Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
ist Blasphemie, wenn ihr Euer betrügerisches Rad oder Euch selbst in den Gottesstand erhebt!«, zischte Gärtner böse.
»In diesem Rad zeigt sich die göttliche Kraft. Bestreitet Ihr deren Existenz, bestreitet Ihr die Existenz Gottes! Hättet Ihr die Thesen von Blaise Pascal gelesen, Gott habe ihn selig, wüsstet Ihr, dass Ihr nur verlieren könnt!«
Nun war es Gärtner, der laut lachte. »Blaise Pascal würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass ein Betrüger wie Ihr Euch auf ihn beruft. Er hat wahrhaft Größeres verdient!«
Orffyreus machte einen Schritt auf Gärtner zu. Die Kammerzofen wichen erschrocken hinter die Marquise, die das Wortgefecht aufmerksam verfolgte.
»Was hat dieser Blaise Pascal mit Eurer Wette zu tun?«, fragte sie mit spitzer Stimme.
»Wenn Ihr erlaubt, Marquise, erkläre ich es Euch«, antwortete Orffyreus. »Blaise Pascal war ein Landsmann von Euch. Er war Mathematiker, Physiker, Philosoph und Theologe. Vielleicht habt Ihr von seinen Pensées sur la religion et autres sujets gehört?«
Die Marquise schüttelte den Kopf.
»Ihr kennt aber die ewigen Zweifler und Blasphemiker, die stets nach einem Beweis dafür suchen, der ihnen ein unumstößliches Zeichen ist, dass es den Allmächtigen tatsächlich gibt. Und Blaise Pascal hat hier eine entscheidende Antwort gegeben.«
Die Marquise legte ihre Stirn in Falten und bedeutete Orffyreus mit einer Handbewegung, fortzufahren.
»Nun, Madame, Ihr selbst würdet niemals darauf wetten, dass es den Herrgott nicht gibt; dem steht Eure Frömmigkeit entgegen! Aber stellt Euch vor, unter all den Professoren und Gelehrten gibt es so viele dieser Erzlumpen, die unserem Herrgott das Dasein abstreiten, allein weil er für sie nicht fassbar ist. Als Hüter der reinen Lehre bezeichnen sie sich und folgen allein der Maxime, dass nur das, was sie in eine ihrer Gleichungen fassen können, auch existent sei. Das aber ist töricht, und den Beweis dafür hat eben dieser Pascal erbracht.« Orffyreus machte eine kurze Pause und fixierte Gärtner mit strengem Blick.
Dieser hatte sich auf einen der Schemel gesetzt, die Orffyreus zuvor für die Arbeiten an der Maschine benutzt hatte, und sah ihn spöttisch an. »Er soll nicht schwafeln!«, rief er und winkte ab.
Die Marquise war jedoch Orffyreus’ Worten interessiert gefolgt, was dieser zufrieden zur Kenntnis nahm. »Pascal zufolge kann derjenige, der gegen die Existenz Gottes wettet, nur verlieren!«, hob er hervor.
»Wenn dies festzustellen die große Leistung des Monsieur Pascal ist, dann hat er nicht viel geleistet!«, bemerkte die Marquise enttäuscht.
Orffyreus bat sie mit einer Geste um etwas Geduld, bevor er fortfuhr: »Genau genommen gibt es bei einer Wette auf Gottes Existenz vier Möglichkeiten: Man wettet, dass es einen Gott gibt, und es gibt ihn tatsächlich. In diesem Fall wird man für seinen festen Glauben mit dem Himmel und Paradies belohnt. Oder man wettet, dass es einen Gott gibt, und es gibt doch keinen. In diesem Fall passiert nichts. Ebenso geschieht nichts, wenn man gegen Gottes Dasein wettet und es ihn tatsächlich nicht gibt. Wettet man aber gegen die Existenz Gottes – und es gibt ihn tatsächlich –, dann wird man ohne Zweifel wegen seines fehlenden Glaubens in der Hölle landen. Die beste Entscheidung ist demnach, an Gott zu glauben und auf dessen Existenz zu wetten. In diesem Fall kann man nur gewinnen. Setzt man aber gegen dessen Existenz, so kann man nur verlieren.«
»Also wenn man gewinnt, gewinnt man alles, verliert man aber, so verliert man alles?«, fragte plötzlich Marie, eine der Zofen, und trat hinter dem Rücken der Marquise hervor. »Genauso!«, rief Orffyreus anerkennend.
Die Marquise drehte sich zur Seite und schlug mit der Hand nach der Zofe. »Halt deinen Mund, du dummes Mädchen!«
Die Zofe wich erschrocken zurück.
»Was hat das aber mit unserer Wette zu schaffen?«, wollte Gärtner wissen, erhob sich von seinem Schemel und gab sich sogleich selbst die Antwort: »Nichts! Ihr seid bloß ein Schwafler!«
Orffyreus schüttelte den Kopf. »Es ist ein großer Fehler von Euch, Gärtner, gegen die perpetuierliche Kraft zu wetten, deren Geheimnis mir von unserem Herrn anvertraut wurde. Da ich stets an das Perpetuum mobile und damit auch an die göttliche Kraft geglaubt habe, werde ich alles gewinnen, doch Ihr werdet alles verlieren, da Ihr an nichts glaubt. Der Herr wird es Euch übel nehmen, dass Ihr gegen das Perpetuum mobile und damit auch gegen ihn
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