Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
antwortete nicht, sondern stützte sich mit einem Arm auf der Lehne des Stuhls ab und versuchte, mit der freien Hand seine verrutschte Perücke geradezurücken.
»Wer seid Ihr?«, keuchte er.
»Ein Freund, der Euch warnen möchte.«
Wallner schüttelte verzweifelt den Kopf. »Aber ich bin doch kein … Ich habe doch nicht … noch nie gefälscht!«
»Das habe ich auch nicht gesagt, Bürgermeister. Bei jeder Fälscherei gibt es jedoch Verbrecher, die an den Münzen arbeiten. Und es gibt Verbrecher – häufig einflussreiche Leute –, die gegen ein gutes Entgelt bei der Verteilung der Falschmünzen helfen.«
»Ein-, vielleicht zweimal!«, entfuhr es Wallner, der sich ans Herz griff. »Es war ein Gefallen für einen Bruder meiner Frau. Keine große Sache, nur sehr wenige Münzen …«
»In London steht leider auch auf dieses Vergehen die Todesstrafe«, stellte Gärtner mitleidig fest.
»Seid Ihr gekommen, um mich zu holen? Hier kann man mir nichts! Ich stehe unter dem Schutz des Herzogs!« Wallner machte Anstalten, sich aus dem Stuhl zu stemmen.
»Der Herzog erhält aus London jährlich beträchtliche Subsidiengelder. Ich denke nicht, dass er diese riskieren möchte, indem er einen Feind des englischen Volkes schützt.«
Eine kurze Pause entstand. Wallner sank in sich zusammen und begann zu weinen. Erst leise und erstickt, dann laut wie ein Kind. Gärtner holte ein Taschentuch aus seiner Rocktasche und warf es auf den Schreibtisch.
Wallner nahm es auf und schniefte hinein. Dann schaute er den Gast mit geröteten Augen an. »Gibt es keine Rettung für mich?«
»Oh doch, die gibt es!«, antwortete Gärtner und strahlte.
In Wallners Gesicht kehrte die Zuversicht zurück. »Was muss ich tun?«
»Bezahlt den Schaden!«
Ein befreites Lächeln huschte über das Gesicht des Bürgermeisters. »Das ist ein Leichtes, der kann nicht hoch sein. Nur ein paar Taler waren es.«
Er sprang auf und ging zu einem kleinen Schrank im hinteren Teil des Zimmers. Aus einer Schublade entnahm er einen Schlüssel, bückte sich und schloss eine Schranktür auf. Daraus entnahm er ein Buch in einem dicken Ledereinband, das er zum Schreibtisch trug. Aus einer weiteren Schublade holte er einen winzigen Schlüssel heraus. An der Unterseite des Buches steckte er diesen in ein verstecktes, kleines Schloss, drehte ihn um und klappte das Buch auf. Es war ausgehöhlt und prall gefüllt mit Münzen.
»Hier, nehmt drei, nein fünf Taler für das englische Volk!«, rief Wallner mit einem breiten Lachen und schob das unechte Buch zu Gärtner herüber.
Der Besucher machte jedoch keine Anstalten, sich zu rühren. »Zu dem tatsächlichen Schaden kommt freilich die Geldstrafe. Sie beträgt in diesem Fall, so hat es der Wardein der englischen Münze höchstpersönlich entschieden, achthundert Taler.«
»Achthundert Taler?«, entfuhr es Wallner. Er taumelte, stieß gegen das falsche Buch und ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen. Ein paar Münzen fielen auf den Boden. Eine rollte unter einen Schrank am Fenster.
»Oder der Strick«, ergänzte Gärtner.
Der Bürgermeister fasste sich mit beiden Händen an den Kopf und blickte seinen Besucher verzweifelt an. »Aber wo soll ich so viel Geld hernehmen?«
Gärtner gab darauf keine Antwort.
»Was, wenn ich Euch alle Münzen gebe, die ich habe – und Ihr berichtet denen, die Euch geschickt haben, dass Ihr mich nicht gefunden hättet?«, fragte der Bürgermeister mit flehendem Ton.
Gärtner zuckte mit den Schultern. »Ich bin selbst nur ein kleiner Diener in diesem System, der sich keine Freiheiten herausnehmen kann. Es ist Eure Sache, wie Ihr die Geldstrafe aufbringt. Ich werde Euch aber, so denn Ihr mir diese Münzen überlasst, drei Wochen Zeit geben. Dann komme ich wieder und hole das übrige Geld – oder aber Euch!«
Wallner saß zusammengesunken in seinem Stuhl und starrte resigniert vor sich hin. Gärtner machte derweil einen Schritt vorwärts und griff nach dem Buch mit dem versteckten Geld. Er klappte den Deckel zu, schloss ab und schob den Schlüssel in seine Westentasche. Dann klemmte er sich die als Buch getarnte Geldkassette unter den Arm und wandte sich zum Gehen. Plötzlich hielt er inne, als sei ihm noch etwas eingefallen.
»Wisst Ihr zufällig, wann dieser Erfinder … Wie heißt er doch gleich?«
Wallner blickte verstört auf. »Meint Ihr diesen Orffyreus?«, fragte er.
»Ja, so heißt er!«, rief Gärtner. »Wisst Ihr, wann er seine Vorführungen hat?«
Wallner konnte dem
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