Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
seine Füße folgen mussten.
Fast zehn Jahre waren inzwischen vergangen, seit Edeyn ihm bei der Abreise aus Fal Moran nachgesehen hatte und bei seiner Rückkehr fort gewesen war, und doch konnte er sich an ihr Gesicht deutlicher erinnern als an all die anderen Frauen, die seitdem das Bett mit ihm geteilt hatten. Er war kein Knabe mehr, der sich einbildete, dass sie ihn liebte, nur weil sie beschlossen hatte, seine erste Geliebte zu sein, aber unter den Malkieri gab es ein altes Sprichwort: Deine Carneira trägt einen Teil deiner Seele für alle Zeiten als Band in ihrem Haar. Brauchtum, so ehern wie ein Gesetz, sorgte dafür.
Eine der Stalltüren ging quietschend auf, um Bukama eintreten zu lassen, ohne Mantel, das Hemd achtlos in die Hose gesteckt. Ohne sein Schwert sah er nackt aus. Er machte beide Türen sorgfältig auf, als zögerte er, bevor er ganz hereinkam. »Was wirst du tun?«, sagte er schließlich. »Racelle hat mir von dem … Goldenen Kranich erzählt.«
Lan steckte den Ring weg und ließ die Leere aus sich herausströmen. Edeyns Gesicht schien plötzlich überall zu sein, gerade noch in Sichtweite. »Ryne sagt, selbst Nazar Kurenin sei bereit, ihr zu folgen«, sagte er leichthin. »Wäre das nicht ein lohnender Anblick?« Ein Heer konnte beim Versuch sterben, die Große Fäule zu besiegen. Es waren schon ganze Armeen dabei gestorben. Aber auch die Erinnerungen an Malkier starben bereits. Eine Nation bestand so sehr aus Erinnerungen wie aus Land. »Dieser Junge am Tor könnte sein Haar wachsen lassen und seinen Vater um den Hadori bitten.« Die Leute vergaßen, versuchten zu vergessen. Wenn der letzte Mann dahin war, der sich das Haar band, die letzte Frau, die sich die Stirn bemalte, würde dann auch Malkier wahrlich dahin sein? »Ryne könnte sogar diese Zöpfe ablegen.« Jede Heiterkeit verschwand aus seiner Stimme, als er hinzufügte: »Aber ist es den Preis wert? Manche scheinen es zu glauben.« Bukama schnaubte, aber da war ein Zögern gewesen. Vielleicht gehörte er auch zu ihnen.
Er ging zu der Nische, wo Sonnenlanze stand, und machte sich am Sattel seines Rotschimmels zu schaffen, als hätte er plötzlich vergessen, warum er hier war. »Alles hat seinen Preis«, sagte er, ohne aufzuschauen. »Aber es gibt Preise und Preise. Die Lady Edeyn …« Er warf Lan einen Blick zu, dann drehte er sich zu ihm um. »Sie war schon immer jemand, der jedes Recht forderte und verlangte, dass die kleinste Verpflichtung erfüllt wurde. Das Brauchtum legt dir Bande an, und was immer du entscheidest, sie wird sie wie einen Zügel benützen, wenn dir kein Mittel einfällt, es zu verhindern.«
Lan steckte sorgsam die Daumen in den Schwertgürtel. Bukama hatte ihn, auf seinem Rücken festgeschnallt, aus Malkier fortgebracht. Der letzte der fünf, die die Reise überlebt hatten. Bukama hatte das Recht, offen seine Meinung zu sagen, auch wenn es um Lans Carneira ging. »Wie soll ich deiner Ansicht nach dieser Verpflichtung ohne Schande entgehen?«, fragte er schroffer als beabsichtigt. Nach einem tiefen Atemzug fuhr er in versöhnlicherem Tonfall fort. »Komm; im Gastraum riecht es viel besser als hier. Ryne hat vorgeschlagen, heute Nacht durch die Tavernen zu ziehen. Es sei denn, Frau Arovni erhebt Ansprüche auf dich. Ach ja. Wie viel werden unsere Zimmer kosten? Gute Zimmer? Nicht zu teuer, hoffe ich.«
Bukama holte ihn auf dem Weg zum Tor ein; sein Gesicht lief rot an. »Nicht zu teuer«, sagte er hastig. »Du hast eine Kammer auf dem Dachboden, und ich … äh … ich bin in Racelles Zimmer. Ich würde gern mit die Runde machen, aber ich glaube, Racelle … ich denke nicht, dass sie mich … ich … Junger Bengel!«, knurrte er. »Da drinnen ist ein Mädchen namens Lira, das jeden wissen lässt, dass du diese Kammer heute Nacht nicht brauchen wirst und dass du nicht viel Schlaf bekommst, also glaube nicht, du kannst …!« Er verstummte, als sie ins Sonnenlicht traten, das nach dem Halbdunkel umso greller wirkte. Die Graulerche sang immer noch vom Frühling.
Sechs Männer kamen über den sonst menschenleeren Hof. Sechs gewöhnliche Männer mit Schwertern an den Gürteln, eben Männer, wie man sie auf jeder Straße der Stadt finden konnte. Aber Lan wusste Bescheid, bevor sie die Hände bewegten, bevor sie die Blicke auf ihn richteten und ihre Schritte schneller wurden. Er hatte zu vielen Männern gegenübergestanden, die ihn töten wollten, um nicht Bescheid zu wissen. Und neben ihm stand Bukama, durch
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