Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Feuer. Die Jungen müssen den kleinen Jerid hinausgetragen haben, um ihrem Vater bei der Arbeit zuzusehen, und …« Wieder ein tiefes Seufzen. »Sie wurden alle eingeschlossen. Wie konnte der ganze Stall so schnell Feuer fangen? Das ergibt keinen Sinn.«
»Wenig ist jemals sinnlos«, sagte Moiraine tröstend und stellte ihre Tasse auf den kleinen Tisch neben ihrem Ellbogen. Sie hatte Mitleid, aber die Frau fing an, sich zu wiederholen. »Wir können den Grund nicht immer begreifen, uns aber mit dem Wissen trösten, dass es einen gibt. Das Rad der Zeit webt uns nach seinem Willen in sein Muster, aber dieses Muster ist das Werk des Lichts.«
Als sie sich selbst hörte, bemühte sie sich, das Gesicht nicht zu verziehen. Solche Worte erforderten eine Würde und ein Gewicht, die ihre Jugend nicht aufbringen konnte. Einen Augenblick lang wünschte sie sich die Alterslosigkeit herbei, aber das Letzte, was sie jetzt brauchen konnte, war, mit dem Namen Aes Sedai verbunden zu werden. Noch hatte Jurine keinen Besuch von einer Schwester erhalten, aber das würde früher oder später geschehen.
»Wie Ihr meint, meine Lady Alys«, murmelte die andere Frau höflich, aber eine flüchtige Bewegung ihrer blassen Augen verriet ihre wahren Gedanken. Diese Ausländerin war ein närrisches Kind, Adlige oder nicht.
Der kleine blaue Stein der Kesiera , der auf Moiraines Stirn hing, und eines von Tamores dunkelgrünen Reitgewändern hielten ihre angebliche Stellung aufrecht. Einem Adligen gaben die Leute Antworten, die sie einer normalen Person glatt verweigert hätten, und akzeptierten seltsames Benehmen als normal. Angeblich machte sie aus Trauer um ihren getöteten König Beileidsbesuche. Nicht, dass in Cairhien viele Leute Laman zu betrauern schienen. Die neueste Nachricht, die sie vor einem Monat gehört hatte, sprach davon, dass vier Häuser Anspruch auf den Thron erhoben hatten und es zu wilden Handgemengen gekommen war, von denen einige fast schon zu Schlachten ausgeartet waren. Beim Licht, wie viele würden noch sterben, bevor das geregelt war? Hätte sie sich dem Saal gebeugt, hätte es auch Tote gegeben – die Thronfolge auf dem Sonnenthron wurde immer angefochten, ob nun durch offenen Kampf oder Attentate und Entführungen –, aber immerhin war sie lange genug weg gewesen, als dass man ihr das hätte anlasten können. Und sie würde dafür bezahlen, zusätzlich zu dem, was Sierin mit ihr wegen ihres Ungehorsams machen würde.
Vielleicht hatte sie sich etwas von ihrem Ärger ansehen lassen, und Frau Najima fasste es so auf, dass ihre eigenen Gedanken zu offensichtlich gewesen waren, denn sie fuhr rasch fort. Niemand wollte eine Adlige verärgern, nicht einmal eine ausländische Adlige. »Es ist nur so, dass Josef immer solches Glück hatte, meine Lady Alys. Alle haben das gesagt. Sie haben gesagt, wenn Josef Najima in ein Loch fällt, dann findet er unten Opale. Als er dem Ruf von Lady Kareil folgte, um gegen die Aiel zu ziehen, habe ich mir Sorgen gemacht, aber er hat keinen Kratzer abbekommen. Als das Typhusfieber ausbrach, blieben wir und die Kinder verschont. Josef gewann das Wohlwollen der Lady, ohne sich darum zu bemühen. Danach schien es, als würde das Licht wahrhaftig auf uns scheinen. Jerid wurde gesund und munter geboren, der Krieg ging binnen weniger Tage zu Ende. Und als Josef nach Canluum heimkehrte, gab uns die Lady den Mietstall für seine Dienste und … und …« Sie schluckte Tränen, die sie nicht vergießen wollte. Colar fing an zu weinen, und ihre Mutter zog sie näher zu sich und flüsterte tröstende Worte.
Moiraine erhob sich. Weitere Wiederholungen. Hier gab es nichts für sie zu tun. Jurine stand ebenfalls auf, keine große Frau und doch fast eine Handbreit größer als sie. Beide Mädchen konnten ihr in die Augen sehen. Sie zwang sich, sich Zeit zu lassen, murmelte weitere Beileidsbekundungen und versuchte, der Frau einen Waschlederbeutel in die Hand zu drücken, während die Mädchen ihr den pelzgefütterten Umhang und ihre Handschuhe brachten. Einen kleinen Beutel. Am Anfang hatte der Instinkt sie großzügig handeln lassen, obwohl die Auszahlung des Geburtsgelds in Kürze zu erwarten war, aber bald würde sie eine Bank aufsuchen müssen.
Die halsstarrige Weigerung der Frau, den Beutel zu nehmen, ärgerte Moiraine. Nein, das war nicht der wahre Grund. Sie kannte Stolz, und außerdem hatte Lady Kareil Geld zur Verfügung gestellt. Die Uhr kündete von einem blühenden Haushalt. Der wahre
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