« Erneut musste er seinen Satz für einen Schluckauf unterbrechen.
    »Habt Ihr schon einmal für einige Minuten auf etwas Dunkelbraunes geschaut?«, fragte Orffyreus. »Ein Reisender aus Wien empfahl mir diese Methode einmal auf einem Jagdausflug, und sie half sofort!«
    »Alles habe ich probiert«, antwortete Anthoni und winkte ab. »Ich habe diesen elenden Schlick sogar vor Jahren von einer alten Hexe in Merseburg besprechen lassen. Nichts hat geholfen. Am schlimmsten ist es des Nachts.« Während Anthoni sprach, verschlang der Schluckauf immer wieder einzelne Silben seiner Wörter.
    »Das tut mir aufrichtig leid. Nun, ich bin wegen unseres kleinen Geschäfts hergekommen. Wie man hört, ist der Herkules fertiggestellt und soll schon übermorgen auf dem Oktogon aufgestellt werden. Bei der Ankunft sah ich die Arbeiter vor der Mühle pausieren. Die Kupferhämmer stehen also endlich still!«
    Anthoni nickte. »Vier ganze Jahre habe ich die Kupferplatten für die Statue hier nun getrieben. Sie sind fertig. Die Statue steht in der Tat vor ihrer Vollendung. Kommt, ich führe Euch zu ihr!« Der Schluckauf schüttelte ihn durch.
    »Nur allzu gern!«, rief Orffyreus erfreut aus.
    »Dann folgt mir!« Anthoni drängte sich an Orffyreus vorbei und führte ihn durch einen Gang zu einer großen Halle, die fast so hoch war wie das ganze Gebäude. Da der Eingang, durch den sie kamen, im Obergeschoss war, mussten sie über eine kleine Galerie gehen und dann eine enge Wendeltreppe hinabsteigen, um den Hallenboden zu erreichen. Dort angekommen, lag vor ihnen ein riesiger Körper aus Kupfer.
    »Die Statue misst über fünfzehn Schritte!«, sagte der Goldschmied voller Stolz – oder zumindest glaubte Orffyreus dies zu vernehmen, da die glucksenden Geräusche, die Anthoni ständig ausstieß, das Verstehen erschwerten. Orffyreus schritt die Figur langsam, fast ehrfürchtig ab und strich mit der Hand über das rötlichbraune Metall, das im Dämmerlicht der Halle fast schwarz schimmerte.
    »Sie ist himmlisch!«, flüsterte Orffyreus und blieb schließlich neben dem riesigen Kopf stehen. Aus großen runden Augen starrte das Abbild ihn leblos an.
    »Nicht wahr?«, entgegnete Anthoni.
    Orffyreus löste sich vom Anblick der Statue, ging auf Anthoni zu und umarmte ihn schweigend.
    »Man erzählt sich, Ihr hättet dem Landgrafen zum Abbild des Herkules Farnese geraten?«, fragte Anthoni, nachdem Orffyreus ihn losgelassen hatte.
    »Die Leute erzählen viel«, entgegnete Orffyreus und schritt zurück zur Statue, um seine Hand auf das kühle Kupfer zu legen. »Mit Sicherheit ist es die stolzeste Statue, die je geschaffen wurde.«
    »Gewiss!«, stimmte Anthoni zu.
    »Und habt Ihr schon ein geeignetes Versteck in der Statue gefunden?«
    »Hier, direkt unter den Locken!«, erwiderte Anthoni und zeigte auf den Kopf der Statue.
    »Dann vertraue ich Euch nun den meinigen Teil an«, sagte Orffyreus. »Er ist in der Kutsche!«
    »Hier entlang!«,

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