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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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kann, dann würde ich es riskieren und heiraten.« Ich hatte leise, fast flüsternd gesprochen und sie nicht aus den Augen gelassen.
    In ihren Augenwinkeln bildeten sich kleine Lachfältchen. Sie streckte ihren Arm aus und strich mir mit der Hand sanft über den Nacken. »Das sagst du jetzt nur, um mich ins Bett zu bekommen«, meinte sie.
    Ich wog kaum merklich den Kopf. »Du liegst doch schon seit drei Nächten in meinem Bett«, konterte ich.
    Sie lachte. Im nächsten Moment drehte sie sich von mir weg und streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus. Plötzlich war es stockdunkel im Zimmer.
    »Bist du noch da?«, flüsterte ich.
    Plötzlich spürte ich ihren Atem über mir. Dann berührten zwei unendlich weiche Lippen meinen Mund.

35
    Merseburg, 1715
    Die blutige Probe hatte sich in der Stadt schnell herumgesprochen.
    Der fremde Erfinder, so erzählte man sich, habe eine Maschine präsentiert, welche so hoch wie drei Männer und so breit wie eine Scheune sei. Sie könne die Arbeit von zwei Dutzend Pferden verrichten. Als es ganz leise im Raum gewesen sei, habe das »Ding« bei seiner Arbeit gehechelt wie ein gehetztes Tier. Einem der Hochgelehrten, die das Perpetuum mobile, wie sie es nannten, begutachten sollten, habe es einen Zentner Ziegelsteine entgegengeschleudert, woraufhin sein Schädel geborsten sei und sein Gehirn sich über alle Anwesenden verteilt habe. Der Leichnam sei umgehend fortgeschafft und verbrannt worden. Es habe schließlich sechsundachtzig ausgewachsener Männer bedurft, um das Rad wieder zum Stehen zu bringen.
    Die Geschichten verbreiteten sich wie Lauffeuer in den Gassen von Merseburg, und Schaulustige aller Stände strömten zu den Vorführungen, die der elegante Sachse nun siebenmal wöchentlich bot.
    Nach einiger Zeit verlangte ein Mann mit dem Namen Christian Gärtner, zum Bürgermeister vorgelassen zu werden. Der Bürgermeister residierte in einem Gebäude im Zentrum der Stadt. Er hieß Wallner und leitete die kleine Verwaltung, die ihre Stellung neben dem herzoglichen Hof zu behaupten versuchte. Wallner war nur selten in seiner Amtsstube anzutreffen; und wenn er sich dort einfand, dann hauptsächlich nur, um zu schlafen. Er war ein kleiner, wohlgenährter Mann mit einem großen Kopf und erinnerte so ein wenig an einen Champignon. Seine buschigen Augenbrauen, die über der Nase zusammengewachsen waren, standen in krassem Gegensatz zu seiner hohen Stirn, die notdürftig durch eine Perücke verdeckt wurde. Sie war allerdings ein wenig zu klein und verrutschte daher ständig, sodass sie eher wie ein zu groß geratener Hut wirkte.
    Gärtner hatte Glück oder die richtigen Informanten: Jedenfalls war Wallner gerade anwesend, als er nach ihm fragte. Wie es den Gepflogenheiten entsprach, versuchte man ihn abzuwimmeln. Dies änderte sich, als Gärtner dem Sekretär, einem schielenden Mann gesetzten Alters, ein Geldstück zusteckte und betonte, dass er ein »Gesandter aus London« sei und es um Leben und Tod ginge. Der Bürgermeister wurde geweckt und empfing schließlich verschlafen und dementsprechend schlecht gelaunt den Fremden. Halb saß er, halb lag er auf einem Stuhl vor einem kleinen Schreibtisch. Als er Gärtner anbot, sich zu setzen, lehnte dieser es ab.
    »Man sagte mir, es ginge um Leben und Tod – richtig?«, fragte Wallner und gähnte.
    »Geht es nicht immer um Leben und Tod?«, entgegnete Gärtner mit einem teuflischen Grinsen.
    »Ein Witzbold!«, entfuhr es dem Bürgermeister, der sich verärgert aufrichtete. »Man weckt mich, damit ich einen Harlekin empfange! Mir ist nicht nach Komödie, also hüte er seine vorlaute Zunge!«
    »Dieses Mal geht es tatsächlich um den Tod, und zwar um den Euren!«, fuhr Gärtner unerschrocken fort.
    Wallner riss entsetzt die Augen auf und streckte den Rücken durch. »Wie meint Ihr das? Wollt Ihr mich umbringen? Dieses Haus ist voller Wachen!«
    »Das brauche ich nicht, weil es bereits andere planen«, entgegnete Gärtner trocken.
    Sichtlich mitgenommen schnappte Wallner nach Luft. »Aber wer? Und warum?« Nachdem er genügend Atem geholt hatte, fügte er hinzu: »Und wer seid Ihr überhaupt?«
    »In London wurde eine Bande von Münzfälschern ausgehoben. Einige der Gesellen wurden, bevor man sie hängte, auf die Folter gespannt. Dabei kam heraus, dass es in ganz Europa Komplizen gibt. Tatsächlich treiben diese Kriminellen über alle Grenzen hinweg ihr Unwesen. Und nun ratet mal, wessen Name in den Geständnissen fiel?«
    Der Bürgermeister

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