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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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des Baugerüsts und vor uns das schwarze Loch, das direkt in die Statue führte.
    Ich blickte nach oben. Über uns hing schaukelnd der Kopf des Herkules. Auch er war hohl. Ich zog die Taschenlampe wieder heraus und benötigte ein paar Versuche, bis es mir gelang, sie mit meinen nassen Händen einzuschalten. Sie spendete keinen besonders hellen Lichtschein, doch er genügte, um das Innere des Kopfes vage zu erkennen. Drinnen war eine Art Gestänge, um das herum der Kopf offenbar von seinem Schöpfer aufgebaut worden war. Ich leuchtete in das Loch unter uns, um in das Innere der Statue zu blicken. Auch hier war ein dichtes Gerüst zu erkennen.
    »Ich fürchte, wir müssen da rein!«, schrie ich Julia zu. Als ich ihre entsetzten Augen sah, fügte ich rasch hinzu: »Ich gehe allein, und du wartest hier.«
    Julia beugte sich vor und schaute in die Statue. »Wie willst du da runter ohne Leiter?«
    »Ich klettere die Verstrebungen hinunter«, antwortete ich. Dies schien mir nicht besonders wagemutig, da das Stützwerk aus massiven Eisenstangen bestand. Auch waren die Verstrebungen, soweit ich im Schein meiner Taschenlampe erkennen konnte, so angebracht, dass man sie wie eine Leiter nutzen konnte.
    »Viel Glück!«, schrie Julia.
    »Nimm du die Taschenlampe und leuchte von oben hinein. Ich brauche die Hände zum Klettern!«
    Ich gab Julia die Lampe und den Rucksack. Vorsichtig richtete ich mich neben dem Loch auf, setzte mich auf den Rand und ließ die Beine hinabbaumeln. Unter mir ging es etliche Meter in die Tiefe. Ich streckte meine Arme aus und ergriff die oberste Stange des Gerüsts, das die Statue im Inneren zusammenhielt. Das Metall fühlte sich kalt und rau an, schien aber stabil zu sein. Anschließend glitt ich mit einem Bein hinab. Zunächst rutschte ich mit meinem nassen Turnschuh zweimal ab, dann fand ich auch mit dem Fuß Halt auf einer Stange. Rasch setzte ich meinen anderen Fuß daneben. Geschafft – ich war in der Statue! Langsam hangelte ich mich in ihr hinab. Ein modriger Geruch umgab mich, und ich spürte, wie meine Handinnenflächen schmerzten, wenn sie über das durch Korrosion aufgeraute Eisen rieben. Plötzlich hörte ich hinter mir ein lautes Pfeifen.
    »Leuchte mal hinter mich!«, bat ich laut.
    Meine Stimme klang unwirklich und hohl. Doch Julia verstand meine Worte, denn sie kam umgehend meiner Bitte nach. Als ich nach hinten blickte, sah ich mehrere Löcher in der Statue. Durch die Öffnungen pfiff der Wind.
    »Ist gut!«, schrie ich. »Und jetzt unter mich!«
    Der kleine Strahl der Taschenlampe ging an mir vorbei und leuchtete bis fast zum Boden. Außer dem Gerüst war nichts zu erkennen. Ich kletterte weiter hinab. Irgendwo neben mir raschelte etwas.
    »Leuchte mal gegen die Wand!«, rief ich.
    Ich erkannte einige Fledermäuse. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Plötzlich gab eine der Streben, an der ich mich festhielt, nach und brach ab. Reflexartig riss ich den Arm hoch, um mich irgendwo festzuhalten – doch im selben Moment rutschte ich mit der glitschigen Sohle meines rechten Schuhes ab.
    Mit einem lauten Schrei fiel ich die letzten Meter hinab.
    »Ist alles in Ordnung?«, hörte ich Julia rufen.
    Meine Landung war hart. Ich stieß gegen eine der Streben, prallte unten gegen die metallene Rückseite der Figur und fiel auf meinen Steiß. Zum Glück schien ich nicht ernster verletzt zu sein, doch vorsichtshalber blieb ich erst einmal sitzen.
    »Alles in Ordnung!«, erwiderte ich. »Ich bin abgerutscht!« Um mich herum war Wasser; offenbar hatte sich der durch das Loch eindringende Regen hier unten gesammelt. Im Dunklen ertastete ich etwas Metallisches. »Leuchte zu mir!«, rief ich.
    »Die Lampe ist zu schwach!«, antwortete Julia. Ihre Stimme klang weit entfernt.
    »Lass sie fallen! Ich fange sie auf!«
    Ich blickte hoch und sah, wie das Licht der Lampe auf mich zuraste. Ich riss die Hände hoch, um die Taschenlampe aufzufangen. Doch sie rutschte mir aus den Fingern und fiel neben mir auf den Boden. Ich fischte sie aus dem Wasser. Zum Glück war sie unbeschädigt geblieben.
    »Ich hab sie!«, brüllte ich hoch.
    Hier unten roch es nach Ammoniak. Ich leuchtete auf den Boden neben mir. Ich saß inmitten von Kot – vermutlich von den Fledermäusen, die in der Statue lebten. Deshalb roch es hier auch so streng. Zwischen dem Kot lagen überall kleine verrostete und korrodierte Metallteile. Sie waren offenbar im Laufe der Jahre von dem Gerüst über mir abgefallen. Ich richtete mich

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