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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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einen Eid gebunden, demzufolge er keine Hand erheben durfte, selbst wenn er seine Klinge dabeigehabt hätte. Nackte Hände gaben schlechte Waffen gegen Schwerter ab, vor allem bei diesem Kräfteverhältnis. Wenn sie beide versuchten, in den Stall zurückzuweichen, würden die Männer bei ihnen sein, bevor sie das Tor schließen konnten. Die Zeit wurde langsamer und floss wie kühler Honig.
    »Hinein und das Tor verrammelt!«, sagte Lan scharf, während er nach dem Schwert griff. »Gehorche mir, Waffenträger!«
    Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er Bukama auf diese Weise einen Befehl erteilt, und der Mann zögerte einen Augenblick lang, dann verbeugte er sich förmlich. »Mein Leben gehört Euch, Dai Shan«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich gehorche.«
    Als Lan nach vorn trat, um sich seinen Angreifern zu stellen, hörte er hinter sich den Balken mit einem gedämpften Poltern fallen. Die Erleichterung war weit entfernt. Er schwebte im Ko’di , eins mit dem Schwert, das weich aus der Scheide glitt. Eins mit den Männern, die auf ihn zugestürmt kamen, deren Stiefel auf dem festgestampften Boden polterten, während sie Stahl zogen.
    Ein Bursche, der wie ein schlanker Reiher aussah, schoss den anderen voraus, und Lan tanzte die Figuren. Zeit wie kühler Honig. Die Graulerche sang, und der schlanke Reiher kreischte, als »Schnitt durch die Wolken« ihm die rechte Hand am Gelenk abtrennte, und Lan schwebte zur Seite, damit die anderen ihn nicht gleichzeitig angreifen konnten, schwebte von Figur zu Figur. »Sanfter Regen bei Sonnenuntergang« schlitzte das Gesicht eines dicken Mannes auf und nahm ihm das linke Auge, und ein junger Bursche mit ingwerfarbenem Haar fügte Lan mit »Schwarze Kiesel auf Schnee« einen Schnitt quer über die Rippen zu. Nur in Heldensagen konnte ein Mann sechs anderen entgegentreten, ohne Verletzungen davonzutragen. »Erblühende Rose« spaltete einem kahlen Mann den linken Arm, und Ingwerhaar fügte Lan einen Schnitt am Augenwinkel zu. Nur in Heldensagen trat ein Mann sechs anderen entgegen und überlebte. Das hatte er von Anfang an gewusst. Pflicht war ein Berg, Tod eine Feder, und seine Verpflichtung galt Bukama, der einen Säugling auf dem Rücken getragen hatte. Aber im Augenblick lebte er noch, und darum kämpfte er, trat Ingwerhaar gegen den Kopf, tanzte dem Tod entgegen, tanzte und trug Wunden davon. Blutete und tanzte auf der Messerschneide des Lebens. Zeit wie kühler Honig, die von Figur zu Figur floss, und es konnte nur ein Ende geben. Denken war fern. Der Tod eine Feder. »Löwenzahn im Wind« schlitzte dem jetzt einäugigen dicken Mann die Kehle auf – er hatte kaum innegehalten, als sein Gesicht entstellt worden war –, und ein Mann mit gegabeltem Bart und Schultern wie ein Hufschmied keuchte vor Überraschung, als »Die Natter küssen« ihm Lans Stahl durchs Herz stieß.
    Und plötzlich stellte Lan fest, dass er allein stand und sechs Männer im ganzen Hof verstreut lagen. Der ingwerhaarige junge Mann trommelte noch einmal mit den Fersen auf den Boden, und dann atmete von den sieben nur noch Lan. Er schüttelte das Blut von der Klinge, bückte sich, wischte die letzten Tropfen am zu feinen Mantel des Hufschmieds ab und schob das Schwert so formvollendet in die Scheide, als befände er sich unter Bukamas Blick auf dem Übungsplatz.
    Plötzlich strömten Leute aus dem Gasthaus, Köche und Stallburschen, Dienstmägde und Gäste, die durcheinanderriefen, wissen wollten, was der Lärm zu bedeuten hatte, und die Toten fassungslos betrachteten. Ryne war der Erste; er hielt das Schwert schon in der Hand und stellte sich mit ausdruckslosem Gesicht neben Lan. »Sechs«, murmelte er und betrachtete die Leichen. »Du hast wirklich das flammende Glück des Dunklen Königs.«
    Lira erreichte Lan nur einen Augenblick vor Bukama. Beide zogen behutsam die Schnitte in seiner Kleidung auseinander, um die Verletzungen zu begutachten. Sie erschauerte jedes Mal leicht, wenn eine freigelegt wurde, sprach aber in so gelassenem Tonfall wie Bukama darüber, ob eine Aes Sedai geholt werden sollte, um Heilung zu spenden, und wie viele Stiche erforderlich sein würden, und nahm ihm verächtlich die Nadel aus der Hand. Frau Arovni stolzierte herum, raffte die Röcke wegen der Pfützen blutigen Schlamms, warf den Toten auf ihrem Hof finstere Blicke zu und beschwerte sich lautstark darüber, dass Banden von Straßenräubern niemals bei hellem Tageslicht herumstreunen würden, wenn die Wache ihre

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