Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
überfahren. Doch nun hatten er, Sergeij, und sein Partner Dimitrij die Sache in die Hand genommen.
Er hatte sein Auto schräg gegenüber dem Haus in Hamburg geparkt, in dem der Mann wohnte – und zwar so, dass er den Eingang gut überblicken konnte, aber von dort aus nicht zu sehen war. Sein Wagen: ein unauffälliger Citroën, der denselben Wiedererkennungswert besaß wie ein Lokführer für einen Bahnreisenden. Dimitrij ruhte sich unterdessen einige Straßen weiter in einem am Straßenrand geparkten VW-Bus aus. Das Handy hatte er sich um den Hals gehängt, sodass er bei einem Anruf blitzschnell reagieren konnte.
Als die beiden Zielpersonen das Haus verließen, folgte Sergeij ihnen im sicheren Abstand. Die Verfolgung eines PKWs war eine Kunst, die man entweder beherrschte oder nicht. Das Schwierige war nicht, dranzubleiben, sondern dabei nicht aufzufallen. Um dies zu gewährleisten, musste man sich in die Situation des zu verfolgenden Fahrers hineinversetzen. Seine Sicht nach hinten und zur Seite war beschränkt. Die Kunst bestand also darin, sich dort aufzuhalten, wo er seinen Beschatter nicht sehen konnte. Auf einspurigen Straßen musste man den Verkehr benutzen, um sich zu verbergen, und bei längeren Distanzen benötigte man zwingend mehrere Autos, um sich abzuwechseln. Auf mehrspurigen Straßen konnte man es sich hingegen durchaus leisten, sich unterwegs in der Nähe des Zielobjekts aufzuhalten.
Im Moment folgte Sergeij den beiden mit einem gehörigen Abstand. Dimitrij, mit dem er sich abwechseln würde, blieb noch weiter zurück. Dies konnten sie sich leisten, weil sie am Auto ihrer Zielpersonen einen Peilsender angebracht hatten. Ihre Navigationsgeräte waren so modifiziert, dass auf den Monitoren alle Fahrzeuge angezeigt wurden, die an der Observation beteiligt waren: Das Zielfahrzeug wurde rot dargestellt, sein Citroën grün, Dimitrijs VW-Bus blau; schwarz war Iwans Motorroller und gelb das Fahrrad von Rudolf. Die zwei Letzteren warteten auf ihren Positionen und würden nur im Notfall eingreifen.
Die beiden Zielpersonen waren heute spät aufgestanden. Der Mann offenbar zuerst. Er ging dann auf die Terrasse hinaus; und als die Frau dazukam, hörte Sergeij, wie eine Tasse oder ein Becher zerbrach. Durch die Kamera, die in einem der Rauchmelder im Wohnzimmer versteckt war, konnte er verschwommen erkennen, wie beide sich kurz auf der Terrasse unterhielten und danach durch den Garten spazierten. Offenbar besichtigten sie einige Pflanzen.
Danach war die Frau duschen gegangen. Zu schade, dass sie keine Kamera in der Dusche hatten. Sergeij mochte die Kleine. Sie hatte ein hübsches Gesicht. Ihre dunklen Haare gaben ihr ein rassiges Aussehen. Auch war sie gut gebaut. Vor allem liebte er ihren kleinen festen Hintern. Jammerschade, wenn sie tatsächlich neutralisiert werden müsste. Er hoffte insgeheim, dass er es wenigstens machen durfte. Vielleicht galt ihr letzter Blick ihm. Dieser Gedanke erregte ihn.
Plötzlich sah er aus der Perspektive der Flurkamera, wie die männliche Zielperson splitternackt aus dem Wohnzimmer kam und ebenfalls in das Badezimmer ging. Die Duschwand wurde geöffnet und wieder geschlossen. Eindeutig war er ihr in die Dusche gefolgt. Diese Sau! Sergeij war empört. Kurz darauf hörte er, wie lautes Stöhnen das Brausen des Duschstrahls immer wieder übertönte. Kein Zweifel: Die beiden trieben es unter der Dusche. Er fluchte laut.
Danach hatten die zwei ausgiebig gefrühstückt und über belangloses Zeug geredet. Schließlich hatten sie gemeinsam einige Sachen in eine große Tasche gepackt. Beide sprachen über eine gemeinsame Reise, um sich von der Aufregung der vergangenen Tage zu erholen. Nach Warnemünde an der Ostsee sollte es gehen. Dies hatte er umgehend der Zentrale gemeldet. Reisen bedeuteten Aufwand; vermutlich checkte man schon die Reservierungen der Hotels in Warnemünde. Gegen Mittag verließen beide Zielpersonen – er mit Reisetasche – das Haus und fuhren mit dem Auto zu ihrer Wohnung. Während der Fahrt stritten sie darüber, ob Rhododendron eine Friedhofspflanze sei oder nicht.
Auch in der Wohnung der Frau hatten sie einige Kameras installiert, sodass Sergeij nach dem Parken auf dem kleinen Monitor beobachten konnte, wie auch sie eine Reisetasche packte. Ihm war vorhin nicht entgangen, dass der Mann sechs Boxershorts eingesteckt hatte. Bei ihr zählte er beim Zurechtlegen der Wäsche sieben Slips. Die Anzahl der mitgenommenen Unterwäsche verriet meist die Anzahl
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